Das schmutzige Geschäft mit der Archäologie – Uncharted

Lange Zeit war Naughty Dog auf der PlayStation der Nummer 1 Lieferant für Spiele nach meinem Geschmack. Drei Crash Bandicoot-Spiele, ein Crash Rennspiel und Jak and Daxter: The Precursor Legacy haben mich immer mindestens gut unterhalten. Auch wenn mit Jak II mein Verhältnis zu Naughty Dog deutlich abgekühlt ist, so gibt es doch noch einige Spielabschnitte, die mir richtig gut gefallen haben. Nach (dem völlig in die Binsen gegangenen) Jak 3 habe ich lange Jahre keine neuere Heim-PlayStation mehr besessen, bis ich kürzlich zu einem guten Preis eine PlayStation 3 erstanden habe. Zwar haben kurze Spielsessions hier und da mich nicht eben von Naughty Dogs neuem Kind überzeugen können, doch eine Chance hatte Uncharted – zumal nach Empfehlung des Community-Mitglieds Wytz – dann doch verdient. Ob Uncharted meine Beziehung zu Naughty Dog dreizehn Jahre nach Release wieder reparieren konnte?

Die Einstiegsszene in Uncharted hat mich zunächst einmal ausgerechnet optisch ein wenig schockiert. Durch sehr unglückliche Beleuchtung wirkten die Charaktere geradewegs wie Plastikpuppen, das Wasser, auf dem sich die Einstiegsszene abspielte, sah auch für die Zeit ungewöhnlich leb- und lieblos aus und überdies wurde das Bild auch noch von heftigem Tearing heimgesucht. So war ich doch etwas überrascht, wie Uncharted anno 2007 als optische Vorzeigespiel durchgehen konnte. Doch dieser reservierte Ersteindruck von der Optik hat sich im weiteren Verlauf relativiert. Zwar gibt es immernoch eine Menge Schönheitsfehler, die auch zur damaligen Zeit nicht unausweichlich waren, doch die detaillierten und plastischen Texturen, sowie die gemessen an der Zeit guten Gesichtsanimationen heben den visuellen Gesamteindruck doch deutlich.

Doch für die Optik spielt man anno 2020 sicherlich kein frühes PlayStation 3-Spiel. Viel entscheidender ist da schon, wie sich Uncharted spielt und hier liegt bei Uncharted für mich auch der Hase begraben. Uncharted bietet im Grunde genommen eine Kombination zweier Kern-Gameplay-Elemente: Kletterei a là Prince of Persia (ab Sands of Time) und Cover Shooter im Stile eines Gears of War. Hinzu kommen Variationen des Shooter-Gameplays auf einem Jetski – das aber ähnlich fummelig ist wie in Crash Bandicoot 3 und allenfalls auf Grund des geringen Anspruchs an die Navigation tolerierbar ist – und in einem an Resident Evil 4 erinnernden Setting.

Sprechen wir zunächst über das Kletter-Gameplay, das insgesamt einen geringeren Anteil einnimmt als das Shooter-Gameplay. Nathan Drake kann an bestimmten Wänden und Vorsprüngen klettern, dabei kann man den Kreuz-Knopf verwenden, um aufwärts zu klettern und den Kreis-Knopf um sich nach unten fallen zu lassen. Allerdings ist die Kletterei ausnehmend restriktiv und Drake kann sich in der Tat nur an denjenigen Stellen festhalten, die die Entwickler als Kletterweg vorgesehen haben. Das Problem dabei ist allerdings, dass sich Stellen, die beklettert werden können und solche, die nicht beklettert werden können, optisch nicht unterscheiden lassen und die Gefährlichkeit von Wasser ist geradezu beliebig: Mal tötet Wasser bei Kontakt, mal kann Nathan schwimmen. Teilweise sind die Stellen, die Nathan anspringen soll, kaum zu sehen und wenn ein Sprung vom Entwickler nicht vorgesehen war, endet er natürlich immer tödlich. In der Konsequenz sind die Kletterszenen schon in Sachen Wegfindung schlichtweg nervig. Dass die Mechanik überdies ausnehmend steif und unnatürlich wirkt und zu keinem Zeitpunkt auch nur annähernd die Dynamik eines Prince of Persia zulässt, kommt erschwerend hinzu. In der letzten Spielhälfte gibt es zwei Klettersektionen, die etwas durchdachter sind und dadurch für mich zu den Highlights des Spiels gehören, aber, so viel sei schon verraten, Highlights die aus der Schwäche des umgebenden Materials erwachsen, statt aus eigener Stärke.

