Wavetale (Review)

Mit dem Ende von Googles Stadia-Streamingservice stehen auch eine Reihe von Spielen vor ihrem Ende, die bislang ausschließlich für den Streamingservice verfügbar sind. Eines dieser Spiele hätte Wavetale werden können, doch kurz vor der Abschaltung von Stadia schwappt das Spiel heute auf alle Konsolen.

In Wavetale übernimmt man die Kontrolle der jungen Frau Sigrid, die nach dem Verschwinden ihrer Eltern von ihrer Großmutter in dem kleinen Inseldorf Strandville lebt. Die Welt von Wavetale ist von einer Umweltkatastrophe gezeichnet, in deren Folge viele uns gewohnte Annehmlichkeiten nicht mehr existieren. Im Laufe des Spiels werden die Hintergründe der Umweltkatastrophe, sowie die familiären Beziehungen Sigrids näher beleuchtet. Erzählt wird die Geschichte vorrangig durch Sprachausgabe im Spielverlauf, sowie von gelegentlichen kurzen Videosequenzen.

Spielerisch ist Wavetale ein 3D Jump & Run, das in einer an Action-Adventure-Spiele wie Zelda erinnernden halboffenen Welt spielt. Nach und nach legt man die vier Bereiche der Oberwelt frei und sammelt wertvolle Energiezellen, um die Leuchttürme zu aktivieren und so die gefährliche Dunkelheit vom Meer zu vertreiben. Eine ganz wesentliche Spielmechanik ist Sigirds Surffähigkeit. Schon früh im Spiel lernt Sigrid ein mysteriöses Schattenwesen kennen, das Sigrid auf Schritt und Tritt folgt und sie oberhalb der Meeresoberfläche hält. So kann Sigrid mit hoher Geschwindigkeit über das Wasser surfen und allerlei beeindruckende Tricks hinlegen.

Sowohl im Wasser als auch an Land kann Sigird natürlich nicht nur laufen respektive surfen, sondern auch springen – mitsamt Doppelsprung und Schwebefähigkeit – sowie sich an bestimmte Objekte heranziehen. Diese sind durch ein Leuchten markiert und müssen von Sigird angeschaut werden, um sich an sie heranziehen zu können. Spielerisch erinnert diese Fähigkeit sehr stark an Sonics Homing Attack und tatsächlich wird die Fähigkeit auch im Kampf auf dem Wasser einige Male angewendet. Die Spielmechanik macht eine Menge Spaß und fühlt sich äußerst flüssig an. Das Kampfsystem im Spiel ist hingegen absolut minimalistisch, denn es gibt nur einen Angriffsknopf und keinerlei Kombos oder zu berücksichtigendes Timing. Insofern sind die Kämpfe im Spiel belanglos, nehmen aber zum Glück auch nur einen sehr kleinen Raum ein.

Das Leveldesign in Wavetale ist gut gelungen. Zwar gibt es einige recht unspektakuläre Wegstrecken, die man zurücklegen muss, allerdings haben die Entwickler auch diese längeren Wegstrecken mit zahlreichen kleinen optionalen Sprungpassagen gespickt, die es erlauben, sich etwas schneller fortzubewegen. Nutzt man diese angebotenen Interaktionsmöglichkeiten nicht, könnten die Übergänge zwischen den einzelnen Gebieten spielerisch monoton erscheinen, immerhin werden sie aber auch immer von Gesprächen, vorrangig mit Sigrids Großmutter, belebt. Die einzelnen Inseln bieten dann abwechslungsreiche, oft sehr vertikale Sprung- und Klettersequenzen, die zwar nicht besonders schwierig, aber sehr unterhaltsam sind. Wem das Hauptspiel zu leicht ist, der findet übrigens noch vier Rennstrecken in der Spielwelt, auf denen man in einer vorgegebenen Zeit das Ziel erreichen muss. Diese Rennherausforderungen demonstrieren machen, auch wenn es keine nennenswerte Belohnung für sie gibt, eine Menge Spaß und sind eine willkommene Ergänzung zu einem ansonsten sehr leichten Spiel.

Technisch ist Wavetale leider nicht ganz sauber. Die Optik ist zwar ausdrucksstark und artistisch, allerdings hat das Spiel selbst in der getesteten Xbox Series X-Version auffälliges Tearing, gelegentlich obendrein Framerate-Einbrüche und oft deutliche Pop-Ups. Keines dieser Probleme beeinträchtigt die Spielbarkeit, aber gerade das Tearing ist schon äußerst unangenehm. Insofern macht es mir etwas Sorgen, wie die Performance des Spiels auf schwächeren Plattformen wie der Xbox One oder gar der Nintendo Switch ausfallen wird.

Wavetale ist ein atmosphärisch und erzählerisch gut gelungenes 3D Jump & Run, das eine erstaunlich unterhaltsame Plattforming-Mechanik mitbringt. Wenngleich Wavetale durch seine narrative Ausrichtung ein wenig an „Erfahrungsspielen“ oder „Walking Simulators“ wie RiME erinnert, ist hier ganz klar die flüssige Spielmechanik der Star des Spiels. Gut, dass Wavetale nicht mit Google Stadia den Weg in die Versenkung gehen muss!

Vielen Dank an Thunderful für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf Xbox Series X.