Backfirewall_ (Review)

Dem Release von Backfirewall _ habe ich seit dem ersten Trailer beim Summer Games Fest entgegengefiebert. Umso schöner, dass kürzlich ein Testmuster meinen PC erreicht hat. Zugegeben, ich war einfach für das narrative First-Person-Adventure zu begeistern. Weniger wegen der Perspektive oder der Rätsel, sondern vor allem wegen OS9. Seine Vertonung hat mir sofort gefallen. (Ich hätte auch in Portal 2 manchmal einfach nur Wheatley zuhören können, wie er spricht.) Außerdem schaden ein wenig Satire und ein Tangieren der Meta-Ebene auch nicht, wie ich inzwischen festgestellt habe. 

Update-Assistent

OS9 ist das derzeitige Betriebssystem des Smartphones der Nutzerin. Wie findet ihr eigentlich Updates auf euren Geräten? Wenn alles neu und shiny ist und viel schneller läuft? Wäre da nur nicht die Gefahr, auf neue Bugs und Problemchen zu stoßen! Außerdem, was passiert denn dann mit dem vorigen Betriebssystem?

In Backfirewall schlüpfe ich in die Rolle des Update-Assistenten. OS9 möchte nicht gelöscht werden, bringt mich also dazu, das Update abzubrechen. (In einem kurzen zweiten Durchgang habe ich das Update durchgeführt. Tut mir leid, OS9!) Fortan begleitet OS9 mich als sprechendes gelbes Auge am oberen rechten Bildschirmrand durch das Smartphone. OS9 erschafft neue Durchgänge an den Wänden und versorgt mich bei Bedarf mit neuen Cheat-Codes. 

Unterwegs erfahre ich als Update-Assistent immer mehr über die Apps und den Zustand des Smartphones der Nutzerin. Und über die Nutzerin selbst. Unfassbar, wie viele persönliche Daten in so einem Smartphone stecken! … ähem. Die vielen Apps uns Prozesse haben unterschiedliche Ansichten, was das Update auf OS10 angeht. Manche von ihnen sind sogar schon seit mehreren Betriebssystemen dabei. (Erstaunlich, wie viele Updates das Gerät der Nutzerin erhält.) Vielleicht könnte ein Update ja doch mehr Probleme lösen, als es verursacht? Aber vielleicht ist mir auch wichtiger, OS9 zu bewahren.

Screenshot aus Backfirewall:  "Danke für dein Opfer :)"
… Alles klar.
Cheat-Codes

Vier Cheat-Codes schenkt mir OS9 im Verlauf des Abenteuers in Backfirewall: Löschen, invertieren, färben und duplizieren. Diese Fähigkeiten nutze ich eifrig, um Boxen verschwinden zu lassen … ich meine, um Rätsel zu lösen. Die überall herumliegenden Kisten lösche ich vor allem, weil sich das unheimlich befriedigend anfühlt. Außerdem verbirgt sich hinter ihnen so mancher Sammelgegenstand und die eine oder andere Nachricht. 

Löschen kann ich auch Auswüchse an Binärbäumen, wohingegen Bits immer wieder auftauchen. Diese befördere ich eher je nach Rätsel die Decke oder bringe sie von dort zu mir hinab. Verschiedene Gegenstände färbe ich um sie fest oder durchlässig zu machen. Oder ich ärgere die Prozesse, indem ich ihnen eine Farbe verpasse, die ihnen nie gefallen wird. Verdoppelte Planken kreieren neue Wege.

Räume voller Rätsel

Zwischen Laufwegen, bei denen ich mich bisweilen vor Wächtern versteckt halten muss, warten viele Bereiche voller Rätsel auf mich. Für diese Räume gibt es mehrere Aufgaben, die ich erfüllen muss, bevor ich weiterziehen kann. In der Regel geht es dann durch Durchgänge, die OS9 speziell für mich an den Wänden erschafft. Auf den Wegen gibt es vereinzelte Rätsel, doch hier ballen sie sich an einem Ort.