Beim Shooter-Gameplay setzt Uncharted vorrangig auf ein Deckungssystem. Nathan Drake ist sehr fragil, selbst auf dem niedrigsten Schwierigkeitsgrad – auf dem ich das Spiel auch gespielt habe – ist nach drei bis fünf Schüssen mit normalen Waffen Schluss, zahlreiche One-Hit-Kill-Waffen machen einem das Leben ungedeckt zusätzlich schwer. Dadurch, dass man nur mit gedrückt gehaltener L1-Taste zielen kann, in diesem Fall aber nur noch im Schneckentempo laufen kann und überdies das Fadenkreuz sich in einem äußerst gemächlichen Tempo über den Bildschirm bewegt, ist an ein offensives Vorgehen den Großteil des Spiels nicht zu denken. Also heißt es in Deckung gehen und den richtigen Moment abpassen um seine Gegner zu erschießen.

Hierbei ist allerdings leider auffällig, dass das Deckungssystem an vielen Stellen nicht gut funktioniert, denn Drake nimmt teilweise sehr unglückliche Positionen in der Deckung ein, wenn man sich mit dem Kreis-Knopf in Deckung begibt, so dass er weiterhin leicht zu treffen ist und da man nur zielen kann, wenn man sich aus der Deckung herauslehnt, wird das langsame Fadenkreuz einem schnell zum Verhängnis. Nach etwa einem Drittel des Spiels habe ich eine Lösung gefunden, die zwar sämtliche Schwierigkeiten beseitigt, gleichzeitig aber auch ein wenig wie Mogelei wirkt. Den Kreis-Knopf verwendete ich fortan nur noch um mich hinter niedrigen Deckungen zu verstecken, was nur selten notwendig ist, ansonsten positionierte ich mich einfach manuell hinter hohen Deckungen, so dass Drake komplett geschützt war, aber das Fadenkreuz noch munter hinter der Deckung hervor bewegt werden konnte. So kann man teilweise komplett ohne die Deckung zu verlassen seine Gegner erledigen, oder aber zumindest mit dem Fadenkreuz auf den Kopf des Gegners kurz aus der Deckung gehen, den Gegner töten und dann wieder in die sichere Deckung zurückkehren. Interessanterweise lässt sich so sogar der Kampf gegen den letzten Endgegner deutlich vereinfachen.

In Sachen Gegnerverhalten ist Uncharted relativ simpel gestrickt, denn ein großer Teil der Gegner ist komplett statisch. Die übrigen Gegner versuchen hingegen, von Deckung zu Deckung zum Spieler vorzudringen. Allerdings ist es recht interessant zu beobachten, dass die Gegner stets auf ihre Kampfarena beschränkt sind. Wenn man noch Zugang zum Vorgebiet hat, kann man von dort aus mit minimaler Gegenwehr seine Gegner erschießen. Die einzige Ausnahme hiervon stellt ein Gegnertyp im letzten Spieldrittel dar, der keinen Wert auf Deckung legt, sondern einfach auf den Spieler zustürmt. Der entsprechende Spielabschnitt ist auf offensichtliche Weise an Resident Evil 4 angelehnt und spielt sich deutlich dynamischer als der Rest des Spiels, kann qualitativ, vor allem in Sachen Leveldesign, deutlich nicht mit dem Klassiker mithalten.

Mit der Aussage, dass es in Uncharted nur zwei Gameplay-Typen gibt, habe ich einen Aspekt ein wenig unter den Teppich gekehrt, der dort allerdings in Anbetracht der Ausführung auch gut aufgehoben ist. An einigen wenigen Stellen gibt es „Rätsel“, die aber diesen Namen nicht wirklich verdienen. In einem Rätselraum gibt es stets eine gewisse Zahl an Schaltern, die jeweils mit einem Bild versehen sind. Im Tagebuch von Nathans Vorfahr kann man dann nachschauen, in welcher Reihenfolge oder auf welche Weise man die Schalter aktivieren muss, indem man die Symbole bei den Schaltern mit den Symbolen im Tagebuch vergleicht. Eine gute Vorübung für das Spiel „Memory“ möchte man meinen.

