Ship of Fools (Review)

Artwork zu Ship of Fools

Seit Spelunky oder Rogue Legacy zu Beginn der 2010er die Segel für das Roguelite-Genre gesetzt haben, bläst ein steter, unnachgiebiger Wind hinein. Jahr für Jahr erscheint ein neuer Genrevertreter, erleiden Schiffbruch oder erreichen neue Horizonte. Ich habe bereits einige Spiele dieser Zunft erleben dürfen und war auch sehr gespannt auf Ship of Fools vom kanadischen Studio Fika Productions. Doch leider blies mir auf meiner unbarmherzigen Reise durch die gefährlichen Meere des Spiels scharfer Gegenwind entgegen.

Ship of Fools schippert auf altbekannten Roguelite-Routen

An einem sandigen Strand ohne Erinnerungen aufzuwachen ist schon schlimm genug. Doch darüber hinaus obliegt es unserem wackeren Helden in Ship of Fools, die heruntergekommene Leuchtturm-Insel im Zentrum gefährlicher Gewässer wieder auf Vordermann zu bringen. Geschäfte und Schmiede sind geschlossen, weil ihre Inhaber selber das Heil auf der Flucht gesucht haben. Übrig blieben nur zwei alternde Hexen, die uns ein Schiff sowie diverse Items hinterlassen. 

Screenshot aus Ship of Fools

Unsere Aufgabe ist es, in See zu stechen und die gefährlichen Weltmeere nach Ressourcen und Verbündeten abzusuchen. Die allgegenwärtige Struktur des Spiels ist dabei sehr ähnlich wie bei vielen anderen Roguelites mit Progressionmechanik. Wir wählen auf einer Map den jeweiligen Kurs und schätzen auf diese Weise ein, welches Risiko wir für welche Belohnungen eingehen wollen. Jeder Kurs ist zufällig generiert, kein Durchgang gleich dem nächsten. Soweit bekannter Standard. 

Verlieren wir einen Durchgang, erwachen wir wieder am Strand des Leuchtturms. Dann können wir das durch die vorherige, missglückte Reise gesammelte Loot gegen wertvolle Upgrades des Schiffes oder der Insel eintauschen. Auf diese Weise gibt es immer einen Fortschritt, sofern wir einigermaßen erfolgreich die Meere durchreisen können. 

Management für Seefahrer und welche, die es werden wollen

Doch nicht alle Elemente von Ship of Fools hat Fika Productions direkt aus dem Handbuch für Roguelite-Design entnommen. Das Kerngameplay besteht darin, dass wir auf unserem Schiff gegen Wellen von Gegnern antreten. Doch ob Moskito, Riesenspinnen oder anderes Getier: Wenn wir uns gut auf das Gefecht vorbereiten, dürfte die Reise doch ein Klacks sein, oder?

Während wir am Leuchtturm permanente Upgrades für das Schiff kaufen können oder temporäre für den anstehenden Durchgang, bleibt auch eine Reise durch die Weltmeere nicht frei von zeitweiligen Verbesserungen. Je besser unser Schiff gerüstet oder unsere Heldenfigur ausgestattet ist, desto erfolgreicher können wir sein. Ship of Fools gewährt uns hier stets zwischen den einzelnen Kämpfen genug Zeit, um Kanonen nachzuladen oder andere Vorbereitungen zu treffen. Das Tempo wird herausgenommen und es versprüht so ein Gefühl von Tower-Defense-Spielen.

Screenshot aus Ship of Fools

Während wir auf der Weltkarte Kachel für Kachel voranschreiten, nähert sich von der gegenüberliegenden Seite der Boss des jeweiligen Meeres. Dies raubt uns Optionen, denn unser Kurs bestimmt, wie gut wir uns vorbereiten können. Ansonsten ist jedes Gefecht gleich: Bewaffnet mit einem Paddel, mit dem wir Gegner direkt attackieren oder Projektile zurückschleudern können, verteidigen wir unser Schiff. Nehmen wir Schaden, können wir gegebenenfalls mit neuen Planken diesen reparieren. Doch obacht: Sind wir nicht schnell genug, treibt eventuell wertvolle Beute an unserem Schiff vorbei, bevor wir mit einem Enterhaken dieses an Bord ziehen können.

Doch nicht alle Items finden Platz an Bord, weswegen wir stets planen müssen, ob wir einen freien Slot lieber für bessere Munition, Upgrades oder ein Set von Planken zum Reparieren des Schiffes einsetzen wollen. Ship of Fools managt hier relativ gut das Pacing aus den Vorbereitungsphasen und den hitzigen Gefechten.

Ein schwerer Start und dringend notwendige Hilfe

Ich wünschte mir allerdings, dies könnte ich auf das gesamte Spiel übertragen. Doch gerade der Beginn von Ship of Fools ist sehr bedächtig. Anders als bei Spelunky gibt es keinen Lerneffekt der Spieler:innen. Anders als Hades hält uns die Narrative nicht in unseren Klauen. Und anders als Rogue Legacy ist die Progression der Verbesserungen nicht von Run zu Run sichtbar. Ganz im Gegenteil, Ship of Fools ist sehr langsam. Die Gefechte zu Beginn sind ruhig, die Möglichkeiten Ressourcen zu ergattern schlicht. Das mag langfristig wertvoll sein, hilft aber nicht dabei, das Spiel sofort in sein Herz zu schließen.

Und wenn Ressourcen fehlen, fühlt sich der Run danach – trotz vereinzelter Variation – wie der Durchgang zuvor an. Wir haben zwar die Wahl des Charakters, aber deren Gameplay unterscheidet sich nicht grundständig genug, um hier Abwechslung zu forcieren. Und wenn dann Ship of Fools mit seinem ersten Boss richtig loslegt, wird man als einzelner Spieler von einer Welle mitgerissen, die wenig mit Schwierigkeit, sondern komplett falschem Balancing in der Anfangsphase zu tun hat.

Screenshot aus Ship of Fools

Und hier liegt dann auch der Kern von Ship of Fools: Es ist spielerisch eindeutig ein Koop-Roguelite. Denn in dem Moment, als ich meine Frau an meiner Seite hatte, begann das Spiel Spaß zu machen. Gemeinsam managten wir das Schiff, ein wenig wie ein Actionfokussiertes Overcooked und jeder hatte seine Aufgaben. Aber zu dem Zeitpunkt hatte Ship of Fools mich bereits verloren, was ich sehr bedaure und weswegen mein endgültiges Fazit wohl in diesem Kontext betrachtet werden sollte.

Ich möchte Ship of Fools gern haben, fühle es aber nicht

Denn im Endeffekt ist Ship of Fools beileibe kein schlechtes Spiel. Es ist ein Roguelite, wie es im Buche steht, hat aber dennoch einige interessante Ideen, um einen Durchgang strategischer wirken zu lassen. Leider mangelt es aber gerade dem Einstieg an Argumenten, die mir persönlich vermitteln würden, wo das Spiel abseits dessen unterhaltsam wäre. Zu langsam ist die Progression, eventuell ist das Spiel “zu sehr” Roguelite und ruht sich ein wenig darauf aus, dass Ship of Fools eh nur von Genreliebenden gespielt wird. Aber gerade im direkten Kontrast zu all den anderen Titeln, die ich in dem Genre bisher gespielt habe, kann sich das Schiff einfach nicht etablieren. Das Spiel wird seine Fans finden, da bin ich sehr sicher. Aber ich bin keiner geworden.

Schiffbruch auf Xbox Series X erlitten. Ein herzlicher Dank geht an Team 17 für die Bereitstellung des Mustercodes.