Identitätskrise bei Naughty Dog: Nachdem das Studio sich vor allem mit vier 3D Jump & Runs einen Namen gemacht hat, wollte das Studio modernen Trends folgen und Ideen aus dem populären GTA3 mit ihrem Designkonzept verknüpfen. Herausgekommen ist ein Nachfolger, der wohl wie kaum ein anderes Sequel den Ton im Vergleich zum Erstling verkehrt, Jak II Renegade.
Jak war in Jak & Daxter: The Prescursor Legacy ein stiller, aber freundlich wirkender Geselle. Doch auch der ruhigste Mensch kann mit genug Leid gebrochen werden und so wird Jak, Opfer höchst unmoralischer Menschenexperimente, zu Beginn von Jak II zu einem böse dreinblickenden bitteren Gegenpart zu Daxter. Nachdem Jak endlich durch seinen treuen Freund Daxter befreit wurde, finden sich die beiden in einer wesentlich unfreundlicheren Welt wieder als im Vorgängerspiel. Haven City ist nicht nur groß, sondern vor allem grau und feindselig. An der Seite einer Widerstandsbewegung wollen die beiden Helden nun den bösen Herrscher Baron Praxis stürzen – und legen sich dabei naturgemäß mit dem Großteil der Stadt an.
Nicht nur der Ton ist in Jak II rauer geworden, auch das Gameplay wurde im Fokus deutlich verschoben. So läuft Jak jetzt stets gut bewaffnet durch die Spielwelt und muss sich mit Schusswaffen gegen zahlreiche Gegner zur Wehr setzen. Bereits angedeutet wurde, dass die Entwickler sich an GTA3 orientiert haben, was in diesem Fall eine vollständige Restrukturierung des Spiels bedeutet. Das Spiel ist dieses Mal missionsbasiert und der Spieler muss in der weitgehend frei begeh- und befahrbaren Welt stets zunächst zum jeweiligen Missionsmarker finden, bevor die jeweilige Mission beginnt. Hierzu verwendet man in aller Regel ein Jet-Board, mit dem man sich auf zwei verschiedenen Höhen in annehmbarer Geschwindigkeit durch die verwinkelte und riesige Stadt bewegen kann.
Leider ist die Steuerung des Jet-Boards enorm hakelig und die engen Gassen der Stadt nur mäßig darauf ausgelegt, sich mit hoher Geschwindigkeit durch sie hindurch zu bewegen Crashs und feindliches Feuer machen es zusätzlich unangenehm, sich durch die Stadt zu bewegen. Nun könnte man natürlich auch zu Fuß die Stadt erkunden, hierfür ist diese aber viel zu umfangreich und Langeweile ist geradezu garantiert.
In Sachen Missionsdesign ist Jak II durchaus abwechslungsreich. So gibt es Missionen, in denen man vor allem als Revolverheld glänzen muss, in anderen Missionen ist man in bester GTA3-Tradition ein Botenjunge, fährt mit seinem Jet-Board durch die Gegend oder – in den mit Abstand besten Missionen – hüpft durch relativ lineare Jump & Run-Abschnitte, die an die lineareren Level aus Jak & Daxter erinnern. Wenig überraschend, in Anbetracht dessen, auf wie vielen Hochzeiten Jak II tanzt, wurden diese Abschnitte im Vergleich zum Vorgänger nicht weiterentwickelt, sind aber auch nicht wesentlich schlechter.
Leider haben die Entwickler aber in Sachen Spielrhythmus grandios versagt. Zunächst einmal wurden die Missionen so in der Spielwelt positioniert, dass man fast jedes Mal von einem Ende der Welt zum anderen fahren muss, um die jeweils nächste Mission zu spielen. Besonders ärgerlich ist das, wenn man in aufeinander folgenden Missionen zwischen zwei Punkten der Karte immer wieder hin- und her pendeln muss. Noch kritischer ist allerdings der wild schwankende Schwierigkeitsgrad. Viele Missionen sind völlig anspruchslos, andere Missionen – vorrangig solche, in denen Feuergefechte im Vordergrund stehen – sind dann wiederum dermaßen knapp gestaltet, dass Glück nahezu unverzichtbar ist. Besonders hervorzuheben ist hier eine Mission, in der Jak sich in den Docks durch massiven und kaum überschaubaren Geschützhagel kämpfen müssen. Eine sichere Route gibt es nicht und in Anbetracht der hohen Frequenz mit der man beschossen wird, sowie der engen Wege, auf denen man sich bewegt, ist diese Szene kaum zuverlässig beherrschbar.
Jak II wirft die Formel des Erstlings über Bord und kombiniert zahlreiche Spielideen zu einem ziemlich inkohärenten Gesamterlebnis, das unter völlig mangelhafter Balancierung leidet. Es gibt durchaus gute Szenen im Spiel, aber der Großteil des Spiels schwankt zwischen langweilig und gemein. In Anbetracht dessen, wie gering die Dichte an guten Spielinhalten ist und wie unangenehm das Spiel den Großteil seiner Dauer zu spielen ist, ist Jak II keinesfalls als empfehlenswertes Spiel zu bezeichnen.
Getestet auf PlayStation Vita.