Kao the Kangaroo (2022, Review)

Einer der ersten großen Hits aus Polen war der Dreamcast-Titel Kao the Kangaroo. Nach dem relativ erfolgreichen zweiten Teil auf GameCube, Xbox und PlayStation 2 und einem nur in Polen veröffentlichten dritten Teil für den PC war es aber lange Jahre ruhig um das boxende Känguru und so kam es nicht wenig überraschend, dass Tate im vergangenen Jahr ein Wiedersehen mit Kao in Aussicht gestellt hat. Kao the Kangaroo, so der Titel des 2022er Titels, ist trotz Namensgleichheit kein Remake oder Remaster des Dreamcast-Spiels sondern ein komplett neues Spiel, das inhaltlich entweder ein Neustart oder ein Prequel zu den bisher erschienen Spielen ist.

In Kao the Kangaroo schlüpft man in die Rolle des namensgebenden Beuteltiers und muss sich auf die Suche nach seiner Schwester machen, die nach dem Verschwinden von Kaos Vater entführt wurde. Unterstützt wird Kao bei der Suche nach seiner Schwester von einem grummeligen alten Koala, der nicht nur das grundlegende Moveset erklärt, sondern dem Spieler darüber hinaus hilft, das jeweils nächste Spielziel zu finden. Die Geschichte wird in zahlreichen Videosequenzen mit englischer Vertonung und deutschen Untertiteln erzählt und nimmt, bedenkt man den doch recht abgedroschenen Plot, einen erstaunlich großen Raum im Spiel ein. Wen die leider oft etwas unbeholfen wirkenden Storysequenzen stören, der muss sich aber nicht grämen, denn ein einfacher Knopfdruck erlaubt das Überspringen jeglicher Sequenzen.

Spielerisch ist Kao the Kangaroo nach zwanzig Jahren natürlich nicht eine unmittelbare Fortschreibung der Vorgänger, sondern geht eigene Wege, ohne aber allzu weit von der Grundidee der Vorgänger abzuweichen. Durch insgesamt vier Welten zu je zwei bis drei Hüpflevels und einem Endgegner führt den Spieler die Reise. Die Level selbst sind von einem ordentlichen Umfang, so dass man als mittelmäßig geübter Spieler wahrscheinlich sieben bis neun Stunden mit dem Spiel zubringt, bevor der Abspann über den Bildschirm flimmert. Wenngleich die Level selbst ziemlich gradlinig gestaltet sind, sind die vier Hubwelten des Spiels eher an klassische Collectathon-Level angelehnt und laden zur Erkundung ein. Statt einfach nur als Zugang zu den Levels zu dienen, gibt es hier auch einige kleine Sprungpassagen und versteckte Sammelgegenstände. Leider nimmt die Designqualität der Oberweltengebiete aber mit dem Spielfortschritt ab. Während die erste Oberwelt noch ein vollwertiges Collectathon-Level darstellt, nähert sich die vierte Oberwelt verhältnismäßig stark einem elaborierten Levelauswahlbildschirm an. Die eigentlichen Level hingegen sind durchweg von guter Qualität.

Die Hauptlevel, die auf Grund ihrer Zugangsbeschränkungen in fester Reihenfolge gespielt werden müssen, erinnern spielerisch ein wenig an Crash Bandicoot, sind aber deutlich weniger eng gestaltet als die Spiele des Nasenbeutlers. In jedem Fall spricht Kao the Kangaroo deutlich stärker den Sammeltrieb an, denn es gibt eine Vielzahl von Sammelgegenständen in den Levels aufzulesen. Die 50 Relikte, die den Zugang zu den Levels ermöglichen, sind an die Hauptaufgaben in den Levels gebunden und sind größtenteils kaum zu verpassen. Hinzu kommen knapp 200 Kristalle, die über alle Level verteilt sind und eine Besonderheit mit sich bringen: Stirbt man nach dem Sammeln eines Kristalls, aber vor Erreichen eines Checkpoints, verliert man auch den Kristall. Das gilt hingegen nicht die die KAO-Buchstaben, die es in jedem Level zu sammeln gibt. Weder bei den Kristallen, noch den KAO-Buchstaben wäre mir aber ein Nutzen über die Sammelei hinweg bekannt. Wer sich mit den Kämpfen schwertut, der sollte die Augen nach den Herzteilen aufhalten, die in den Levels verstreut sind und in der Oberwelt gegen Münzen erstanden werden können. Mit ihnen kann man seine maximale Lebensenergie von drei auf zehn Herzen erhöhen und da der Schwierigkeitsgrad der Kämpfe nur sehr moderat steigt im Verlauf des Spiels, sind die zusätzlichen Herzen eine echte Erleichterung.

Schließlich gibt es in den meisten Levels noch versteckte Zusatzgebiete, insgesamt 14 über das Spiel hinweg, in denen man entweder in einer Arena gegen fünfzehn kleine Gegner in Wellen bestehen muss oder aber, wesentlich häufiger, etwas kniffligere Sprungpassagen absolvieren muss. In diesen Zusatzgebieten kann man stets auch einige Kristalle einsammeln, die nicht zu der Gesamtzahl der Kristalle im jeweiligen Level zählen. Die Zusatzgebiete kann man nach einmaligem Abschluss auch in der Oberwelt direkt auswählen.