Mein Auftrag ist es, Systemfehler zu verursachen. Die Objektiven sind eine Reihe von Aussagen, die wahr oder falsch sein können. So gilt es beispielsweise, Kisten zu löschen, damit die Anzahl unter einen bestimmten Mindestwert sinkt, der in der Aussage steht. 

Hänge ich an einem solchen Rätsel, wende ich mich vertrauensvoll an die Gummiente. Ihr wisst schon, die Ente, die eigentlich dazu da ist, dass Leute ihre Probleme von selbst lösen, indem sie ihr erklären, wo sie feststecken. Ich kann einzelne Fragen stellen oder mehrfach nachhaken, um weitere Details zu erhalten. Diese unaufdringliche Art der Hinweise gefällt mir sehr gut, weil ich so selbst entscheiden kann, wann ich wie genaue Tipps bekomme. Die Gummiente hat mir gute Dienste erwiesen. 

Ist keine Gummiente in der Nähe, kann ich auch andere Figuren ansprechen, die nicht ganz so hilfreich sind. Aber sie wissen eben auch nicht, wie bestimmte Rätsel zu lösen sind. OS9 meldet sich bei Rätseln in seltenen Momenten zu Wort. Daher hat es ein wenig gedauert, bis ich den Weg aus einem schier endlosen Labyrinth gefunden habe. Im Nachhinein hat mich die Lösung ein wenig an Professor Layton erinnert. Fies, aber doch irgendwie lustig. Backfirewall kann das an ein paar Stellen auch.

Screenshot aus Backfirewall: Die Gummiente steht mit Rat zur Seite.
Es ist auch nicht schlimm, die Gummiente versehentlich anzusprechen.

Oft sind die meisten Fähigkeiten wenig hilfreich und bei bestimmten Gegenständen ist auch klar, welche Fähigkeit hilft, um ein Rätsel damit zu lösen. Dann geht es eher darum, die Dinge zu finden, um mit ihnen zu interagieren. So habe ich hin und wieder auch Gegenstände in der Ferne gelöscht, einfach weil ich konnte.

Besonders in der Kunstgalerie musste ich dagegen meinen Kopf einsetzen, um verschiedene Farben richtig einzusetzen. Backfirewall_ bietet einige Kopfnüsse, die ein wenig Umdenken fordern, aber im Nachhinein Sinn ergeben. Manche Rätsel sind zwar sehr einfach, überraschen aber dennoch. Einige Aufgaben ähneln sich zwar sehr, aber insgesamt sind die Räume abwechslungsreich und viele Rätsel auch an den Ort angepasst.

Social Media Apps

Unterwegs treffe ich auf einige verschiedene Charaktere. Prozesse tummeln sich überall, aber für die Handlung sind die Apps bedeutsamer. Etwa die Foto-App oder Social Media F, deren Design mich erst irritiert hat, das bei genauer Betrachtung aber sehr logisch ist. Auch der quirligen Social Media T laufe ich mehrfach über den Weg. (Sie ist etwas anstrengend, aber auch ein wenig putzig.) Habt ihr schon ihren neuen Tanz gesehen? Die abtrünnige App Alex, die von vielen weiterhin Health App genannt wird, bietet ein Mysterium, das sich durch weite Teile des Spiels zieht. Aber auch kleinere Nebenhandlungen ziehen sich durch das gesamte Spiel. Was ist nur mit dem Daten-Kaffee geschehen? Auch einen Podcast kann ich in vereinzelten Radios hören.

Nicht alle sind gut auf OS9 oder mich zu sprechen, während andere sich darüber freuen, den aktuellen Boss noch einmal zu treffen. Irgendwann kippt jedoch die Stimmung und meine Entscheidungen stoßen auf wenig Gegenliebe. Nicht nur, weil ich harmlose Prozesse bunt einfärbe. 

