Souldiers (Review)

Artwork zu Souldiers

Wie ich bereits vor wenigen Wochen erzählt habe, ist mir das erst kürzlich erschienene Steam Deck direkt ans Herz gewachsen. Kein Wunder also, dass ich auch meine Testmuster für euch direkt auf dem wuchtigen Handheld ausprobiere. Doch die Tage kam mit Souldiers ein Spiel ins Haus geflattert, bei dem ich aus unterschiedlichsten Gründen mehr oder weniger wieder davon abgewichen bin. Eine kleine Rückkehr zum stationären PC sozusagen. Was wäre wohl möglich für den kleinen Indie-Titel in dieser Review gewesen, wenn ich von Beginn an optimale Bedingungen vorgefunden hätte?

Mit den Souldiers in das Reich der Walküren

Krieg lauert am Horizont (blödes Thema derzeit, ich weiß) und unsere tapfere Gruppe von Soldaten, Bogenschützen und Magiern macht sich dazu bereit, in die Schlacht zu ziehen. Vielleicht hätte man sich allerdings keine Höhle als Rastplatz aussuchen dürfen. Ein unerwarteter Erdrutsch schließt unsere Held:innen ein und der einzige Ausweg wird uns von einer Walküre eröffnet. Diese mythischen Kriegerinnen begleiten Soldaten und andere Kriegsheroen in eine Welt fernab des Todes und nur dort haben wir eine Chance zu überleben. 

Selbstverständlich lassen wir uns nicht zweimal bitten und begleiten nach der Wahl unserer Klasse (Soldat, Schütze, Magier) die Walküre in die andere Welt. Doch Terragaya ist nicht ganz das, was wir erwarten durften. Kein Elysium der Ruhe nach Jahrzehnten des Krieges. Stattdessen neue Herausforderungen und eine unwirtliche Welt, die ihrerseits einer großen, düsteren Bedrohung gegenüber steht. Krieg lässt halt selten los, wenn man ihn einmal erlebt hat.

Screenshot aus Souldiers
Rettung in höchster Not?

Insgesamt entspinnt sich in Souldiers eine solide, aber doch recht typische Fantasy-Geschichte. Wir treffen auf ein paar seltsame Figuren, bekämpfen allerlei mythologisch angehauchter Wesen und beschützen Terragaya heldentypisch davor aus den Fugen zu geraten. Auf unserer Reise reisen wir zudem durch die “üblichen” Verdächtigen von Level, dunkle Höhlen, Wüsten, Sümpfe – ihr kennt diese Ortschaften zu Genüge. Und bezwingen dabei mal mehr, mal weniger bekannte Ungeheuer. Doch diese eher genreüblichen Elemente sind kein Makel, wird doch aufgrund der musikalischen Untermalung, aber allen voran dem Pixelart-Stil Souldiers sehr charmant präsentiert. Ungewöhnlich charmant für den Umstand, wie mich das Spiel konstant durch die Mangel zu drehen versucht.

Ein Spiel, mich zu knechten

Souldiers ist im Kern ein Metroidvania-Rollenspiel, welches unterschiedliche Elemente aus beiden Genres nimmt und sorgsam miteinander verknüpft. Dabei ist es das Zusammenspiel aus Level- und Gegnerdesign sowie Progression und Kampfgameplay, welches Souldiers zu einem unerwartet herausforderndem Spiel macht. Ich habe öfter an meinem Verstand gezweifelt, aber ja: Ich fand diesen kleinen Indie-Titel stellenweise weitaus fordernder als mein aktuelles Spiel des Jahres. Und das Bezwingen schier unüberwindlicher Hindernisse erschien mir zuweilen – zufriedenstellender? Ich denke, dies ist eine persönliche Sache, aber eine interessante Beobachtung für mich.

Auf alle Fälle ist Souldiers einer der ersten Titel seit Jahren für mich gewesen, der mich dazu “zwang” meinen Schwierigkeitsgrad herab zu stellen. Die Gründe sind dafür vielfältig, manche feiere ich regelrecht, ein paar andere Aspekte wirken auf mich nicht hundertprozentig abgestimmt. 

