Made in Abyss: Binary Star Falling into Darkness (Review)

In unserer Redaktion hat sich ein Abgrund aufgetan. Nein, es gab keinen Streit mit stark gegensätzlichen Meinungen. Es geht um ein riesiges Loch im Boden. Nach etwas Beratung, wer sich das genauer ansieht, bin ich in die Tiefen hinabgestiegen. Nach gründlicher Erkundung mit so manchen Rückschlägen und Wirrungen kann ich von meinen Erlebnissen dort berichten. Bei Made in Abyss: Binary Star Falling into Darkness von Spike Chunsoft handelt es sich um ein Action-RPG mit Survival-Elementen, in dem man den namensgebenden Abyss erkundet. Es basiert auf der Manga-/Anime-Franchise Made in Abyss. Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man es für eine kindgerechte Abenteuergeschichte halten. Aber wenn man tiefer hineinschaut, starrt der Abgrund zurück.

Hello Abyss

Im ersten der beiden Modi des Spiels folgt man zur Einführung der Geschichte, die mancher aus Manga oder Anime kennt. Ich muss hier aber zugeben, dass ich nur bruchstückhaft davon gehört und somit nur sehr oberflächliche Kenntnis hatte. Wer jetzt aber denkt, er könne die Geschichte um Riko und Reg vollständig im Spiel erleben, wird jedoch enttäuscht. Hello Abyss folgt für wenige Stunden Riko und Reg nur ein Stück des Weges und nicht deren gesamte Geschichte.

Rikos Zimmer ist heimelig eingerichtet.

Die Protagonistin Riko lebt in einem Waisenheim. Dieses bildet Kinder dazu aus, als Cave Raider den Abyss zu erkunden und Relikte mitzubringen, deren Verkauf das Waisenheim finanziert. Das kann man schon als fragwürdig ansehen. Zum einen handelt es sich um Kinder, zum anderen ist der Abyss auch nach vielen Jahrhunderten der Erkundung wahrlich kein gefahrloser Ort. Neben Sturzgefahr treiben gefährliche Kreaturen ihr Unwesen. Und beim Aufstieg treten je nach Höhenunterschied verschieden starke Symptome, von Schwindel bis zum Tod, auf, was man als Fluch des Abyss ansieht. Aber die Relikte aus dem Abyss könnten die Welt verändern und Ruhm bringen, weshalb auch unzählige wagemutige freiwillig hinabsteigen.

Riko ist selbst sehr motiviert. Sie eifert ihrer Mutter nach, die als legendärer Cave Raider vor Jahren nicht mehr zurückkehrte. Bei einer Erkundung wird Riko von einem Roboterjungen gerettet, den sie Reg tauft. Reg hat sein Gedächtnis verloren. Wären seine Robotergliedmaßen und Robustheit nicht, könnte man ihn für einen Menschen halten. Schließlich tauchen auch noch Objekte von Rikos Mutter auf, in denen eine Reg ähnelnde Zeichnung und eine Nachricht zu finden sind. Somit entscheiden die beiden, gemeinsam den Boden des Abyss zu erreichen und der Sache auf den Grund zu gehen. Die Dialoge sind dabei voll vertont und eher kurz gehalten. Das Gameplay ist größtenteils wie im zweiten Modus, Deep in Abyss, worauf ich weiter unten eingehe.

Als Cave Raider kann man manchmal auf putzige Kreaturen wenig Rücksicht nehmen.

Deep in Abyss

Deep in Abyss ist der zweite Modus von Made in Abyss: Binary Star Falling into Darkness. Dabei erlebt man die Geschichte eines selbst erstellten Charakters. Man kann zwischen verschiedenen Gesichtern, Frisuren und Farben auswählen. Es gibt zwei Freizeitoutfits. Außerdem gibt es zwei Stimmen zur Auswahl, die aber nie in Gesprächen zu hören sein werden. Aber die üblichen Anstrengungsgeräusche und co. beim Erkunden sind davon abhängig. Ein Geschlecht wählt man hier nicht, das hat im Spiel aber auch keinen Belang. Den Namen habe ich beim Standard Aki belassen, aber auch der wird in den vertonten Gesprächen natürlich nie direkt erwähnt. Das kennt man ja aus diversen Spielen schon.