Die meisten Charaktere verehren die Nutzerin geradezu. Überall sind Spuren von ihr zu finden (natürlich, es ist ja ihr Gerät) und die User Shows, bei denen die Apps ihr Gesicht sehen können, sehr beliebt. Fast schon unheimlich. Was denkt sie eigentlich über das Update und ihr Smartphone?

Screenshot aus Backfirewall: Social Media F. Wen das Buchgesicht bloß darstellt?
Oh, hi.
Sammelgegenstände

Überall versteckt sind in Backfirewall Easter Eggs und Geheimnisse. Cookies dürfen nicht fehlen (akzeptiert ihr sie alle oder nur die notwendigen?). In ihnen stecken Sprüche wie in Glückskeksen, nur sind sie wesentlich lustiger. Schon beim ersten Cookie habe ich laut aufgelacht, aber auch die anderen sind oft sehr amüsant.

Bugs finde ich ebenfalls. Keine Sorge, es sind keine, die das Spiel unspielbar machen, sie sind Teil des Settings. Ein Feature, sozusagen. (Sorry.) Sie dienen ebenfalls als Sammelobjekte, bei denen ich erst einmal erkennen muss, dass es sich um einen Fehler in System handelt. 

Nachrichten der Nutzerin verteilen sich ebenfalls im ganzen Spiel. Einige von ihnen kann ich gleich lesen, auch wenn die Schrift noch etwas zu klein ist, andere sind verschlüsselt. Aber ich sollte ohnehin nicht allzu tief in die Privatsphäre der Nutzerin eindringen. Sowas würde ich aber auch niemals tun wollen, ehrlich!

Später kann ich auch Sammelfiguren in einem Shop erwerben. Anfangen kann ich damit nicht viel, aber ich kann sie kaufen, also tue ich das auch. Schließlich lösche ich auch ohne Not unzählige Kisten (leider habe ich schon im ersten Raum nicht alle gefunden).

Es gibt sehr viel zu entdecken. So viele Kisten! Ich meine, in unzähligen Dialogen, Ecken und Nebenwegen verstecken sich so viele Easter Eggs und Sammelobjekte, dass ich das Smartphone der Nutzerin gern erkundet habe. Auch auf die Firewall habe ich in Backfirewall den einen oder anderen Blick erhascht.

Screenshot aus Backfirewall: "The Data Coffee is a lie!!"
Fazit

Das schweizer Team Naraven Games hat mit Backfirewall ein satirisches Abenteuer voller Meta-Kommentare erschaffen, das mich sehr amüsiert, aber auch an manchen Puzzle hat knabbern lassen. Die Hinweise funktionieren meist ausgezeichnet und drängen sich kaum auf.

Die Monologe von OS9 haben mir sehr gut gefallen, allerdings hätte ich seine Stimme an manchen Stellen gern häufiger gehört. Beim Rätseln habe ich mich nicht unbedingt immer gut angestellt, weshalb ich mich länger in Räumen aufhielt und mich das gelbe Auge nur durchweg anstarrte. Außerdem konnte ich mir so viel Zeit für die Rätsel nehmen, wie ich brauchte, ohne mich für meine Langsamkeit kritisiert zu fühlen. Dazwischen hatte OS9 immer etwas zu den neuen Orten zu sagen, die wir auf unserem Weg durchquert haben, und auch die anderen Charaktere sind sehr amüsant. 

Backfirewall_ ist ein First-Person-Abenteuer mit Rätseln und Fokus auf die Erzählung. Das Setting innerhalb eines Smartphones ist überzeugend umgesetzt. Die Apps und ihre Beziehungen untereinander, zu OS9, der Nutzerin und dem Update-Assistenten wirken lebendig. Fans von Meta-Humor, die schon immer einmal wissen wollten, was Apps eigentlich denken (würden), können bei Backfirewall_ bedenkenlos zugreifen. 

Herzlichen Dank an All in! Games für die Bereits des Testmusters. Getestet auf PC.