Sonic Boom: Der zerbrochene Kristall (Review)

Auf Handhelds war Sonic 15 Jahre lang fest in der Hand des japanischen Studios Dimps. Seit Sonic Pocket Adventure für den Neo Geo Pocket Color ist jedes Sonic-Jump & Run auf einem Handheld von Dimps entwickelt worden – sieht man einmal von den Rennspielhybriden Sonic Rivals ab. Mit dieser Tradition hat Sega mit der Sonic Boom-Reihe im Jahr 2014 gebrochen, in dem erstmals ein neues Studio, Sanzaru, die Hand an ein Handheld-Sonic legen durfte. Doch kann das Team hinter Sly Cooper: Jagd durch die Zeit mit Sonic Boom: Der zerbrochene Kristall dem Platzhirsch das Wasser reichen?

Sonic Boom: Der zerbrochene Kristall erzählt eine komplett andere Geschichte als der große Konsolen-Bruder Lyrics Aufstieg. Amy wird von Lyric entführt, während sie sich als Archäologin übt und Sonic macht sich zunächst allein, später mit Tails, Sticks und schließlich Knuckles an seiner Seite, auf Amy zu retten. Die Geschichte wird in kurzen Sequenzen, die größtenteils aus Standbildern der Charaktere vor einem festen Hintergrund und Sprechblasen bestehen, erzählt. Kurze Sprachsamples, die, wenn sie denn erkennbare Worte enthalten, ins Deutsche übersetzt wurden, begleiten die Story-Sequenzen. Die Story ist nicht sonderlich einfallsreich oder interessant, nimmt aber zum Glück auch nur einen überschaubaren Raum ein.

Spielerisch bietet Sonic Boom: Der zerbrochene Kristall drei verschiedene Grund-Konzepte. Das Spiel weist, verteilt über sechs Welten, insgesamt acht Hauptlevel, sechs Wurmtunnel und vier Wettrennen vor. Die Hauptlevel und Wettrennen sind komplett in 2D gehalten, wohingegen die Wurmtunnel 3D Level sind. In den Hauptlevels muss der Spieler in sehr weitläufigen Levels ein Portal am Ende des Levels finden. Die meisten Level sind weitgehend linear, in einer Welt gibt es aber zwei Abschnitte, die ein wenig an ein Labyrinth erinnern. Die Level einfach nur erfolgreich abzuschließen ist jedoch nicht hinreichend um das Spiel beenden zu können. In jedem Hauptlevel gibt es nämlich überdies vier Zusatzaufgaben zu erfüllen. Jedes Level kommt mit einem Zeitlimit daher, das man unterbieten soll, sowie einer Ring-Anzahl, die man mit ins Ziel bringen muss. Weiterhin gibt es in jedem Level sechs Blaupausen und fünf Kristalle zu sammeln. Während die Zeit- und Ringaufgaben vollständig optional sind, müssen die Blaupausen und Kristalle eingesammelt werden, um Abzeichen zu erhalten. Wer das Spiel abschließen möchte, benötigt fast alle Abzeichen.

Das Sammeln der Gegenstände ist leider nur selten wirklich spaßig und die Leveldesigner haben sich nicht Mühe gegeben, dem Spieler vernünftig mitzuteilen, welche Route im Level zur Hauptroute gehört und welche Route zu den Sammelgegenständen führen. Da man nur selten zurückkehren kann, wenn man erkennt, dass eine Route zum Levelende führt, kann das zu einigen wiederholten Spieldurchläufen führen. Obendrein wurden in einigen Levels die Sammelgegenstände in scheinbaren Abgründen versteckt, erst wenn man Upgrades von Tails durch das Sammeln von Blaupausen erwirbt, wird man mithilfe der Karte gefahrlos auch solche Sammelgegenstände einstreichen können. Noch etwas problematischer ist diese Uneindeutigkeit des richtigen Weges durch das Level bei den Zeitlimits. In jedem Fall sind die Level so lang, dass sie ziemlich ermüdend sind, besonders, zumal das Leveldesign recht langweilig ist und nur selten eine interessante Überraschung für den Spieler bereit hält. Die Hauptlevel sind leider der schwächste Teil des Spiels.

Die Wettrennen sind im Stil der Rennen in Sonic Rivals und Sonic Rivals 2 für die PSP gehalten. Das bedeutet, dass Sonic in einem Wettrennen gegen computergesteuerte Gegenspieler antritt und vor den Gegenspielern im Ziel ankommen muss. Arg gewöhnungsbedürftig ist in der Hinsicht, dass die spielerische Leistung über weite Strecken des Levels keinerlei Rolle spielt, da die Gegner ein dermaßen starkes Gummiband haben, dass man nach einem kurzen Fehler bereits hinter dem Gegner zurückfällt, nach zahlreichen Fehlern aber in Windeseile wieder vorn ist. Die Wettrennen ähneln im Leveldesign den Hauptlevels, sind aber bedeutend kürzer und bieten Alternativrouten tatsächlich nur dazu an, dem Spieler eine Abkürzung für einen schnelleren Levelabschluss zu bieten.

Schließlich gibt es in jeder Welt einen Wurmtunnel, im Grunde genommen vergleichbar mit dem Honigwaben-Level aus Sonic Lost World für Wii U. Sonic rennt hier automatisch in einem 3-dimensionalem Level nach vorn und der Spieler kann mithilfe des Circle Pads zwischen verschiedenen Routen wechseln. Mit dem Y-Knopf kann man boosten, dann allerdings nicht mehr steuern, und mit dem A-Knopf kann man sich schließlich dank Enerbeam an ausgewählten Stellen durch die Luft tragen lassen. Der Spieler muss nun roten Fallen ausweichen, die bei Kontakt sofort tödlich sind, und kann zusätzlich versuchen, alle Ringe einzusammeln und den Wurmtunnel so schnell wie möglich abzuschließen, um zusätzliche Medaillen zu erhalten. Die Wurmtunnel sind zwar relativ simpel, aber klar das Highlight von Sonic Boom: Der zerbrochene Kristall.

Der Umfang von Sonic Boom: Der zerbrochene Kristall ist leider erschreckend gering. Obwohl man zum Abschluss des Spiels die meisten Level komplett absuchen muss, die ersten Level sogar mehrfach spielen muss, war das Spiel im Test nach fünf Stunden abgeschlossen. Die angesprochene notwendige Wiederholung der ersten Level erwächst aus den Spezialfähigkeiten der einzelnen Charaktere – Sonic kann einen kurzen Luftsprint hinlegen, Tails fliegen, Sticks mit einem ferngesteuerten Bumerang Schalter aktivieren und Knuckles durch die Erde buddeln – die benötigt werden, um jeden Geheimgang absuchen zu können. Abgesehen von diesen kleinen Unterschieden sind die vier spielbaren Charaktere aber im Grunde genommen identisch, der Wechsel mit dem Steuerkreuz recht unproblematisch.

Sonic Boom: Der zerbrochene Kristall ist ein ziemlich mittelmäßiges Jump & Run mit einem enorm niedrigen Spielumfang und reichlich langweiligen Hauptlevels. Hingegen überzeugt die Vielfalt der Level-Typen und die Wurmlevel machen definitiv mehr Spaß als alles im großen Konsolen-Bruder Sonic Boom: Lyrics Aufstieg. Nichtsdestotrotz ist Sonic Boom: Der zerbrochene Kristall das schwächste Sonic-Spiel für den Nintendo 3DS und nur noch hartgesottenen Sonic-Fans zu empfehlen.

Getestet auf Nintendo 3DS.