Der Spielercharakter Aki ist ähnlich alt wie Riko. Um den Abyss zu erkunden, kommt Aki in die Stadt Orth und wird in das selbe Waisenheim aufgenommen. Auch andere Neuzugänge sind dort, die mal mehr, mal weniger wichtig für die Geschichte sind. Nach Erlernen der Grundlagen erhalten die Neulinge eine Rote Trillerpfeife, Zeichen für den niedrigsten Rang als ausgebildete Cave Raider. Das Rangsystem beinhaltet auch, wie tief man in den Abyss vordringen darf, orientiert an unterschiedlichen Schichten des Abyss.

Mein selbsterstellter Charakter. Nein, der Körper kann nicht stärker aussehen.
Vorbereitung in der Stadt

In der Stadt reist Aki per Menü zwischen verschiedenen Orten. Im eigenen Zimmer des Waisenheims kann Aki am Tagebuch speichern, außerdem Items in einer Truhe lagern. In der Stadt gibt es verschiedene Geschäfte für Ausrüstung, Essen und Zutaten. Verkauf ist auch möglich. Im Hauptquartier der Gilde und teils bei Bewohnern sind zudem Quests zu erhalten. Oft geht es darum, Materialien zu beschaffen oder Kreaturen zu besiegen. Manchmal müssen auch verlorene Gegenstände gefunden werden.

Frischgebackene Cave Raider

Mit roter Trillerpfeife dürfen die Neulinge und somit Aki die erste Schicht erkunden. Diese sieht noch recht freundlich und grün aus, aber Steilwände bergen die Gefahr tödlicher Stürze. Auch die putzigen Wiesel sind bissig, und selbst manche Pflanzen aggressiv. Mit Spitzhacke oder Beil bewaffnet kann Aki es mit diesen schon aufnehmen, aber auch gefährlichere Kreaturen kreuchen und fleuchen umher. Im Gegensatz zu Riko in „“Hello Abyss“ muss Aki feststellen, dass die Waffen durch Angriffe abgenutzt werden und schließlich zerbrechen. Aber mit einfachen Angriffen und Ausweichen sind schwache Gegner schnell besiegt und bereit, Materialien zu spenden. So kann Aki beispielsweise manchmal von getöteten Wieseln Knochen entnehmen. Zusammen mit abgebauten harten Steinen können per Crafting-Menü schnell und einfach Waffen hergestellt werden.

Wieder einer dieser Tage, wo man nur rumhängt.
…frisches Blut

Made in Abyss: Binary Star Falling into Darkness ist wie eingangs angedeutet kein Kinderspiel. Der Abyss ist gefährlich, Leute sterben. Bei tödlichen Abstürzen endet der Spielercharakter in einer Blutlache. Auch bei erlittenen Treffern spritzt Blut, der Tod im Kampf ist natürlich ebenfalls blutig. Manche Gegner haben sogar extra Szenen danach, ich habe vermutlich nicht alle davon gesehen. Mal freut sich eine Kreatur oder ein ganzes Rudel über das Mahl, mal endet man aufgespießt. Oder verliert sogar den Kopf.

Aufbau des Abyss

Die verschiedenen Schichten des Abyss sind unterschiedlich gestaltet, und auch innerhalb einer Schicht können Unterschiede groß sein. Schichten sind in Teilgebiete unterteilt, die per Movement Points mit kurzen Ladezeiten verbunden sind. Symbolisch für den nicht dargestellten Weg verbraucht das Sättigung und bei Aufstieg HP, mehr dazu weiter unten im Text. Manchmal sind auch mehrere Gebiete miteinander querverbunden oder es gibt mehrere Verbindungen zwischen zwei Gebieten. In Einzelfällen kann das verwirrend wirken. Außerdem bildet die Karte der Cave Raider leider in Einzelfällen die Vertikalität eines Teilgebiets nicht gut genug ab.

Besser nicht Y drücken.