Mein persönliches Highlight ist das ungewöhnlich anspruchsvolle Kampfgameplay. Leichte und starke Angriffe sowie Blocken oder Kontern für den direkten Konflikt. Sprünge und Ausweichrollen für Flexibilität im Platforming. Eigentlich kein ausgefallenes Moveset, wenn man sich eine Weile im Genre bewegt hat. Aber vereinzelte Aspekte sorgen für den eigenen, individuellen Flair. Ausweichen ist beispielsweise nicht Animations- oder Ausdauer-abhängig, sondern wird durch einen kurzen Cooldown eingeschränkt. So wird eine zu frühe Rolle stärker als in vergleichbaren Spielen bestraft, in denen wir für mal mehr oder weniger kurze Zeiten öfter ausweichen können. Spätestens nach dem ersten großen Dungeonboss sollte man allerdings gelernt haben, dass Sprünge ebenfalls ein sehr gutes Mittel sind, um Angriffen auszuweichen, sofern das Blocken noch nicht reibungslos klappt.

Screenshot aus Souldiers

Was dich nicht umbringt, macht dich stärker

Sprünge sind wahrscheinlich die flexibelste Form der Fortbewegung in Souldiers, vor allem wenn im Verlauf genretypische Ergänzungen hinzukommen. Egal ob beim Platforming innerhalb der Level oder während eines Kampfes, nur wer flink auf den Füßen ist, wird Souldiers heil bestehen können. Zumindest ist dies bei mir der Fall gewesen, denn Blocken oder Kontern sind seltener von Erfolg gekrönt worden. Ein erfolgreicher Block verringert eine Ausdauerleiste, die euch schutzlos zurück lässt, sobald sie aufgebraucht wurde. Ihre Regeneration dauert eine Weile, weshalb es unabdingbar ist, defensive und evasive Taktiken der Situation angemessen meistern zu können.

Es hilft dabei, dass das Gegnerdesign ästhetisch sowie gameplaytechnisch sehr variabel ist. Viele Angriffe habe ich zwar schwer auf dem kleineren Bildschirm des Steam Deck vorhersehen können, mein Abstecher zum PC offenbarte allerdings, dass dies kein Problem des Spiels, sondern meiner persönlichen Hardware ist. Die Kämpfe machten auf dem PC mit großem Bildschirm aufgrund besserer Übersicht und wahrscheinlich auch besserem Controller-Gefühl wesentlich mehr Spaß. Was nicht bedeutet, dass sie auf dem Handheld keinen Spaß machten. Souldiers besitzt eine Eigenart, die ich mir von From Software-Titeln versprochen habe – ein Gefühl dafür, für meine eigene Leistung belohnt zu werden. Ich merke mir nicht Muster oder verfalle in Zahlenspielereien, um Gegner zu bezwingen, sondern werde stetig besser. Und während mir Elden Ring dieses Gefühl seltener gab, hatte ich es sehr oft in Souldiers. Wer hätte dies erwartet? Ich nicht.

Bereits die kleinen Gegner machen aufgrund ihrer Angriffsmuster zuweilen Schwierigkeiten, auch wenn es an mancher Stelle der Level eventuell der ein oder andere Feind weniger auch getan hätte. Ein wahres Highlight sind allerdings die Bosskämpfe, die einerseits klar erkennbare Muster haben, aber zugleich viel Skill in nahezu allen Aspekten des Kampfsystems erfordern. Ich liebe beispielsweise einen Skorpion, den wir nur durch vereinzelte Platforming-Sequenzen bezwingen können. Gerade die “letzte” Phase dieses Bosses hat mich erst Hirnschmalz gekostet, dann mein ganzes Können abgerungen, um schließlich nach gefühlt tausenden Versuchen voranschreiten zu können. Ich hatte sehr oft das Gefühl, dass ich “zu schlecht” war, und nicht andere Aspekte für meinen Fortschritt verantwortlich waren.

