Rise of the Tomb Raider (Review)

Anfang des Jahres hat das 2013er Tomb Raider mich sehr überrascht, da ich nach sehr schlechten Erfahrungen mit Uncharted eigentlich nur sehr widerwillig in den augenscheinlich sehr ähnlich ausgerichteten Reboot der Tomb Raider-Serie hineingespielt habe. Doch entgegen meinen Erwartungen zeigte Tomb Raider mir, wie man aus dem Look & Feel von Uncharted mit durchdachtem Leveldesign und sorgfältig umgesetzten Spielmechaniken ein wirklich gutes Spiel machen kann. Mit ein wenig Verzögerung, aber immernoch im Jubiläumsjahr des Franchise habe ich nun den direkten Nachfolger, Rise of the Tomb Raider gespielt und verrate euch, ob Crystal Dynamics in meinen Augen ein zweites Mal überzeugen kann.

In Rise of the Tomb Raider möchte Lara Croft das Lebenswerk ihres Vaters vollenden. Herr Croft hat zu Lebzeiten viel Spott über sich ergehen lassen müssen, weil er die These vertrat, dass eine untergegangene Zivilisation das Mittel zur Unsterblichkeit gefunden hat. Diese Unsterblichkeit war Papa Croft allerdings nicht vergönnt, stattdessen wurde er noch in Laras Jugend erschossen aufgefunden. Den Beweis zu erbringen, dass ihr Vater nicht verrückt war, verschlägt Lara allerdings in eine gefährliche Lage, in der sie insbesondere mit einem fanatischen Kult namens Trinity zu kämpfen hat.

Die Geschichte des Spiels wird in teilweise ausschweifenden Echtzeitsequenzen mit deutscher Sprachausgabe erzählt und ist leider weder sonderlich clever, noch interessant. Es ist zwar grundsätzlich eine nette Idee, dass Teile der Geschichte über Sammelgegenstände in der Spielwelt vorangetrieben werden, aber wenn der Plot selbst nicht tragfähig ist und die Charaktere überdies sämtlich den Eindruck machen, nicht alle Tassen im Schrank zu haben – übrigens inklusive der Protagonistin selbst – ist eine gelungene Erzählweise für Randinformationen leider kein Ausgleich. Die immer wiederkehrenden Hollywood-Setpieces sind auf Grund ihrer Vorhersehbarkeit leider ebenfalls nicht gerade ein Highlight des Spiels.

Hingegen weiß Rise of the Tomb Raider spielerisch wieder weitgehend zu beeindrucken. In der Tat haben die Entwickler sich ein wenig von der Third Person Shooter-Struktur des Vorgängers gelöst und Rise of the Tomb Raider vorsichtig mehr Richtung Action-Adventure verschoben. Waren im ersten Teil die Rätsel fast vollständig auf die geheimen Gräber beschränkt, spielen sie in Rise of the Tomb Raider jetzt auch eine tragende Rolle im Design des kritischen Pfades durch das Spiel. Das soll jedoch nicht heißen, dass man auf die konzentrierten Rätsel-Gräber verzichten müsste. Auch in Rise of the Tomb Raider gibt es wieder neun Gräber, die meines Erachtens noch ein wenig komplexer gestaltet sind als im Erstling. Dadurch, dass es jetzt auch einige etwas offenere Gebiete gibt, ist es zudem auch stellenweise etwas schwieriger, die Eingänge zu den Gräbern zu finden.

Eine deutlich größere Rolle spielt in Rise of the Tomb Raider auch das Platforming. Hierzu trägt insbesondere ein umfangreicheres Bewegungsrepertoire bei. Lara hat natürlich alle Fähigkeiten des Vorgängers wieder mit dabei, erhält im Laufe des Spiels aber auch einen Greifhaken, mit dem sie sich an Kanten heranziehen und über Abgründe schwingen kann, sowie Kletterpfeile, mit denen sie sich künstliche Kletterstufen bauen kann. Letztere sind spielerisch nicht allzu komplex, da sie immer in aller Ruhe auf den entsprechenden Wänden platziert werden können, ersteres erweitert aber die Möglichkeiten für die dynamischen Kletterszenen enorm. Dadurch, dass Lara nun über eine ziemliche Mobilität am Berg verfügt, werden die Kletterszenen anspruchsvoller und interessanter. Allerdings zeigen die etwas offeneren Gebiete auch, dass diese Möglichkeiten weiterhin sehr eng an die Intentionen der Entwickler gebunden sind, da nahezu jede Kletteraktion von passenden Wandbegebenheiten abhängen. In den etwas offeneren Gebieten kann man sich daher schon etwas eingeengt fühlen. Da der Großteil des Spiels ziemlich linear ist, kommt das aber nicht allzu stark zum Tragen.

Die Kämpfe hingegen haben sich nur durch die Ergänzung von herstellbaren Waffen weiterentwickelt. So kann man Molotovcocktails, Feuerpfeile oder Bombenpfeile bauen, wenn man genug Ressourcen gesammelt hat und den RB Knopf gedrückt hält. Alternativ kann man gesammelte Ressourcen auch verwenden, um seine Waffen und Ausrüstungsgegenstände zu verbessern. Meines Erachtens sind diese Erweiterungen leider eher ein Rückschritt und sorgen dafür, dass hinsichtlich des Kampfes Rise of the Tomb Raider bei mir einen schwächeren Eindruck hinterlassen hat als der Erstling. Allerdings muss man dem Spiel gleichzeitig zu Gute halten, dass das eine Element, das schwächer geworden ist, auch einen geringeren Raum einnimmt. Sehr gut gelungen ist auch die Variation der einzelnen Elemente im Spiel. Das Pacing ist nahezu optimal und das Spiel wechselt immer wieder zwischen den verschiedenen Elementen durch, so dass man sich nicht an einem der Elemente satt spielt.

Technisch ist Rise of the Tomb Raider ebenfalls gut gelungen und weiß mit einigen beeindruckenden Perspektiven und Umgebungen zu beeindrucken. Auch das Sounddesign und die Sprachausgabe sind von hoher Qualität. Einzig störend war in technischer Hinsicht die hohe Fehleranfälligkeit beim Ton. Mehrfach in meinem Durchlauf durch das Spiel musste ich das Spiel komplett beenden und neu starten, weil irgendein Soundeffekt dauerhaft den Soundkanal blockiert hat und Sprachausgabe, Musik und neue Soundeffekte ausblieben, während dieser eine Soundeffekt sich unentwegt wiederholt hat.

Rise of the Tomb Raider ist ein gelungenes Sequel zu Tomb Raider: Definitive Edition und erweitert insbesondere das Kletter- und Rätselgameplay gekonnt. Die Einführung von Crafting-Elementen und die etwas schwächeren offenen Gebiete sind kleine Wermutstropfen, die dafür sorgen, dass ich Rise of the Tomb Raider nicht als den klar besseren Teil der beiden bezeichnen würde, aber gleichwohl kann ich jedem, der eine gute Mischung aus Action-Adventure und Third Person Shooter spielen mag, eine Empfehlung aussprechen.

Getestet auf Xbox One X.