Die Kämpfe im Spiel sind relativ simpel. Kao kann mit dem X-Knopf einen schnellen Angriff durchführen und, wenn man viele Angriffe am Stück landet, eine Energieleiste aufladen, die einen starken Schockangriff mit dem Y-Knopf ermöglicht, mit dem man mehrere Gegner auf einen Schlag umwerfen und schädigen kann. Schließlich hat Kao auch einen Rollangriff auf dem B-Knopf, der gleichermaßen als Angriff und für das Ausweichen genutzt werden kann. Die normalen Kämpfe im Spiel sind anspruchslos und leider recht zahlreich, stören aber zum Glück nicht sonderlich, da die Gegner meistens schnell abgeräumt sind. Die vier Endgegner sind hingegen etwas komplexer und kommen jeweils mit drei Phasen daher. Die Endgegner stecken meinem Empfinden nach etwas zu viel ein bevor sie fallen, aber dank der zahlreichen Zusatzherzen, die man im Spiel finden kann, dürften die Endgegner auch wenig geübte Spieler nicht lange aufhalten.

Der Schwierigkeitsgrad der Sprungpassagen im Spiel ist moderat fordernd. Das Spiel dürfte Jump & Run-Fans nicht allzu stark fordern, aber gleichzeitig nicht trivial wirken; für jüngere Spieler oder Spieler, die vorrangig an anderen Genres interessiert sind, dürfte Kao fordernd, aber nicht überfordernd sein. Eine Ausnahme in dieser Hinsicht sind die gelegentlichen Rätselelemente in der dritten und vierten Welt, die geradezu außergewöhnlich leicht sind. Blockschieberätsel, bei denen die einzige mögliche Interaktion zur korrekten Lösung führen sind, gerade wo keinerlei Geschicklichkeit involviert ist, im Grunde genommen Zeitverschwendung. Allerdings haben die Entwickler dieses Element auch nur sporadisch eingesetzt, so dass es spielerische nicht sonderlich ins Gewicht fällt.

Kao the Kangaroo ist ein gelungenes Comeback des Hüpfhelden und wäre für Jump & Run-Fans, gerade auch in Anbetracht des günstigen Preises zum Erscheinen von 30€, auf jeden Fall eine Empfehlung wert. Basierend auf der Qualität des Spieldesigns und der unterhaltsamen Spielmechanik wäre Kao the Kangaroo wie folgt zu bewerten:

Doch an dieser Stelle kommt ein großes Aber: Die technische Umsetzung ist absolut mangelhaft. Es gibt eine Reihe lässlicher Probleme, die Musik setzt immer mal wieder aus, es gibt einige optische Makel und wenn man das Spiel lange am Stück spielt, wird die Framerate zunehmend in Mitleidenschaft gezogen. Zudem sind einige Achievements auf Xbox und PlayStation fehlerhaft. Das alles wäre allerdings nichts, was dem Spiel das Genick brechen würde. Allerdings hat Kao the Kangaroo ein Problem, das viel gravierender ist: Das Speichersystem funktioniert nicht.

In Kao wird automatisch nach dem Sammeln bestimmter Gegenstände und nach dem Abschluss eines Levels der Fortschritt gespeichert. Leider ist es in meinem Test zunächst einmal zwei Mal vorgekommen, dass das Spiel ab einem gewissen Punkt – noch mitten in der ersten Welt – den Spielstand augenscheinlich nicht weiter gespeichert hat. Das ließe sich durch regelmäßiges Verlassen des Spiels noch beheben, aber zu allem Überfluss werden hierbei auch noch Spielstände erzeugt, die nicht mehr durchspielbar sind, da die Oberweltentrigger für die Level, in denen man sich befindet, nicht mehr aktiviert werden können. Das heißt, dass effektiv jedes Mal, wenn ich das Spiel verlassen habe, der Spielstand zerschossen wurde.

Bei meinem dritten Anlauf habe ich dann das Spiel komplett am Stück ohne die Xbox auszuschalten durchgespielt. Das hat funktioniert, auch wenn die mit der Zeit schlechter werdende Framerate sich als unangenehm erwiesen hat. Dass Kao zuvor bereits zwei Mal komplett abgestürzt ist, hing allerdings bei meinem Durchlauf die gesamte Zeit wie ein Damoklesschwert über meinem Kopf. Nach Abschluss des Spiels habe ich meinen Spielstand noch einmal geladen und auch in diesem Fall wurde ich mitten im zweiten Level der ersten Welt abgesetzt und hatte einen defekten Spielstand. Dieser Bug soll Tate nach im Laufe dieser Woche gepatcht werden. Wenn der Bug tatsächlich behoben wird, kann die obige Wertung für Spieler, die auf Patches zurückgreifen wollen, als Gesamtwertung verstanden werden. Bis dahin – und für reine Offlinespieler natürlich auch darüber hinaus – muss ich, jedenfalls auf der Xbox One, auf der ich das Spiel gespielt habe, zur folgenden Wertung greifen:

Getestet auf Xbox One X. Vielen Dank an Tate Multimedia für die Bereitstellung des Testmusters.