Unbeugsamer Krieger der Elemente

Dazu passt es auch, dass der Rollenspielanteil auf das Nötigste beschränkt wird. Wir können unsere Standardausrüstung aufwerten und erhalten für jeden Gegner Erfahrungspunkte. Zudem steht uns ein Ausrüstungsslot zur Verfügung, um spezielle aktive oder passive Fähigkeiten bzw. Verbesserungen unser Statuswerte zu erhalten. Wirklich schnell besser wird man in dieser Zahlenakrobatik nicht. Gerade zu Beginn von Souldiers sind sinnvolle Verbesserungen Mangelware, da das Spiel vergleichsweise wenig Ressourcen zur Verfügung stellt. Am effektivsten sind Lebenspunkt- und Manaupgrades, diese sind allerdings in den Leveln versteckt und der Weg dahin ist lang und beschwerlich. Da selbst auf dem niedrigsten Schwierigkeitsgrades die Gegner kein Nachsehen besitzen, schmelzen unsere Lebenspunkte schnell dahin, wenn wir nicht besser auf uns aufpassen.

Screenshot aus Souldiers

Doch selbstverständlich sind wir selbst nicht gänzlich wehrlos. Zu unseren normalen Angriffen gesellen sich mit der Zeit zahlreiche Ausrüstungen hinzu wie Bomben oder Dolche, die sich auf der Basis von Scherben aus ganz Terragaya wieder auffüllen können. Zudem erhalten wir Relikte, um nach und nach neue Fähigkeiten freizuschalten. Dazu erhalten wir storymäßig eine Reihe von Orbs, die uns die Macht einzelner Elemente geben.

Innerhalb des Kampfsystems können diese Elemente Schaden auf vielfältige Weise verändern. Wir teilen mehr oder weniger aus, stecken mehr oder weniger ein. Manche Gegner heilen wir unerwartet, während andere anderweitig immun sind. Dies gibt den Kämpfen noch einmal eine gänzlich andere Ebene, gerade wenn Gegnergruppen positioniert sind, die unterschiedliche Schwachstellen und Stärken besitzen. 

Terragaya, unendliche Weiten

Zusätzlich stellen die Elemente neben Schlüsseln oder anderen Artefakten eine zusätzliche Fähigkeit dar, um Levelabschnitte freizuschalten. Kristalle erschaffen beispielsweise mit einem Schlag als Sand-Souldier vorher unsichtbare Plattformen. Kleine blaue Roboter brauchen einen kurzen Stupser mit dem Stromschwert, um in Gang zu kommen. Leider sind die meisten Levelabschnitte zu autark von den anderen getrennt. Die Rückkehr zu alten Dungeons aufgrund einer neuen Fähigkeit wirkt ein wenig erzwungen und ist in den weitläufigen Leveln zu selten, um homogen zu wirken.

Die Größe der Level ist für mich zweischneidig. Einerseits finde ich die einzelnen Passagen sehr kreativ und es gibt eine gute Mischung aus Kampf und Platforming. Langweilig wird es nie, es sei denn die Herausforderungen stellen keine mehr da. Denn andererseits sind die Passagen stellenweise viel zu lang bis zum nächsten Speicherpunkt. Manche Abschnitte habe ich häufig wiederholen müssen, weil meine eigenen Fähigkeiten noch nicht gut genug waren, um mit den wenigen Ressourcen optimal hauszuhalten. Gleichzeitig können wir diese Ressourcen (allen voran Heiltränke) nur selten bei Händlern auffrischen. In den Level sind diese selbst rar gesät. Automatische Checkpoints sorgen zudem zuweilen dafür, dass wir in den großen Leveln plötzlich mit sehr wenigen Ressourcen einer wirklich großen Herausforderung gegenüberstehen.

Es wäre wahrscheinlich besser gewesen, wenn gerade zu Beginn die einzelnen Dungeons ein wenig kompakter wären. Die Größe mancher Bereiche ist schon erstaunlich, dennoch bekommt es Souldiers gut hin, mit steten Wechseln für Abwechslung und mit Verzweigungen für ein recht lineares Erlebnis zu sorgen. Die Designdichte ist hoch und lässt erst bei manchen Gegnerhorden – wie vorhin bereits erwähnt – Schwächen durchschimmern. Gerade bei der Schwierigkeit einzelner Abschnitte ist dies auffällig und bringt ein ansonsten sehr faires, herausforderndes Spiel ins schlingern.

