Sonic Origins Plus (Review)

Ein Jahr nachdem Sonic Origins die vier Mega Drive Klassiker der Sonic-Reihe technisch runderneuert auf die Konsole gebracht hat, erscheint dieser Tage die erweiterte Plus-Fassung, die nicht nur eine physische Version des Spiels einführt, sondern zudem auch eine ganze Reihe neuer Inhalte bietet, die im ursprünglichen Sonic Origins noch nicht enthalten waren. Wird Sonic Origins damit zum ultimativen Klassikerpaket für Sonic-Fans?

Zum Einstieg bietet Sonic Origins Plus ein im Comicstil gezeichnetes Introvideo, das Ton und Thematik der Sonic-Reihe gut einfängt, bevor man im Hauptmenü vor eine reichhaltige Auswahl an Spielen gestellt wird. Zur Auswahl stehen Sonic the Hedgehog, Sonic CD, Sonic the Hedehog 2 und Sonic 3 & Knuckles. Alle vier Spiele sind zwar inhaltlich originalgetreu, aber nicht etwa emuliert, sondern in der Retro-Engine nachgebaut und dadurch mit zahlreichen neuen Features angereichert. Hinzu kommen – exklusiv in Sonic Origins Plus – alle zwölf Spiele mit Sonic-Branding vom Game Gear in emulierter Fassung. Weiterhin gibt es einen Missionsmodus, einen Storymodus, der die vier Mega Drive-Klassiker zu einer einzelnen Geschichte zusammenführt, und eine umfangreiche Gallerie an Zusatzmaterialien.

Die Mega Drive-Titel können in verschiedenen Modi gespielt werden, die teilweise erst freigeschaltet werden müssen. So gibt es eine modernisierte Fassung mit Widescreen und ohne Leben, eine klassische Fassung in 4:3 und mit einer beschränkten Lebensanzahl, einen Bosssturm, bei dem man alle Endgegner am Stück mit drei Leben besiegen muss, und schließlich einen Spiegelmodus, in dem alle Levels an der horizontalen Achse gespiegelt sind und man so vorrangig nach links statt nach rechts läuft. Letzteres ist natürlich nur eine kleine Variation, aber gerade für Langzeitfans, die die die Spiele auswendig beherrschen, ist diese kleine Variation eine willkommene Abwechslung.

Im Gegensatz zu den emulierten Fassungen früherer Kompilationen bietet Sonic Origins keine Savestates, die es erlauben würden, ab beliebigen Stellen zu speichern. Stattdessen wurde ein neues automatisches Speichersystem geschaffen, das zwar sehr großzügig ist, aber dennoch verlangt, dass man das Spiel nicht im Stop-and-Go-Verfahren durchmogelt. Immer, wenn Sonic und seine Freunde einen Zwischenspeicher passieren, speichert das Spiel die aktuelle Position und sogar die Anzahl der Ringe, die man bis hierhin gesammelt hat. Über das Menü kann man dann jederzeit an dieser Stelle fortsetzen. Selbst bei den Spielen, die bereits im Original ein Speichersystem hatten, Sonic CD und Sonic 3 & Knuckles, ist dieses Speichersystem in jedem Fall deutlich kulanter, da man im Original nur geschaffte Zonen speichern konnte.

Zur Qualität der einzelnen Spiele sei auf die bereits existierenden Reviews zu Sonic 1, Sonic CD, Sonic 2, Sonic 3 und Sonic & Knuckles verwiesen. Wir heben allerdings an dieser Stelle noch einige Besonderheiten heraus. Zunächst einmal kann man jedes der Spiele wahlweise mit Sonic, Tails, Knuckles oder Amy spielen. Sonic 2 und 3 erlauben zudem auch Paare von Charakteren, so dass wahlweise der Computer oder ein zweiter lokaler Mitspieler die Kontrolle über einen Helfercharakter übernehmen kann. Im Fall von Sonic CD wurden sogar einige Alternativrouten hinzugefügt, damit die Erkundung mit Knuckles, der bekanntlich eine Wandkletter-Fähigkeit hat, sich auch lohnt. Diese neuen Abschnitte sind nur in Sonic Origins Plus enthalten und können nur mit Knuckles erreicht werden.

Auch Sonic 2 wurde im Vergleich zum Original erweitert. Die Hidden Palace Zone, die in rudimentärer Form bereits in Prototyp-Versionen von Sonic 2 enthalten war, dann aber verworfen wurde, ist als Geheimlevel in Sonic 2 fertiggestellt worden und kann über die Mystic Cave Zone erreicht werden. Das Level-Layout wurde nicht nur komplett fertiggestellt, sondern obendrein wurde das Level mit einem neuen Endgegner abgerundet. Dieses Level ist Handyspielern bereits von dem Handy-Port von Sonic 2 bekannt, mit Sonic Origins ist es erstmals auch auf Konsole verfügbar.

Leider ist die Umsetzung von Sonic 3 & Knuckles nicht ganz gleichwertig mit dem Einzelkauf auf dem Mega Drive oder früheren emulierten Fassungen auf GameCube, Xbox, PlayStation 2 oder Nintendo DS. Denn einerseits wurden die Musikstücke, die von Michael Jackson stammen durch alternative Stücke, basierende auf dem damaligen PC-Port, ausgetauscht, die nicht mit der Eingängigkeit der Jackson-Stücke mithalten kann, andererseits ist es auch nicht möglich, die beiden ursprünglich separat erschienenen Teilspiele Sonic 3 und Sonic & Knuckles separat zu spielen. Hierdurch gehen auch einige Detailänderungen in Levels verloren. Für Puristen kann Sonic Origins die Originale oder deren Emulation nicht vollständig ersetzen.