Beim Gebietseintritt wird automatisch gespeichert, manuell kann man dagegen meist per verbrauchbaren Ballons speichern. Mit Fortschritt der Geschichte schaltet man auch eine Schnellreisefunktion frei. Somit kann man aus der Stadt an den Anfang von Schichten reisen. Innerhalb aktuell zu bewältigenden Schichten steht die Funktion nicht zur Verfügung, aber in den vorigen. Wie bei Movement Points benötigt man auch hier genug Sättigung und je nach Richtung HP.

Die Wichtigkeit von Sättigung und Stamina

Auch Essen lässt sich per Crafting-Menü glücklicherweise zubereiten, denn der Magen leert sich mit der Zeit und je nach Aktion. So auch beim Übergang zwischen Teilgebieten entsprechend des Höhenunterschieds. Ein leerer Magen kämpft nicht gern, sollte also vermieden werden. Denn sonst bleibt die Stamina-Leiste leer und Aki kann fast nichts mehr machen. Im Normalfall füllt diese sich schnell wieder, wenn Aki nicht gerade an einer Wand hängt. Wenn man sie aber völlig leeren lässt, ist Aki eine Zeit lang handlungsunfähig. Beim Klettern sollte man dringlichst aufpassen, ob genug Stamina vorhanden ist. Sonst endet die Erkundung mit zerschmetterten Knochen in einer Blutlache. Das Schicksal hat Aki mehrfach getroffen.

Kochen per Menü.

Im weiteren Verlauf des Spielmodus wird interessanterweise ein Verbrauchsitem zum Kauf verfügbar, das für Aki das Herstellen von Essen später quasi unnötig gemacht hat. Einnahmen durch Quests und Relikte hatte Aki nämlich genug. Außerdem ist dieses Item viel leichter als anderes Essen mit ähnlich hoher Wirkung. Somit kommen wird zum nächsten Punkt, den Cave Raider im Hinterkopf behalten sollten:

Abwägen zwischen Nützlichkeit und Gewicht

Alle Items im Inventar, darunter auch die angelegte Ausrüstung, haben ein Gewicht. Bei Überlastung kann Aki, vielleicht erratet ihr es, fast nichts mehr machen. Deshalb gilt es, eine gute Balance zu finden, wieviel Ausrüstung, Essen und co. Aki mitnimmt. Im Notfall können Sachen per Menü weggeworfen werden. Beim Einsammeln während des Kletterns bleibt Akis Erfahrung nach jedoch keine Gelegenheit mehr dazu. Dann geht es geschwind hinab, oft mit tödlichem Ende.

Eine unschöne Erfahrung hatte Aki beispielsweise auch damit, zuwenig Seile mitgeführt zu haben. An manchen Stellen können diese angebracht werden, um hinab oder hinauf zu klettern. An Seilen hängend regeneriert sich die Stamina bei Stillstand sogar. Leider stellte Aki fest, dass nach Rückkehr in die Stadt die Seile verschwinden. Wieviel Seile nötig sind, ist bei unerforschten Gebieten schlecht abzuschätzen. Schon früh musste Aki halb verzweifelt die Umgebung nach geeigneten Pflanzen absuchen, um selbst ein Seil herstellen zu können. Zum Glück fand sich genug und die Erkundung musste nicht per Menü aufgegeben und jeglicher Fortschritt geopfert werden.

Ein weiterer Verankerungspunkt für ein Seil im Blick.

Einmal musste Aki aber zumindest zum letzten automatischen Speicherpunkt zurück. Denn leider war Aki mit zuwenig Waffen in einen der wenigen Kämpfe geraten, aus denen keine Flucht möglich ist. Also ist Aki nach dem Ladevorgang zurück in die Stadt hinaufgestiegen, hat Ausrüstung vorbereitet und ist zielgerichtet wieder dorthin vorgedrungen. Das kann einem Cave Raider eben passieren.

