Super Mario Sunshine (Review)

Eigentlich war es lange eine Tradition, dass Mario den Launch einer neuen Nintendo-Konsole begleitet hat, doch mit dem GameCube sollte diese Tradition ihr Ende finden. Statt Mario konnte nämlich sein ängstlicher Bruder Luigi den Launch des GameCube anführen, wohingegen Mario erst ein halbes Jahr nach Erscheinen der Konsole seinen Einstand gegeben hat. Doch nicht nur in Sachen Timing bricht Super Mario Sunshine mit alten Traditionen, auch das Setting ist ungewöhnlich. Statt im Plizkönigreich hüpft Mario diesmal über die tropische Insel Isla Delfino.

Mario und Peach wollen eigentlich nur einen gemütlichen Urlaub verbringen, da müssen sie mir ihrem Flugzeug auf Isla Delfino notlanden. Doch damit nicht genug wird Mario obendrein des Vandalismus beschuldigt und in einem alles andere als fairen Prozess noch an seinem ersten Urlaubstag zur Sozialarbeit verurteilt. Zum Glück muss Mario aber nicht auf Knien über Isla Delfino rutschen um die Schmierereien zu entfernen, die ein blauer Doppelgänger auf der Insel hinterlassen hat, sondern kann auf die tatkräftige Unterstützung des Dreckweg, einer sprechenden Wasserpistole, setzen.

Dem Schauplatzwechsel zum Trotz ist Super Mario Sunshine eine offensichtliche Weiterentwicklung von Super Mario 64. Das bedeutet, dass über eine – nun deutlich belebtere – Hubwelt einige große, weitgehend frei begehbare Level betreten werden können, die jeweils mehrere Hauptaufgaben bieten, deren Abschluss mit einer Insignie der Sonne belohnt werden. Insgesamt gibt es im Spiel 120 Insignien der Sonne zu sammeln. Trotz gleichbleibender Zahl an Insignien im Vergleich zu den Sternen ist die Levelanzahl allerdings verringert worden.

Um dennoch auf die gleiche Zahl an Insignien zu kommen, haben die Entwickler insgesamt 240 blaue Münzen im Spiel versteckt. Jeweils zehn dieser blauen Münzen können gegen eine Insignie der Sonne eingetauscht werden. Das klingt zunächst gar nicht mal so unsinnig, allerdings sind leider nicht alle blaue Münzen sinnvoll in der Spielwelt platziert. Die besseren blauen Münzen sind sicherlich die, die mit kleinen Sprintaufgaben verbunden sind: Es gibt im Spiel an einigen Stellen Paare von roten Kreuzen zu finden. Spritzt man eines der Kreuze an, taucht an dem jeweils anderen eine blaue Münze auf, die aber nach kurzer Zeit wieder verschwindet.

Weitere blaue Münzen sind an auffällige Orten versteckt, werden für das Säubern eines Inselbewohners oder Entfernen eines M-Farbkleks vergeben. Eine nicht zu unterschätzende Zahl an blauen Münzen sind aber entweder wahllos in der Welt abgelegt, oder aber auf recht krude Art versteckt, so dass es in Super Mario Sunshine ungewöhnlich nervig ist, einen vollständigen Spielstand zu erreichen. Wahrscheinlich wollten die Entwickler um jeden Preis verhindern, hinter die 120 Sterne des Vorgängers zurückzufallen, aber durch das Hinzufügen von nervigen Spielaufgaben schadet man dem Spiel viel mehr als man ihm nützt.

Leider ist das Gemecker damit noch nicht beendet. Die Freiheit, die mit dem offenen Design von Super Mario 64 einher ging, ist in Super Mario Sunshine weitgehend passé, da die Level je nach Insignie, die man sammeln möchte, unterschiedlich aufgebaut sind. Das hat aber auch zur Folge, dass Erkundung nahezu nicht mehr belohnt wird (außer durch blaue Münzen) und der Mehrwert des wiederholten Besuchs der gleichen Spielwelt ein wenig in Frage gezogen wird. Überdies muss man auch sagen, dass der Einstieg ins Spiel ein wenig holprig ist. Es ist zwar sehr löblich, dass man binnen weniger Minuten volle Kontrolle über Mario gewinnt, aber dass gleich die ersten drei Insignien des Spiels dafür vergeben werden, einer Pflanze Wasser in den Mund zu spritzen, ist nicht gerade eine kreative Meisterleistung.