Bereits angesprochen haben wir, dass es in der modernisierten Fassung der Hauptspiele keine Leben mehr gibt. Stattdessen sammelt Sonic Münzen, wann immer er in den Originalspielen Leben oder Continues erhalten hätte. Diese Münzen können in den Sonic-Spielen genutzt werden, um im Fall dessen, dass man in einem Minispiel um einen Chaos Emerald versagt, einen neuen Versuch zu wagen. Noch wichtiger ist jedoch der Nutzen im Museum, dort kann man nämlich Videos, Musikstücke und Artwork freischalten, indem man Münzen investiert. An dieser Stelle muss man sich jedoch keine Sorgen um einen ewigen Grind machen. Wer den Missionsmodus spielt, der wird mühelos genügend Münzen erhalten, um alles freizuschalten und obendrein hunderte Male in den Hauptspielen der Sammlung einen Extraversuch bei der Jagd nach den Chaos Emeralds zu erstehen.

Der Missionsmodus bietet insgesamt 18 Missionen je Mega Drive Klassiker, die konzeptuell ein wenig an die NES Remix-Reihe erinnern. Das heißt, der Spieler wird mit einem fest gewählten Charakter in einem Levelabschnitt abgesetzt und muss eine vorgegebene Aufgabe erfüllen, beispielsweise eine gewisse Zahl an Gegnern zu besiegen oder als Supersonic ins Ziel zu gelangen. Erfüllt man die Aufgabe, gilt die Mission als bestanden und man erhält einige Münzen als Belohnung – die genaue Zahl der Münzen hängt vom Schwierigkeitsgrad der Mission und dem erzielten Ranking ab. Das Ranking seinerseits hängt in aller Regel von der benötigten Zeit ab, in wenigen Fällen wird aber auch die Zahl der Ringe, die man ins Ziel bringt, herangezogen. Die Missionen machen eine Menge Spaß und bieten auch für langjährige Fans eine neue Spielerfahrung. Da der Großteil der Missionen aber recht kurz und leicht ist, sollte man nicht damit rechnen, dass der Missionsmodus einen allzu lange aufhalten würde. Ein Kuriosum der Plus-Version ist noch, dass die jeweils letzten Missionen eines jeden Spiels, die als „extrem“ gekennzeichnet sind, nicht zum Gesamtfortschritt zählen. Der Grund hierfür ist, dass diese Missionen ursprünglich optionaler Download-Inhalt waren.

Die Game Gear-Spiele sind adäquat emuliert, allerdings gibt es offenbar leichte Abweichungen in der Soundqualität, die mir persönlich nicht aufgefallen sind, Spielern mit besser trainierten Ohren aber möglicherweise sauer aufstoßen könnten. Neben den Jump & Runs Sonic the Hedgehog, Sonic the Hedgehog 2 – trotz Namensgleichheit komplett verschieden zu den Mega Drive-Spielen -, Sonic Chaos, Sonic Triple Trouble und Sonic Blast gibt es auch noch eine Reihe genre-fremder Game Gear Spiele mit Sonic-Optik. So gibt es ein Pinball-Spiel namens Sonic Spinball, zwei Fun-Racer namens Sonic GP 1 und 2, ein Puzzle-Spiel im Stile Puyo Puyos namens Dr. Robotnik’s Mean Bean Machine und zwei Action-Adventure mit Tails in der Hauptrolle. Die Game Gear-Spiele sind eine nette Dreingabe und manche der Spiele, insbesondere Sonic Triple Trouble und Sonic Chaos, sind auch wirklich spaßig, aber im Vergleich zu den Hauptspielen der Sammlung können die Game Gear-Spiele nicht mithalten.

Technisch ist die Umsetzung der Mega Drive-Spiele in Sonic Origins Plus sehr gut gelungen. Es gibt zwar eine kleine Hand voll Bugs, die in den Mega Drive-Spielen nicht vorkamen, umgekehrt wurden aber auch Bugs der Mega Drive-Spiele behoben. Das Spiel läuft selbstredend mit flüssigen 60 Bildern in der Sekunde und die Pixeloptik ist makellos auf den HD-Bildschirm übertragen worden. Wer keine harten Pixel mag, kann zudem einen optionalen Wischfilter verwenden, dessen Reiz ich persönlich aber nicht nachvollziehen kann.

Sonic Origins Plus ist für Sonic 1, 2 und CD zweifelsohne die beste Version, die derzeit erhältlich ist. Bei Sonic 3 & Knuckles ist auf Grund der Musik dieses Urteil nicht ganz so eindeutig, aber für die meisten Spieler dürften auch hier die Vorteile gegenüber den Originalen überwiegen. Einzig die 3D-Fassungen für den Nintendo 3DS können bei Sonic 1 und 2 noch gewisse Vorteile gegenüber der Origns-Umsetzung für sich geltend machen. Kurzum, sowohl für Langzeitfans als auch Neueinsteiger ist Sonic Origins Plus, zumal zu einem moderaten Preis von etwa 40€, eine hervorragende Wahl. Einziger Wermutstropfen für Sammler: Bei der physischen Fassung des Spiels ist aus unerfindlichen Gründen der Plus-Zusatzinhalt nicht auf dem Datenträger enthalten.

Getestet auf Xbox Series X.