Abenteuer Spieleentwicklung – Teil 2: Ein erstes Produkt

Nach einer ersten Kennenlernphase mit Unity habe ich mich im August 2015 entschieden, der Entwicklung auf Nintendo Heimkonsole Wii U eine Chance zu geben und das Dev Kit aus den USA bestellt. Per Expresslieferung – fairerweise ist der Versand in die Anschaffungskosten einkalkuliert gewesen, so dass man als deutscher Entwickler nicht mehr für die Entwicklungshardware zahlen musste als ein US-Amerikaner – hat die Entwicklerhardware ihren Weg zu mir gefunden und konnte – zusammen mit einem sechs Jahre alten Laptop, den meine Frau ausrangiert hat – zu meiner kleinen Entwicklungsbasis hinzugefügt werden.

Über die Hardware selbst kann ich leider wenig sagen, einzig eine kleine Anekdote ist meines Erachtens sehr schön gewesen. Obwohl das Dev Kit nur für Entwicklerhände gedacht ist und demnach kein besonders ausgefeiltes Design besitzt, hat es doch einen kleinen verspielten Nintendo-Touch aufweisen können: Das Gerät, das auf den Namen Cat Dev hört, ist mit einer niedlichen kleinen dicken schwarzen Katze mit Steckdosenschwanz verziert. Selbst als Entwickler darf man sich also über eine kleine Portion Nintendo-Magie freuen.

Ein wenig Sorgen hat mir im Vorfeld die Einrichtung der Hardware bereitet, da ich, trotz eines Informatik-Studiums, eher wenig begeisterungsfähig für komplizierte Hardware-Einrichtungen bin. Tatsächlich ist die Einrichtung eines Dev Kits naturgemäß wesentlich kniffliger als eine Spielkonsole, doch es spricht sehr für Nintendos Dokumentation, dass ich binnen weniger Stunden schon am Tag des Erhalts des Dev Kits alle notwendigen Einrichtungsschritte auf meinem Windows Rechner und dem Dev Kit vollziehen konnte, die notwendig waren, um eine vollständig funktionsfähige Entwicklungsumgebung mein Eigen zu nennen. Zugegebenermaßen hat das allerdings dann doch so viel Zeit in Anspruch genommen, dass ich noch keinen eigenen Code für die Wii U zum Laufen bringen konnte, aber wie sagt man so gut? Morgen ist auch noch ein Tag.

Zwecks einfacher Bedienbarkeit abgewandelt: In Permudoku tauscht man Farben, statt Zahlen auszufüllen. Allerdings hat es sich herausgestellt, dass dieser Modus eher für geübte Sudoku-Spieler geeignet ist: Die Farben und die zahlreichen „falschen“ Informationen gestalten das Spiel insgesamt schwieriger.

Am nächsten Tag sollte es endlich so weit sein und ich konnte mich daran machen, mein rudimentäres SRPG-Projekt auf die Wii U zu portieren. Selbstverständlich gibt es einige plattformspezifische Eigenheiten, wie insbesondere die Abfrage von Input über das Wii U GamePad, das Speichern und Laden von Spieldaten – das natürlich nicht ganz so frei ablaufen kann wie am PC – und die Verwendung des GamePad-Bildschirms. Obwohl ich bis dahin ohne jede Kenntnis der programmiertechnischen Spezifika der Wii U gearbeitet habe, hat es nur einen einzigen Tag gedauert, bis ich das SRPG auf der Wii U lauffähig hatte. Ein wahrhaft freudiges Ereignis für mich und auch meine Frau, die mir bei dem geplanten Spiel in zweierlei Hinsicht unter die Arme greifen würde: Sie übernimmt das Schreiben der Story und die Erstellung von Charakter-Portraits für die Zwischensequenzen.

