A Juggler’s Tale (Review)

Titelartwork zu A Juggler's Tale

Ich scheine sehr durchschaubar zu sein, wenn es darum geht, welches Videospiel mich spontan anspricht. »Sieht mir ein bisschen nach einem knighty-Spiel aus«, sagte unser grüner Forenhüpfdino vor wenigen Wochen auf der Suche nach einem Abnehmer für das Muster von A Juggler’s Tale. Und was kann ich anderes sagen, außer: Er kennt mich gut! Ich bin sofort aufgesprungen und bin in den vergangen Tagen in die märchenhafte Welt voller Marionetten und Puppenspieler eingetaucht. Doch bereits nach knapp anderthalb Stunden kehrte ich wieder in die Realität zurück. Ernüchtert darüber, was hätte sein können, vielleicht sogar sein müssen.

Vor langer, langer Zeit in einem fernen Land

Warum unser Forendino so sicher war, kann ich nicht sagen. Aber ich kann euch beschreiben, warum mich A Juggler’s Tale sofort ansprach. Das Spiel vom deutschen Entwicklerstudio kaleidoscube ist ein narrativer Sidescroller, ganz in der Tradition von Titeln wie Inside. Artstyle und Inszenierung orientieren sich hingegen an Puppentheatern. Die Spielfiguren sind Marionetten, die von einem Erzähler an Fäden durch das Level gelenkt werden. Die Mischung dieser Elemente versprühte einen gewissen Charme und diese Anziehung hat mich schön öfter bei einem Spiel schwach werden lassen.

Screenshot aus A Juggler's Tale. Es ist ein Kornfeld zu sehen unterhalb eines mit Wolken bedeckten Himmels. Links befindet sich im Vordergrund ein Baum, unter dem sich eine Sitzbank befindet. Auf dieser sitzt die Spielfigur Abby mit Blick auf den Horizont im Hintergrund.
Eine wunderschöne Landschaft genießt es sich am besten in Freiheit

A Juggler’s Tale sieht allerdings nicht nur optisch gut aus, sondern will auch mit Story und Gameplay punkten. Im Mittelpunkt steht das Zirkusmädchen Abby. Jeden Abend nach einer erfolgreicher Vorstellung sperrt sie der Zirkusdirektor in einen Käfig ein. Zu wertvoll erscheint ihm der Auftritt der Kleinen mit dem Bären Ursu, um sie in der unbarmherzigen Welt zu verlieren. Doch Abby sehnt sich nach Freiheit und flugs ist sie ausgebüxt. Leider engagiert der Direktor fiese Banditen, die Abby fortan auf den Fersen sind, um das kleine Mädchen wohlbehalten zurück zu bekommen. Wenn nicht der Erzähler der Geschichte an ihrer Seite wäre, stünden Abbys Chancen wahrscheinlich sehr schlecht.

Nach etwas mehr als anderthalb Stunden saß ich dann vor dem PC und betrachtete die Endcredits des Spiels. Eindeutig zu wenig Zeit für die Narrative, der ein wenig mehr Raum zur Entfaltung gut getan hätte. Der gesamte Fokus richtet sich auf das Verhältnis zwischen Abby und ihrem Puppenspieler, weswegen die anderen Figuren blass bleiben und viele Szenen sehr träge und langsam ablaufen. Stattdessen erfüllen gefühlt alle drei Sekunden kommentierende Reime des Erzählers die Szenerie, zuerst liebevoll, später hämisch. Auf Dauer wirkte dies sehr aufgesetzt, auch wenn diese Dissonanz zum Geschehen in den Endzügen von A Juggler’s Tale zumindest die richtige Stimmung erzeugte. Dennoch zieht sich alles wie ein zäher Kaugummi, obwohl die Länge des Spiels theoretisch einem Film gleichkommt.

Am seidenen Faden

An der spielerischen Front sieht es leider genauso uninspiriert aus. Wir steuern Abby nach links oder nach rechts, springen und interagieren mit Objekten. Einige wenige Objekte können wir aufnehmen und in einem sichtbaren Bogen werfen. Die Mechaniken bringt uns das Spiel sehr früh bei und sind Fundament für die kleinen Rätsel im Leveldesign. Doch abseits von einem interessanten, aber gefühlt schon häufig in Videospielen angetroffenen Bosskampf erkundet A Juggler’s Tale diese Möglichkeiten kaum. Sprünge sind unpräzise und steuern sich träge, weswegen ich froh war, dass eilige Fluchtsequenzen eher Mangelware sind. Würfe werden in der Regel immer für dieselbe Taktik angewandt. Und die Interaktion besteht in der Regel aus einem Schalter oder dem Verschieben von Objekten für weitestgehend offensichtliche Rätsel. Zudem besteht die Komplexität späterer Rätsel oftmals nur darin von einer Ecke der Umgebung in die andere zu rennen – und vice versa.

Screenshot. Darstellung des Innenraumes einer Scheune. Im Mittelpunkt steht ein Bär, der die Spielfigur Abby auf einen höhergelegenen Lastenaufzug hilft.
Mithäftlings-Bär Ursu eignet sich auch super als Fluchthelfer

Die kreativsten Möglichkeiten des Spiels beherbergen hingegen die Fäden, an denen die Marionetten hängen. Egal ob Abby oder ein Bandit – wenn Äste oder andere Hindernisse den Pfad blockieren, kommt auch die jeweilige Figur nicht vorbei. Wir müssen daher einen anderen Pfad finden oder das Hindernis aus dem Weg räumen. Die seidenen Fäden stehen zentral im Mittelpunkt des Level- und Rätseldesigns und das kreative Potenzial deutet sich an vielen Stellen an. Leider fehlt auch hier der Raum zur Entfaltung. Viele Kniffe im Design sind angedeutet, aber nicht weiter, geschweige denn zu Ende gedacht. Und so bekam ich im großen und ganzen das Gefühl, dass der Wille zu mehr da war, dem Entwicklerteam aber ein wenig die Ambition fehlte die Extrameile zu gehen.

A Juggler’s Tale bleibt hinter seinen Möglichkeiten zurück

Auch wenn das Spiel am Anfang wie für mich gemacht schien, konnte mich A Juggler’s Tale am Ende leider nicht zufrieden stellen. Dabei ist der Sidescroller kein schlechtes Spiel. An vielen Stellen ist die Liebe zum Detail spürbar, die Optik ist gut und die seidengleiche, spielerische Idee macht Lust auf mehr. Doch ich muss auch konstatieren, dass es zugleich kein gutes Spiel ist. Das simple Konzept wird nur selten ausgekostet, stattdessen hängt sich A Juggler’s Tale narrativ und spielerisch an einen seidenen Faden, der nur sehr selten unter Spannung steht. Die trotz seiner Kürze doch recht ausufernden Sequenzen voller Leerlauf, stören den Spielfluss und gestalten das Spiel sehr träge. Dadurch keimt Langeweile auf, die in einem Titel dieser Art, mit diesen kleinen Funken an Einfallsreichtum und dieser Kürze nicht aufkeimen darf.

Getestet auf PC via Steam. Ein herzlicher Dank geht an kaleidoscube für die Bereitstellung eines Mustercodes!