Unstrong: Space Calamity (Review)

Titelbild Unstrong: Space Calamity für Gewinnspiel

Manchmal geht es schneller als man denkt: Vor wenigen Monaten erst habe ich an dieser Stelle das 3D Jump & Run Heart Chain Kitty von origamihero besprochen, rechtzeitig zu Nikolaus steht jetzt der Nachfolger Unstrong: Space Calamity auf dem Plan. Wer sich in Anbetracht des Umfangs der Spiele wundert, dem sei gesagt, dass Heart Chain Kitty schon mehrere Jahre auf dem PC erhältlich war und die Switch-Version nur ein Port war, wohingegen Unstrong: Space Calamity ein von Grund auf neu designtes Spiel ist.

In Unstrong gibt es im Vergleich zu Heart Chain Kitty einen Rollentausch: Die hilfreiche Wissenschaftlerin Glasses schlüpft hier in die Hauptrolle, wohingegen die pummelige Katze Kittey nur eine Nebenrolle einnimmt. Doch es steht wieder einmal nicht weniger auf dem Spiel als die ganze Welt. Diese ist nämlich zerbrochen und die einzelnen Teile der Welt sind im Weltall verstreut. Nun ist es an Glasses, mit ihrem selbstgebauten Raumschiff herauszufinden, was die Ursache dieser misslichen Lage ist und wie sie sich beheben lässt. Auch die Geschichte von Unstrong entpuppt sich dabei alsbald als kleines Familiendrama. Die Geschichte wird in Echtzeitsequenzen mit Bildschirmtexten vorangetrieben und kann mit einem recht skurrilen Humor aufwarten, der das Spiel, trotz Abkehr von der Traummechanik des Vorgängers ein wenig surreal wirken lässt.

Spielerisch ist Unstrong ein klassisches Collectathon-Jump & Run, das als zentralen Gameplay-Twist Gravitationsspielereien hat. Im Gegensatz zu Kittey kommt Glasses gleich zu Beginn des Spiels mit einem nahezu vollständigen Moveset daher, einzig einen Radar, mit dem Glasses sich Sammelgegenstände in der Umgebung anzeigen lassen kann, kann im Laufe des Spiels zusätzlich erworben werden. Glasses kann rennen, springen, mit ihrem Sternenfreund schmeißen um Gegner zu verletzen und sich in einer Art Pirouette drehen. Letzteres dient beispielsweise dazu, sich schneller fortzubewegen, seinen Sprung ein Stück zu verlängern, oder aber sich in einem Luftwirbel nach oben zu schießen.

Da die Welt in Unstrong auseinandergebrochen ist, spielt man teilweise in relativ kleinen Arealen, die zudem bisweilen in mehrere sphärische Teile geteilt sind, die jeweils eine eigene Gravitation haben. So kann man sich oftmals von einem Levelobjekt zu einem anderen abstoßen, an Wänden und Decken laufen. In dieser Hinsicht erinnert Unstrong gelegentlich an Super Mario Galaxy. Das Gravitationsfeature wird im Leveldesign sehr ausführlich genutzt und funktioniert spielerisch sehr gut. Besonders der Übergang von einem Gravitationsverhältnis zum anderen ist sehr gut umgesetzt und sorgt dafür, dass Unstrong deutlich einfallsreicher daher kommt als der Vorgänger.

Davon abgesehen ist das Leveldesign relativ kompakt und unterhaltsam, hat aber ein ähnliches Problem wie bereits der Vorgänger: Es gibt zwei verschiedene Sammelobjekte, kleine und große Sternstücke, die zu einem gemeinsamen Zähler beitragen, der immer mal wieder im Spiel als Zugangsschranke dient. Leider nutzt das Spiel nicht oder nur sehr selten das im Collectathon-Genre übliche Nudging um mit den kleinen Sammelgegenständen die Wege zu den großen Sammelgegenständen anzuzeigen. Stattdessen sind die kleinen Sternstücke einfach nur etwas leichter einzusammeln als die großen. Leider sind sie dafür auch oft recht beliebig versteckt, beispielsweise in Form von kleinen Rüben, die überall in der Welt in der Erde stecken und ausgerissen werden können. In den meisten Levels kann man dank des Itemradars dennoch halbwegs komfortabel alle Gegenstände sammeln, in manchen Levels, beispielsweise einem Level in dem Glasses durchgehend rennt, hilft diese Fähigkeit hingegen nicht. Um das Spiel durchzuspielen benötigt man allerdings ohnehin nur etwa ein Viertel der Sternstücke, was keine besonders hohe Hürde ist. Einige optionale Level sorgen außerdem dafür, dass selbst nachlässige Sammler ohne Probleme die notwendige Zahl an Sternstücken auflesen können, um das Spiel zu einem guten Ende zu bringen. Es ist nur schade, dass so die Motivation, die teilweise cleveren Designansätze voll zu erkunden, unter Umständen etwas leiden kann.

Weniger gefallen hat mir die Oberweltnavigation. Hierzu fliegt man in einem Raumschiff durch das Weltall und fliegt die verschiedenen Teile der auseinandergefallenen Welt an. Der Flug an sich ist total uninteressant, den Zugang zu den jeweiligen Levels zu suchen ist unangenehm und fummelig und der einzige spielerische Mehrwert der Oberweltnavigation liegt in einem einzelnen Fall, in dem man eine Seitenlandestelle eines Planetenstücks finden kann, um ein kleines Bonusareal zu finden. Zum Glück nimmt die Weltraumnavigation nur einen überschaubaren Rahmen ein, denn meines Erachens ist diese ein echtes Spielspaßhemmnis.

Technisch ist Unstrong: Space Calamity hinsichtlich der Qualität der Darstellung deutlich besser umgesetzt als Heart Chain Kitty, kommt also mit einer deutlich schärferen Optik daher, ohne die Framerate zu torpedieren. Allerdings hat das Spiel scheinbar ein Memory Leak-Problem. Im Laufe meiner ca. 7-stündigen Testdauer hat sich das Spiel mindestens zehn Mal aufgehangen und wurde vom Switch Betriebssystem beendet. Zum Glück speichert Unstrong in recht hoher Frequenz und scheint zudem geschickterweise üblicherweise vor den potentiell Crash-Zeitpunkten zu speichern, dennoch schaden die zahlreichen Crashs dem Gesamteindruck doch merklich. Wieder gut gefallen hat mir die Musik, die allerdings sehr nah an der Musik von Heart Chain Kitty ist.

Unstrong: Space Calamity ist ein deutlicher Schritt nach vorn im Vergleich zu Heart Chain Kitty und weiß vor allem mit seinen Gravitationsspielereien zu gefallen. Weltraumnavigation, immer noch nicht ganz optimale Nutzung der Sammelgegenstände und häufige Crashs verhindern leider eine bessere Bewertung, doch wer einen einfallsreichen Platformer mit Gravitationsspielereien sucht und über die genannten Kritikpunkte hinwegsehen kann, wird hier gut unterhalten.

Vielen Dank an origamihero für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf Nintendo Switch.