Doch halt, es gibt ein weiteres Rätsel, das meines Erachtens in die Hall of Fame der schlechtest designten Spielmomente gehört. An einer Stelle, an der man zuvor mit Drake sehr hakelig herumklettern musste, wird man aus der Entfernung von einem Gegner beschossen, der mit einem Auto angefahren gekommen ist. Auf der Ladefläche des Autos befindet sich ein rotes Fass. Um (womöglich nach Töten des Gegners) weiteren Fortschritt machen zu können, muss man das Fass auf dem Auto anschießen, damit dieses in einem unwirklichen Schwung durch die Luft gewirbelt wird, um unmittelbar vor Drake im Wasser zu landen und als Brücke zu dienen. Wie Naughty Dog auf die Idee kommen konnte, dass diese Lösung irgendwie vom Spieler vorhergedacht werden sollte, ist mir ein absolutes Rätsel. Eines das mich mehr zum Nachdenken gebracht hat als alle Rätsel im Spiel.

Uncharted nur anhand des Gameplays zu beurteilen, mag man einwerfen, ist etwas unfair, da die Reihe sich auf die Präsentation ihrer Geschichte besonders konzentriert. Daher möchte ich die Geschichte natürlich nicht unerwähnt lassen. Nathan Drake wandelt auf den Spuren seines Vorfahren Francis Drake und versucht, El Dorado zu finden. Auf der Suche nach der goldenen Stadt gerät er an einen recht schießwütigen Gegenspieler, der ebenfalls auf der Suche nach dem verlorenen Schatz ist. Fortan jagt Drake den Hinweisen, die Francis ihm überlassen hat, hinterher und legt nach für nach den Weg zum großen Schatz frei, nur um an jeder Stelle wieder von einer schier exorbitanten Menge an Schergen ins Fadenkreuz genommen zu werden. Dabei nimmt das Leveldesign herzlich wenig Rücksicht darauf, dass Drake (und der Spieler) einen geheimen Gang gerade erstmals entdeckt hat, irgendwie sind ihm ein Haufen offensichtlich nicht gerade übermäßig intelligenter Schergen stets genau einen Schritt voraus.

Was bleibt, ist eine recht ordentliche Leistung der Animatoren und Synchronsprecher in der Charakterisierung der Figuren im Spiel. Leider ist das Writing allerdings äußerst klischeebeladen und jeder Charakter im Spiel entspricht einer sehr simplen Schablone, aus der er zu keinem Zeitpunkt ausbricht. Sieht man dazu noch, dass der eigentliche Plot keinerlei Finesse oder interessante Ideen bietet, ergibt sich ein Bild, das höchstens als anspruchsloses Popcorn-Kino durchgehen kann. Sowohl Charaktere, als auch Plot wären allerdings selbst in einem Action-Streifen deutlich unterdurchschnittlich.

Insgesamt hat Uncharted: Drakes Schicksal einen deutlich schlechteren Eindruck bei mir hinterlassen, als ich im Vorfeld befürchtet habe. Das Gameplay ist steif, langsam und wiederholt sich unentwegt. Das Leveldesign bietet keinerlei interessante Ideen, sondern wirft einfach eine Gegnerwelle nach der anderen auf den Spieler. Der deutlich stärkste Aspekt in meinen Augen bei Uncharted ist die Präsentation, die ich aber ebenfalls bestenfalls als durchschnittlich empfinde. Hier kommt vor allem auch zum Tragen, dass mit Resident Evil 4 eine Konsolengeneration zuvor in Sachen Plot und Präsentation ein wesentlich feingeschliffeneres Bild geboten wurde. Nach Jak II, Jak 3 und nun Uncharted: Drakes Schicksal ist meine Beziehung zu Naughty Dogs Spieldesign leider auf einem Allzeittief angelangt.