Screenshot aus Souldiers
Vorsicht, hinter dir! Eine einköpfige Fledermaus!

Meine (temporäre) Rückkehr zum PC

Ebenso schlingert mein Gesamteindruck, wenn ich versuche Souldiers auf PC und auf Steam Deck miteinander zu vergleichen. Ich hatte auf dem kleinen, kraftvollen Handheld sehr viel Spaß mit Souldiers, allerdings gab es immer wieder technische Makel, über die ich nicht hinwegsehen kann. Kennt ihr noch das Testbild, wenn ein Fernsehsender kein Signal aussendet? Dies wurde mir anstelle des Logos von Retro Forge zu Beginn sowie der Tutorialvideos im Skilltree angezeigt. Was eine schrullige Sache!

Gleichzeitig sind allerdings auch die Ladezeiten auf dem Steam Deck recht hoch. Bis zu einer halben Minute konnte es schon dauern, das Gebiet zu wechseln. Von enormen Framerate-Einbrüchen nach dem Speichern oder Schnellreisen ganz zu schweigen. Dies hatte zum Glück wenig Auswirkungen auf das Spielgeschehen, dennoch schlich sich in mir das Gefühl ein, dass die Controller-Eingaben – allen voran der Wechsel der Elemente über den rechten Stick – unpräzise waren. Doch erst ein komplettes Einfrieren des Spiels nach dem Ruhemodus des Steam Deck überzeugte mich, auf den PC zu wechseln. Es wiederholte sich nicht, aber noch einmal Fortschritt verlieren wollte ich dann auch nicht mehr. Ob dies an Steam Deck oder den Hintergründen von Souldiers selber liegt, lässt sich schwer beurteilen. Da meine Kollegin Janine über ihr Switch-Muster allerdings ähnliche und stellenweise schlimmere Dinge berichtete, vermute ich, dass Retro Forge ein technisch zu hungriges Spiel entwickelt hat.

Bestätigt hat mir das mein stationärer PC, der – ohne ins Detail gehen zu wollen – recht potente Technik sein Eigen nennt. Souldiers lief auf ihm weitestgehend problemlos, Framerate wurde nur selten überstrapaziert und das TV-Signal war verschwunden. Allerdings muss man hier zugeben, dass der größere Bildschirm ein wenig der Schönheit des Pixelarts geschadet hat. Wichtiger ist da, dass mein Gefühl verschwunden war, Eingaben wären unpräzise. Kämpfe fühlten sich noch flüssiger an, allerdings ist es schwer zu sagen, ob dies an Souldiers oder am weitaus besseren Xbox Series-Controller lag.

Summa Souldiers Summarum

Selten fiel es mir so schwer und doch so leicht zugleich, einem Spiel seine verdiente Wertung zu geben. Viel negative Energie, die ich Souldiers gegenüber empfand, lag in meiner eigenen Unzulänglichkeit begründet. Ich habe mir die Zähne ausgebissen, wie selten zuvor in einem Spiel mit Kampffokus. Aber genauso selten habe ich mich nach jeder Herausforderung aufs Neue bestärkt gefühlt, da Kampfsystem und Leveldesign so motivierend sind.

Souldiers ist kein perfektes Spiel, es verbindet gekonnt wohlbekannte Elemente seiner Genres und gibt nur Nuancen an Einzigartigkeit preis. Abseits der technischen Probleme, verstand es Retro Forge gut, was Souldiers als Gesamtwerk gut tut. Kurzzeitige Schwächen kommen bei einem solch komplexen Werk immer dazu. Doch solange die Gesamterfahrung positiver Natur ist, kann ich gar nicht anders und spreche eine Empfehlung aus. Als Debüttitel für Retro Forge ist Souldiers auf alle Fälle aller Ehren wert. Gerne mehr von den Spaniern!

Getestet auf Steam Deck und auf PC. Ein herzlicher Dank geht an Dear Villagers für die Bereitstellung des Mustercodes.