Außergewöhnlich viel Gemecker für ein Mario-Spiel, zweifelsohne. Und es ist schwer sich dem Eindruck zu erwehren, dass Super Mario Sunshine schlicht nicht genug Entwicklungszeit bekommen hat und fehlende Spielinhalte durch wenig durchdachte Füllinhalte ersetzt wurden. Das soll aber nicht heißen, dass Super Mario Sunshine kein spielenswertes Spiel wäre, denn die Zeit seit Super Mario 64 wurde durchaus für eine profunde Überarbeitung der Spielmechanik genutzt, die dazu führt, dass Super Mario Sunshine zu den Spielen zählt, die selbst in einem wahllos zusammengewürfelten Level noch außerordentlich viel Spaß machen würde.

Grund hierfür ist das außerordentlich gelungene Handling. Mario ist schneller als je zuvor (oder danach), die Steuerung ist direkt, schnell und weist trotzdem genau das richtige Maß an Bewegungsmoment auf, um ein akrobatisches Moveset mit Dreifachsprung, Wandsprung und Seitwärtssalto so zu ermöglichen, dass es sich rund anfühlt. Zu jedem Zeitpunkt hat man nicht nur volle Kontrolle über Mario, sondern hat eine gelungene Auswahl an Sprungmanövern zur Wahl, die durch den Dreckweg mit einem gewissen Sicherheitsnetz versehen sind. Wer es dennoch etwas strenger mag, freut sich darüber, dass es in jedem Level ein Geheimareal gibt, in dem Mario sich strikt linear durch abstrakte Blockwelten bewegt und dabei ohne den Dreckweg zurechtkommen muss. Wenn man Super Mario Sunshine spielt, weiß das reine Handling so zu überzeugen, dass selbst mondäne Tätigkeiten wie die sich wiederholenden Aufgaben zu Beginn oder die Suche nach den blauen Münzen Spaß zu machen wissen. Einer der besten Spielmomente des gesamten Genres ist insbesondere im zweiten Level von Super Mario Sunshine zu finden, wenn Mario sich über ein enges Gitter hoch über dem Level bewegt. In kaum einem anderen Spiel wäre es – wohlgemerkt ohne irgendwelche künstlichen Stützräder seitens der Entwickler – möglich, mit solch einer Präzision und Geschwindigkeit über eine solche Konstruktion zu springen und zu rennen.

Auch das Kamereasystem ist hervorragend gelungen. Man hat (nahezu) jederzeit die volle Kontrolle über die Kamera und die Möglichkeit, relativ weit aus dem Geschehen heraus zu zoomen sorgt dafür, dass man mit Mario unheimlich flexibel unterwegs ist. Dass man Sprünge nicht abschätzen könnte oder große Orientierungsschwierigkeiten hat, wie in vielen anderen 3D Jump & Runs ist in Super Mario Sunshine nahezu ausgeschlossen. Einzig an zwei Punkten im Spiel, insbesondere aber auf der Rückseite eines Riesenrades macht die Kamera Probleme. Es sind just solche Situationen, in denen dem Spieler die Kamerakontrolle genommen wird, die automatische Kameraführung aber nicht mit der Situation Schritt halten kann. Einerseits mag es sinnvoll erscheinen, bei Wandsprüngen, die schließlich die Nutzung des A-Knopfes erfordern, die Kamerakontrolle kurzzeitig dem Spiel zu übergeben. Die Höhenanpassung der Kamera ist in diesem Fall aber kritisch und wird in Super Mario Sunshine nicht brauchbar gelöst. Ein Fehler, der zuverlässig reproduzierbar ist, in einer Spielsituation, die zum Pflichtinhalt des Spiels gehört. Ein ganz klarer Indikator also dafür, dass bei Super Mario Sunshine tatsächlich die Uhr getickt hat.

Super Mario Sunshine ist meines Erachtens das 3D Jump & Run mit der besten Spielmechanik. Jeder Moment, in dem man Mario steuert ist ein Spaßgarant. Umso bedauerlicher, dass Nintendo selten so nachlässig in Sachen Feinarbeit und Fehlerkorrektur gewesen ist. Beinahe ein Viertel des Spielinhalts ist von mäßiger Qualität und die Qualitätskontrolle ist deutlich unterhalb des von Nintendo gewohnten Levels. Im Ergebnis bleibt Super Mario Sunshine zwar ein Pflichttitel für jeden Jump & Run-Fan und die Referenz in Sachen Spielbarkeit, ist aber auch der Inbegriff der vertanen Chance innerhalb der Reihe.

Getestet auf GameCube.