Sonic the Hedgehog (Mega Drive, Review)

Seit nunmehr 30 Jahren ist der blaue Igel Sonic Segas Maskottchen. Angefangen hat alles auf dem Sega Mega Drive mit dem Spiel Sonic the Hedgehog, Yuiji Nakas Gegenentwurf zu Super Mario, den er stets als zu langsam empfunden hat. Mit einer cleveren Physiklösung hat der Titel eine hohe Spielgeschwindigkeit mit einem Momentum-basierten Platforming verbunden.

In seinem ersten Abenteuer ist Sonic noch ganz allein auf der Jagd nach Doktor Robotnik. Zwar wurde im Promomaterial zu Sonic the Hedgehog unter anderem eine Freundin und Band für Sonic gestaltet, diese Charaktere haben es aber weder in das Spiel, noch in spätere Sonic-Titel geschafft. Robotnik hat die Tiere in Sonics Heimatwelt gefangen genommen und mithilfe der Kraft der Chaos Emeralds in böse Roboter gesperrt. Es ist an Sonic, Robotnik aufzuhalten und die Tiere wieder zu befreien.

Die Geschichte des Spiels spielt selbst für damalige Verhältnisse eine außerordentlich geringe Rolle und ist im Spiel selbst gar nicht erläutert, einzig die beigelegte Anleitung des Mega Drive-Originals verrät die Geschichte. Im Spiel selbst geht es ohne jedes Vorgeplänkel direkt los – ein Charakteristikum das Sonic the Hedgehog mit allen Mega Drive-Titeln der Reihe teilt und dem Arcade-Feeling der Reihe sehr gerecht wird.

Auf den ersten Blick ist Sonic wohl das schlichtest denkbare Jump & Run, abseits des Steuerkreuzes und des Pause-Knopfes führt jeder Knopf auf dem Controller die gleiche Aktion aus: Einen Sprung. Dass Sonic the Hedgehog dennoch ein erstaunlich komplexes Spiel ist, liegt an dem Zusammenspiel der einfachen Steuerung mit der Spielphysik, denn Sonic kann sich in feinen Stufen, je nach Bodenbeschaffenheit und eigener Geschwindigkeit, um 360° drehen; die Beschleunigung ist abhängig von dem Bodenwinkel und die erreichte Geschwindigkeit wird beim Sprung beibehalten und auch bei der Landung wieder adäquat an die entsprechenden Bodensteigungen angepasst. So ist es Sonic möglich, durch Loopings zu laufen, ein Stück weit Wände hochzulaufen und das Sprungverhalten ist bedeutend variantenreicher als in den meisten 2D Jump & Runs der Zeit.

Eine Besonderheit von Sonic ist, dass man sich per Druck nach unten auf dem Steuerkreuz zusammenkugeln kann. Als Kugel kann Sonic die meisten Gegner einfach überrollen und außerdem eine höhere Geschwindigkeit erreichen – die eigentliche Spitzengeschwindigkeit wird in der Kugelform nicht kontrolliert. Das hat einige etwas kuriose Folgen, beispielsweise, dass wenn Sonic aus der Kugelform herauskommt (was beispielsweise bei der Landung nach einem Sprung möglich ist), man Sonic rapide verlangsamen kann, indem man nach vorn drückt – weil dann die Geschwindigkeitsgrenze wieder relevant ist – und dass Beschleuniger, die auf eine feste Geschwindigkeit beschleunigen, Sonic tatsächlich langsamer machen. Dennoch ist die Kugelfrom essenziell für ein starkes Geschwindigkeitsgefühl.

Die Konsequenz ist, dass Sonic sich vor allem dann gut anfühlt, wenn man sich schnell fortbewegt, da die Beschleunigung aus dem Stand recht gering ist und punktgenaues Platforming auf Grund des sehr variablen Sprungverhaltens bedeutend schwieriger (zu erlernen) ist, als in der direkten Konkurrenz aus dem Hause Nintendo. Leider ist diese Erkenntnis nur in etwa der Hälfte der Leveldesigns des Spiels ersichtlich. Während die ikonische Einsteigs-Zone Green Hill Zone ebenso wie die Star Light Zone flüssiges und rasantes Spielen in den Mittelpunkt stellen, sind Marble Zone und Labyrinth Zone von stetigem Stop & Go und der Notwendigkeit zu genauem Springen geprägt. Die übrigen beiden Zonen verbinden schnelle und langsame Abschnitte relativ gleichberechtigt.

Sonic the Hedgehog ist ursprünglich ohne Speichermöglichkeit erschienen, aber in vielen späteren Neuveröffentlichungen gibt es die Möglichkeit, Savestates anzulegen oder den Spielfortschritt levelweise zu speichern. Das Spieldesign ist auch erkennbar darauf ausgelegt, dass man das Spiel mehrfach von vorne beginnen muss, bevor man die Spielmechanik gut genug beherrscht, um das Spiel mit einer hohen Rasanz zu spielen. Im Gegenzug ist Sonic 1 natürlich auch relativ kurz. Das reine Durchspielen dauert weniger als eine Stunde. Wer das beste Ende erreichen möchte, muss allerdings zusätzlich sechs Mal mit genug Ringen das Ziel erreichen, um ein Bonusspiel spielen zu können und darin einen Chaos Emerald zu gewinnen. Das Bonusspiel in Sonic 1 ist ein rotierendes Pinball-artiges Labyrinth in dem Sonic sich in seiner Kugelform bewegt und eine erhöhte Wandhaftung besitzt. Meines Erachtens ist das Minispiel eines der schwächeren in den klassischen 2D-Sonics, ist aber zum Glück im Gegenzug einfach genug, dass es nicht allzu sehr auf die Nerven fallen dürfte.

Optisch und akustisch hat Sonic einen sehr markanten Stil, der auch heute noch zu begeistern weiß und 90er Jahre Spielhallen-Ästhetik verbreitet. Die konstant hohe Framerate trotz ungewöhnlich komplexer Physik- und Kollisions-Algorithmik ist beeindruckend. Neben der Originalfassung sind vor allem die Version in Sonic Jam (Sega Saturn), die 3D Classics-Fassung auf dem Nintendo 3DS und die modernisierte Handy-Version zu empfehlen. Eine originalgetreue Emulation mit geringer Latenz ist außerdem in der GameCube-Fassung der Sonic Mega Collection gegeben (die PS2- und Xbox-Fassungen habe ich nicht gespielt). Sonic Jam, die 3D Classics-Version und die Handy-Version ergänzen übrigens optional auch einen Spin Dash, einen Move, der in Sonic 2 eingeführt wurde und eine hohe Beschleunigung aus dem Stand zulässst.

Sonic the Hedgehog ist ein beeindruckendes Spiel mit einigen richtig guten Leveldesigns und einer hervorragenden Spielbarkeit. Leider verblasst es aber auch im Vergleich zu den direkten Nachfolgern, da es einfach noch nicht die ideale Balance zwischen Plattforming und High Speed-Gameplay gefunden hat. Nichtsdestotrotz sollte man auch heute den ersten Sonic-Teil nicht auslassen.

Getestet auf Mega Drive, Saturn, GameCube, Xbox 360, Nintendo DS, Wii, Nintendo 3DS und Android-Handy.