Bevor ich aber mein volles Augenmerk auf die Umsetzung des Strategierollenspiels konzentrieren konnte, wollte ich zunächst einmal den Publishing-Prozess mit einem kleineren Spielprojekt durchlaufen, um ein Gefühl für mögliche Stolpersteine und Fehler zu bekommen, die mir in der Entwicklung vielleicht nicht auffallen, aber später einer Veröffentlichung des Spiels im Wege stehen könnten. Mein erstes Konsolenspiel sollte also ein Puzzlespiel werden. Die Idee war hierbei, eine Sudoku-Variante zu entwickeln, die möglichst einfach mit einem Touchscreen-Interface zu spielen ist.

Bei Sudoku ist es das Spielziel, in einem 9*9-Quadrat jede Zeile und jede Spalte mit allen Zahlen von 1 bis 9 zu füllen, so dass überdies, wenn man das Quadrat gleichmäßig in neun 3*3-Quadrate unterteilt, in jedem 3*3-Quadrat jede Zahl nur einmal vorkommt. Nintendo hat hierzu bei Gehirn-Jogging Schrifterkennung verwendet, meine Idee war allerdings, dass es recht natürlich wäre, Felder auf dem Spielfeld auszutauschen. Auf diese Weise ist Permudoku entstanden, ein Kunstwort aus Sudoku und Permutation (Vertauschung), ein Spiel bei dem jede Zahl durch eine Farbe ersetzt wird und der Spieler die Farben durch Vertauschung anordnen muss.

Zusammen mit einem klassischen Sudoku-Modus und von meiner Frau gestalteten Hintergründen sollte so das erste Wii U-Spiel entstehen. Die ursprüngliche Idee, einen Levelgenerator anzubieten, der automatisch Sudokus und Permudokus beliebigen Schwierigkeitsgrades erzeugt, musste leider drangegeben werden, weil die Levelerzeugung auf der Wii U bis zu einer halben Minute gedauert hat. Stattdessen habe ich einmal 1000 Rätsel in verschiedenen Schwierigkeitsstufen generiert und in das Spiel gepackt; mit hoher Wahrscheinlichkeit wird wohl nie einer der Kunden alle Rätsel gespielt haben. Was dem Projekt zugutekam, ist der Umstand, dass der Touchscreen des Wii U GamePads schlicht wie eine Maus pixelgenau abgefragt werden kann und dadurch nahezu kein Wii U-spezifischer Code notwendig war. Abgesehen von der Dateiverwaltung könnte man ohne jede Änderung Sudoku & Permudoku auch als mausgesteuertes PC-Spiel kompilieren.

Nach Fertigstellung des Spiels, was inklusive Suche nach passender frei lizenzierter Musik binnen zweier Wochen möglich war, ging es schließlich an den Publishing-Prozess, der in diesem Fall eine verhältnismäßig hohe Hürde darstellte. Für eine Einreichung bei Nintendo muss man eine ganze Menge (elektronische) Formulare einreichen und eine dicke Liste an Guidelines befolgen, die durchaus schwierig zu überblicken ist. Erst im zweiten Versuch konnte ich Sudoku & Permudoku schließlich durch den US-Lotcheck bringen. Passenderweise hat Nintendo unmittelbar im Anschluss das IARC-Altersfreigabe-Verfahren in den eShop übernommen, so dass auch einer Einreichung im EU-eShop kurz darauf nichts im Wege stand.

„Fanart“: Auch wenn Sudoku & Permudoku natürlich kein physisches Produkt ist, hat ein Nutzer im Internet eine Boxart für das Spiel erstellt. Ein besonders interessantes Detail hierbei: Das „Küpper“-Logo hat der Nutzer selbst erstellt, ein solches Logo habe ich nie verwendet.

Am siebten Juli 2016 – in den USA bereits zwei Monate früher – war es schließlich endlich soweit und mit Sudoku & Permudoku stand mein erstes eigenes Konsolen-Spiel zum Download bereit. Zugegebenermaßen ein Miniprojekt, aber eine hilfreiche Lehrerfahrung, die ich für das SRPG-Projekt, auf das ich in der kommenden Ausgabe näher eingehen werde, zu nutzen gedachte. Wie man anhand des Zeitrahmens zwischen Programmierung und letztendlicher Veröffentlichung bereits vermuten kann, ist die Entwicklung des SRPGs ohnehin in der Zwischenzeit bereits weiter vorangeschritten.