Die Auswirkungen des Fluchs

Entgegen der Erzählungen erlebt Aki, wie auch Riko in Hello Abyss, den Fluch des Abyss ein wenig anders. Schon nach wenigen Metern Aufstieg wird dieser audiovisuell bemerkbar. Bei weiterem Aufstieg verabschiedet sich ein Teil des Mageninhaltes und die Sättigung nimmt ab. Im Extremfall kann das zum tödlichen Absturz führen, wie oben erwähnt. Bei noch stärkerem Aufstieg nimmt die audiovisuelle Störung zu, abwesende Personen können zu hören sein, und die Bewegungsrichtung wird schwerer kontrollierbar.

Deshalb ist es sinnvoller, bei ersten Warnzeichen abzuwarten bis sie wieder verschwinden. Das hemmt das Aufstiegstempo natürlich. Leider tauchen an manchen Wänden zudem immer wieder Gegner auf. Diese können jedoch auch beim Hängen an Wänden oder Seilen angegriffen werden, weshalb sie meist eher lästig als gefährlich sind. Zusätzlich manifestiert sich der Fluch bei Reisen in höhere Teilgebiete, in Form abnehmender HP.

Der Aufstieg war zu schnell.
Zusätzliche Motivation für Aki

Schon bald verschwindet einer von Akis neuen Freunden in die Tiefe. Die Suche wird offiziell aufgegeben. Aber Aki beschließt, weiter zu suchen. Allerdings im erlaubten Erkundungsrahmen. Aki erhält nämlich glücklicherweise viel früher als üblich die Gelegenheit, im Rang aufzusteigen und die nächste Trillerpfeife zu erhalten. Somit steigt Aki durch die Ränge auf und immer weiter in den Abyss hinab.

Stetes Lernen

Aki kann als Anfänger erst mal weniger als Riko. Aber durch Abschluss von Quests und Verkauf gefundener Relikte erhält Aki Erfahrungspunkte und steigt im Level auf. Zusätzlich zu höheren Statuswerten bringt das auch Skillpunkte, die im Skilltree verwendet werden können. Erlernbare Skills sind abhängig vom Rang als Cave Raider. Es gibt nützliche Skills für Kampf, Cave Raiding und Crafting. Somit kann Aki zum Beispiel längere simple Combos ausführen, den Staminaverbrauch mancher Aktionen senken und neue Craftingrezepte lernen. Auch das Gewichtslimit lässt sich erhöhen. Angesichts des Gewichts stärkerer Ausrüstung und teils komplexerer Gebiete wurde das Limit für Aki aber nie belanglos.

Ein Teil des Skilltrees.

Fazit

Mein Ausflug in die Tiefen von Made in Abyss: Binary Star Falling into Darkness endete mit meiner sicheren Rückkehr, um hier zu berichten. Auf Nintendo Switch sieht es meiner Meinung nach durchaus ansehlich aus. Nur vereinzelt sinkt die Performance ein wenig, ohne dass es problematisch wurde. Die Musik fand ich auch ansprechend, vor allem wenn sie an manchen Orten etwas kraftvoller wurde. Das Erkunden der in Aufbau und Optik diversen Gebiete war für mich meist motivierend. Ein besonders anstrengendes Erlebnis war für mich aber die Rückkehr in einem stark vertikalen Gebiet, in dem die Karte nicht genug Übersicht bot. Aufgrund zahlreicher Fehlversuche dürfte die tatsächliche dort verbrachte Zeit deutlich über der gespeicherten gelegen haben.

Meistens haben mir die Survival-Elemente nur wenig Probleme bereitet, der Fluch das Klettern nach oben aber etwas zu oft ausgebremst. Ebenfalls lästig beim Klettern waren die teils immer wieder auftauchenden Gegner. Auch beim Angeln an manchen Stellen ist das ärgerlich. Für manche könnte außerdem das Kampfsystem vielleicht mehr Komplexität haben, im Gesamtkontext fand ich es aber in Ordnung. Viele der Kreaturen habe ich auch mehr als Materialquelle angesehen. Insgesamt fühlte ich mich mit Ausnahmen durchaus unterhalten. Wer sich in den Abyss wagt, sollte aber im Idealfall wissen, was ihn erwartet. Sonst endet das Abenteuer schnell am harten Boden der Realität.

Vielen Dank an Spike Chunsoft für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf Nintendo Switch.