The Stanley Parable: Ultra Deluxe (Review)

Dies ist nicht die Geschichte eines Mannes namens Stanley. Wer möchte schon von einem derart widerspenstigen Charakter hören? 

Dies ist die Geschichte des Erzählers. Eines Erzählers, der mit Hingabe und Herzblut eine bedeutsame Geschichte webt. Der darunter leidet, dass seine Hauptfigur jegliche Kooperation verweigert.

Das ganze Geschwafel von „Entscheidungen“, von „freiem Willen“ und „Vorbestimmung“? Wissen wir, das ist ein Spiel, die möglichen Wege sind vorgegeben. Abgesehen von denen natürlich, die den Entwicklern von The Stanley Parable damals nicht aufgefallen sind. In gewisser Weise trifft das auch wieder auf The Stanley Parable: Ultra Deluxe zu.

Interessiert mich nicht. Wusste ich auch vorher schon und deshalb war mir von vornherein klar, dass es nicht den „richtigen“ und den „falschen“ Weg gibt. Dass auf ein Ende der nächste Durchgang mit anderen Entscheidungen folgt.

Ist das nicht ein hübscher Farn?

Das ist zwar alles in sich schlüssig, doch wirklich mit Erwartungen brechen kann das Spiel in dieser Hinsicht nicht mehr. Ja, The Stanley Parable begibt sich auf die Meta-Ebene und behandelt, wie wir Spiele spielen. Überraschen kann das aber nicht mehr, wenn man das schon weiß.

Wer diesen Artikel liest, ohne The Stanley Parable zu kennen … entschuldigt bitte die Spoiler. Ich werde mich zurückhalten, was die Inhalte von Ultra Deluxe angeht. Die einzelnen Witze und Enden werde ich natürlich allgemein nicht vorweg nehmen.

Geschichten erzählen

Anfang des Jahres habe ich The Stanley Parable gespielt. Dass ich jetzt schon die Ultra-Deluxe-Version gespielt habe, deutet schon darauf hin, dass das Spiel etwas für mich richtig gemacht hat. Meine Begeisterung habe ich schon sehr knapp in den Most Wanteds für April zum Ausdruck gebracht. Wobei ich zugeben muss, dass das Besenkammer-Ende zwar großartig ist, aber strenggenommen nicht mein tatsächlicher Favorit. 

… Aber Moment, hatte ich nicht versprochen, keine Enden zu erwähnen? Spielt selbst, und ihr werdet verstehen.

Was mich sofort gepackt hat, war der Erzähler.

… ich würde sowas ja nie tun.

Ich verfasse selbst Geschichten und bin Teil verschiedener Schreibgruppen. Der Moment, wenn ein Charakter nicht das tut, was der Erzähler von ihm will? Der lieber stirbt, als die Geschichte voranzubringen? Oder manchmal einfach gar nichts mehr tut? Das alles kenne ich sehr gut. Wenn nicht aus eigener Erfahrung, dann von anderen Schreibenden.

Insgesamt ist die Geschichte, die sich der Erzähler ausgedacht hat, vielleicht nicht die ausgefeilteste. Zugegeben, das sind meine auch nicht unbedingt. Aber es gibt immer Potenzial nach oben. Und The Stanley Parable ist wie eine “Choose Your Own Adventure”-Geschichte, also ist ein einzelner Erzählstrang nicht alles, was zählt.

Auf jeden Fall habe ich sehr mit dem Erzähler mitgefühlt. Trotzdem war es ein Riesenspaß, einmal die andere Seite einzunehmen und den widerspenstigen Charakter zu spielen. Jedenfalls, wenn es nicht darum ging, Stanley zu töten. Bei den entsprechenden Enden habe ich mich auch beim erneuten Spielen etwas unwohl gefühlt. Trotzdem musste ich sie natürlich noch einmal miterleben.

Ich bin ein REBELL
Mehr als ein Ende finden

Abgesehen von dem Gerede über die Existenz oder das Fehlen freier Entscheidungen, bietet The Stanley Parable ebenjene Entscheidungen, um die es geht. Höre ich auf den Erzähler oder tue ich das Gegenteil? Linke oder rechte Tür?

Unweigerlich wiederholen sich manche Abschnitte. Manch einer wünscht sich vielleicht, diese Stellen überspringen zu können, um bei der nächsten Wahloption die andere Entscheidung zu treffen. Gruselige Vorstellung. 

Aber ich möchte auch die Knöpfe nicht unerwähnt lassen. Stanley liebt Knöpfe. Er könnte den ganzen Tag nichts anderes tun, als Knöpfe zu drücken.

Große Knöpfe, kleine Knöpfe. Knöpfe mit Nummern. Knöpfe mit unterschiedlichen Tönen. Ein Raum voller Knöpfe wäre das Paradies für Stanley.

Natürlich, die Knöpfe wurden nicht zufällig irgendwo platziert. Aber das heißt nicht, dass ich sie nicht drücken will.

