Voyage (Review)

Artwork und Logo zu Voyage

Kennt ihr das auch? Nahezu die gesamte Welt liebt ein Spiel, aber ihr versteht einfach nicht warum? Oder ihr liebt etwas und alle anderen scheinen ein komplett anderes Spiel gespielt zu haben? Vermutlich kommen wir alle an diesen Moment und da gibt es auch kein Grund zur Sorge. Wir alle haben unseren individuellen Geschmack und das ist auch gut so. Verwunderlich ist es dennoch und mit Voyage habe ich wieder einen solchen Fall, der mich umtreibt. Das Adventure erschien bereits 2021 auf dem PC und erhielt nicht viele, aber durchaus sehr positive Reviews. Und ich sitze jetzt hier nach zwei Stunden Spielzeit an diesem Textdokument und frage mich, was ich verpasst habe. Wollen wir es gemeinsam herausfinden?

Voyage geht mit mir auf eine kurze, aber zähe Reise

Normalerweise bin ich künstlerischen Spielen aufgeschlossen und kann sie mal mehr, mal weniger genießen. Selten kommt ein Fall wie A Memoir Blue im April daher, welcher mich komplett ernüchtert. Bei dem die Ästhetik der einzige Aspekt ist, aber Gameplay und Story weitestgehend schwächeln. Nur vier Monate später lief Voyage über meine Xbox Series X und ich bin sogar weitestgehend stärker ernüchtert, als bei meiner blauen Erinnerung.

Voyage ist ein 2D-Adventure, in dem wir zwei Menschen auf der Reise durch eine mystische Welt begleiten. Ob alleine oder im Koop zu zweit, steuern wir die zwei Personen auf dem Weg nach…ja wohin eigentlich? Voyage verweigert bis kurz vor Schluss dieser Antwort, da die Narrative sehr stark in den Hintergrund rückt. Während bei Spielen wie beispielsweise Gris sehr viel über Symbole oder Farbmetaphern “erzählt” wird und auch bei A Memoir Blue eine klare Geschichte zu vernehmen ist, fehlt es hier an Klarheit. Voyage verliert sich im abstrakten Bild einer Welt, in dem nach den zwei Stunden immer noch viele Fragen und Verbindungen offen bleiben. Selten habe ich mich bei einem Spiel dieser Art so verloren im narrativen Dickicht gefühlt.

Screenshot aus Voyage
In solchen Momenten ist Voyage ein richtig schönes Spiel!

Spielerisch ist ein solches Dickicht nicht vorhanden. Wir laufen stets nach links oder rechts, um dem Weg zu folgen und im Level voranzukommen. Manchmal müssen wir eine Klippe einzelnen oder im Team überwinden, hin und wieder gemeinsam ein Objekt stoßen oder schieben. Die Rätsel sind sehr seicht und abseits der Kapitelübergänge, in denen wir große Statuetten zusammenschieben, kaum wirklich als “Rätsel” zu bezeichnen.

Die Entdeckung der Langsamkeit

Doch auch neben dieser fehlenden Varianz fehlt es dem Spieldesign an Feinschliff. Viele Objekte zur Interaktion sind sehr unscheinbar, weswegen wir oftmals an diesen vorbeirennen. Nur um dann in eine weit entfernte Sackgasse zu münden. Also wieder zurück, Level absuchen. Nachdem dies ein paar Mal in den ersten Kapitel so geschah, nutzten wir die Y-Taste, mit der wir Objekte hervorheben können. Dann mischt sich in den seichten Soundtrack des Spiels ein Plingen und es erscheint, sofern sich der Interaktionsgegenstand im Sichtbereich befindet, ein kleiner Lichtkreis. Ähnlich wie eine Hotspot-Anzeige in Point`n`Click-Adventures raubt dies aber jeglichen spielerischen Anspruch beim Aufspüren der Objekte.

Zugleich hat das Spiel aber noch zwei weitere Probleme. Ersteres ist grundsätzlicher Natur: Voyage ist ungemein langsam. Die Laufgeschwindigkeit ist sehr träge und die langgestreckten Level fühlen sich dadurch schier endlos an. Zugleich haben unsere Figuren ein leichtes Gleichgewichtsproblem, denn egal ob beim ersten oder beim tausendsten Mal Hang hinunterrutschen, sie fliegen jedes einzelne Mal gleich auf die Nase. Eine putzige Animation, wenn spärlich eingesetzt. Aber so? Gemeinsam mit dem sehr langsamen Gehen der Figuren sowie zahlreicher Stellen, in denen wir Objekte über große Strecken schieben müssen, was uns noch langsamer macht, wirkt so die Fortbewegung sehr zäh.

Bewegtbild (Gif) mit unterschiedlichen Szenen aus Voyage
Laufen, laufen, laufen… und laufen…

Das zweite Problem könnte lediglich die Xbox-Version betreffen. Wenn wir mit Objekten jeglicher Art interagieren wollen, müssen wir die A-Taste drücken. Dies gelang aber mal mehr, mal weniger präzise. Weitestgehend weniger. Gerade im Koop, wenn wir zu zweit dieselbe Aktion ausführen sollen, gab es oftmals große Ungenauigkeiten. Hier mal ein Schritt zu viel, da plötzlich stattdessen eine andere Interaktion und so weiter. Dies fand ich sehr nervig und hat dem kurzen, aber langatmigen Spiel zusätzlich Frust beschert. Es macht das Spiel zudem nicht besser, dass die Koop-Mechaniken sehr oberflächlicher Natur sind.

Fehlende Eckpfeiler im Spieldesign

Voyage ist ein wunderschönes Spiel. Der Artstyle ist an einigen Stellen sehr schön und auch der Soundtrack sorgt für eine nette Stimmung. Doch unter dieser Oberfläche hat das Adventure wenig zu bieten. Die Narrative ist abstrakt und unscheinbar, das Gameplay sowohl vom Leveldesign als auch den Mechaniken sehr oberflächlich. Das gesamte Pacing des zweistündigen Spiels ist zudem sehr zäh und was mystisch wirken soll, wird auf diese Weise  zu einer langweiligen Veranstaltung. Begleitet von den diffusen Ungenauigkeiten in der Steuerung bietet die Xbox-Edition wenig, um auf sich positiv aufmerksam zu machen. Denn fernab jeglicher künstlerischen Ästhetik fehlt es Voyage an den wichtigsten Eckpfeilern des Gamedesign: Gameplay und Narrative. Eines davon oder beides. Aber niemals beides nur halbgar.

Geschlichen auf Xbox Series X. Ein herzlicher Dank geht an Venturous Games für die Bereitstellung eines Mustercodes.