So winzig!
NEU NEU NEU

Es gibt auch neue Knöpfe! Ich konnte kaum aufhören, sie zu betätigen und zuzuhören.

Als ich The Stanley Parable: Ultra Deluxe begonnen habe, wusste ich nicht, was mich erwartet. Wie die neuen Inhalte implementiert sein würden. Aber verpassen lassen sie sich nicht. Abgesehen von denen natürlich, die man vielleicht doch übersieht. Denn das alte The Stanley Parable ist weiterhin vorhanden und die neuen Inhalte sowohl abgekapselt, als auch integriert.

Zuerst war ich begeistert von den neuen Inhalten. Dann ernüchtert. Zu linear war mir der neue Abschnitt, auch wenn der Erzähler und der skurrile Humor mich weiterhin unterhalten haben. Mir fehlte die Suche nach anderen Wegen, so offensichtlich sie auch sein mochten.

Doch wären die neuen Inhalte The Stanley Parable, dann umfasste der Anteil, der mich fast enttäuscht hat, die Strecke von Stanleys Büro bis zu den zwei offenen Türen. Danach geht es erst richtig los.

Im Grunde lassen sich die meisten neuen Inhalte auf ein einzelnes neues Element zurückführen. Es ist erstaunlich, wie viel eine winzige Kleinigkeit verändern kann.

So sah mein Monitor 2013 aber nicht mehr aus.

Der Erzähler auf Meta-Ebene scheint auch hier wieder durch. Ein Erzähler, der das Originalspiel von 2013 kennt. The Stanley Parable: Ultra Deluxe blickt in die Vergangenheit, aber auch in die Zukunft. Und manchmal auch nirgendwohin.

Schwarze Bildschirme sind schon manchmal ein wenig unheimlich. Leere Gänge übrigens auch. Besonders mit Papier auf dem Boden. Oder offene Türen in ein finsteres Zimmer. The Stanley Parable: Ultra Deluxe ist bei Weitem kein Horrorspiel, nutzt aber einige Elemente, die in mir ein leichtes Unwohlsein hervorrufen. Auch wenn nie irgendetwas passiert, wenn ich mich gerade etwas grusele.

Doch zurück zu den neuen Inhalten. Ich habe nach neuen Enden gesucht und sie gefunden. Jedes Mal, wenn ich dachte, ich hätte alles gesehen, ist mir im Nachhinein doch noch etwas eingefallen, das ich ausprobieren wollte. Da traf es sich gut, dass es sogar einen Anreiz gibt, das Spiel mehrfach zu starten. Natürlich kann man das Spiel beenden und sofort wieder öffnen. Ich habe die neuen Inhalte über mehrere Tage verteilt erlebt.

The Stanley Parable: Ultra Deluxe hat mich an vielen Stellen überrascht. Ich war begeistert von den Auswirkungen kleiner Veränderungen. Ich habe mehr als einmal lauthals gelacht (Entschuldigung an alle, die ich damit vielleicht gestört habe). Manches Mal war ich aber auch entsetzt. Das war großartig.

Besonders gefreut hat mich auch, dass es in The Stanley Parable: Ultra Deluxe jetzt endlich auch ein besonders wichtiges Element von Spielen vertreten ist. Keine Cosmetics, bedauerlicherweise, aber man kann nicht alles haben.

Irgendwann ist die Geschichte dann doch zu Ende

The Stanley Parable: Ultra Deluxe hat mich veralbert, aber ich habe mich gerne veralbern lassen. Die Meta-Ebene entfernt sich vom Spielerverhalten, bleibt aber doch bei den Spielererwartungen. Ein einzelner Abschnitt war für meinen Geschmack zu linear, bietet jedoch wie das gesamte Spiel viel Humor und einen großartigen Erzähler.

Ich habe vor einem halben Jahr The Stanley Parable gespielt. Aber es ist egal, wann jemand das Originalspiel zuletzt gespielt hat. Der Anfang wird bekannt sein, doch dann bietet Ultra Deluxe so viel mehr als noch einmal The Stanley Parable.

Interessante Form, bestimmt ist die zufällig entstanden.

Herzlichen Dank auch an die Entwickler bei Crows Crows Crows, dass sie einen spezifischen Wortwitz nicht gemacht haben. Denn nun kann ich alle auffordern, ein Crowbook zu suchen.

Auch für den Neueinstieg ist The Stanley Parable: Ultra Deluxe geeignet. Nichtsdestotrotz ist es hilfreich, die schwieriger zu findenden Enden des Originalspiels zu kennen. Aber selbst, wenn man diese ausklammert (oder im Internet nachliest, wie sie zu finden sind), bietet das Spiel sehr viel Unterhaltung.

Geht nicht nach draußen. Spielt The Stanley Parable: Ultra Deluxe.

Gespielt auf Xbox One S.