Kya: Dark Lineage (Review)

Was tut man wenn der eigene Vater Schuld an der Unterjochung und Tötung unzähliger Unschuldiger hat? Eine Frage, die sich nicht nur viele Deutsche vor einigen Jahrzehnten stellen mussten, sondern die auch in Medien durchaus nicht unpopulär ist – wobei Star Wars sicherlich eines der bekanntesten Beispiele für diese Story-Idee ist. In Kya: Dark Lineage muss die junge Protagonistin gleich zu Beginn des Spiels feststellen, dass ihr Vater kein so gutherziger Mann ist, wie sie vielleicht bislang angenommen hat, sondern mit einer mysteriösen Technologie in andere Welten reist und dort unbekannte Völker unterjocht. Völker, wie beispielsweise die Nativs, denen Kya beim unbedarften Experimentieren mit des Vaters Portal kennenlernt.

Trotz zweifelhaftem Erziehungsberechtigten hat Kya aber ein gutes Herz und nachdem sie gemeinsam mit ihrem Bruder Frank in die Welt der Nativs gezogen wurde, versucht sie nicht nur, einen Rückweg in ihre Welt zu finden, sondern zudem den Nativs aus ihrer unglücklichen Lage zu helfen. Denn ihr Vater hat schon einiges an Vorarbeit geleistet und unzählige Nativs in böse Monster verwandelt, die endgültige Übernahme des Dorfs der Nativs ist nur eine Frage der Zeit.

Die Welt der Nativs ist in mehrere große Areale unterteilt, zwischen denen man mit Luftstromportalen hin- und herreisen kann. Jedes Gebiet verfügt über mehrere solcher Portale und sobald man ein Portal erstmals erreicht und freigeschaltet hat, kann man jederzeit zwischen den Portalen einer Welt frei hin- und herreisen. In Anbetracht der Größe der Areale im Spiel ist das durchaus eine signifikante Erleichterung, zumal man nicht jedes Gebiet beim ersten Betreten vollständig abschließen kann. Kya kann nämlich nach und nach neue Fähigkeiten erwerben, indem sie im Dorf der Nativs auf Shopping-Tour geht. Diese Fähigkeiten werden bisweilen auch in alten Gebieten benötigt, um neue Teile des Levels betreten zu können.

Damit der Spieler nicht versucht, schlicht zu Beginn durch monotones Abgrasen der immer gleichen Gebiete Geld zu scheffeln, um direkt alle Gebiete vollständig zu erkunden, gibt es verschiedene Shops im Dorf der Nativs, deren Angebot sich unterscheidet und die erst nach und nach freigschaltet werden, indem man eine gewisse Zahl an Wolfun erledigt. Wolfun sind die Gegner in der Welt von Kya und kommen in vier Varianten unterschiedlicher Stärke vor. Immer wenn man einen Wolfun besiegt, kann man diesen exorzieren und so in einen Nativ zurückverwandeln, der dann in sein Dorf zurückkehrt und dort beispielsweise neue Minispiele oder Shops eröffnet. Die Wolfun sind also ein ganz zentraler Faktor für den Spielfortschritt und so ist es wichtig, dass man sich schon früh mit dem überraschend komplexen Stabkampfsystem auseinandersetzt. Allerdings sei auch gleich verraten, dass man durchaus auch mit den einfachen Standardtechniken und ein bisschen Geschick beim Schleichen alle Wolfun im Spiel besiegen kann.

Neben dem Kampf und gelegentlichen Rätseln steht Kya: Dark Lineage aber vor allem im Zeichen der Sprung- und Kletteraufgaben. Die Welt der Nativs besitzt eine beeindruckende Vertikalität und so muss man sein Geschick mit dem Sprungknopf immer wieder unter Beweis stellen, wenn man sich durch die erfreulich dicht designten Gebiete bewegt. Leider sind die Kämpfe mit den Wolfun, die einen erheblichen Teil des Spiels einnehmen und relativ viele Wegstrecken im Spiel relativ anspruchslos und so fühlt sich das – an und für sich ohnehin nicht sonderlich lange – Spiel stellenweise unnötig gestreckt an. In den besten Momenten erinnert Kya: Dark Lineage an die intensive Hüpfspielaction von Rayman 2 und gerade in den etwas lineareren Gebieten können die Leveldesigner mit einigen guten Ideen und einem gelungenen Spielfluss aufwarten.

Leider gibt es aber auch eine ganze Menge Stellen, an denen man sich fragt, ob die Entwickler ihr Spiel auch mal etwas ausgiebiger Probe gespielt haben. Besonders das Zusammenspiel aus der fummeligen Kamera, der schlechten Klettersteuerung – die sich quasi völlig undurchsichtig verhält – und teilweise sehr radikalen Gegnern, die bei einem einzelnen Kontakt töten sorgt dafür, dass einige Szenen im Spiel gehörig an den Nerven zehren. Gegner, die mit Maschinengewehren den Spieler geradewegs gefangen nehmen und in einer nicht enden wollenden Betäubung langwierig töten sind ein weiterer unangenehmer Aspekt und schlichtweg eine äußerst unelegante Lösung, um den Spieler zu zwingen, sich an Wolfun mit Maschinengewehren heranzuschleichen. Äußerst kurios ist schließlich noch eine Schwäche in der KI der Wolfun. Jeder Wolfun besitzt ein eng umgrenztes Gebiet, in dem er agiert. Überschreitet man die Grenze zu dem Gebiet, verliert der Wolfun einen augenblicklich aus dem Auge und schaut verwirrt in der Gegend umher. Besonders später, wenn größere Mengen starker Wolfun dem Spieler auflauern bedarf einer gewissen Selbstbeherrschung um diese Schwäche nicht auszunutzen und die Wolfun schlicht an den Rand ihres Aktionsradius zu lenken und dort mit Angriffen aus dem Hinterhalt umzulegen.

Kya Dark Lineage ist insgesamt ein ordentliches 3D Jump & Run, das aber durch den hohen Kampffokus, die fürchterliche Kamera und einige Designmängel im Leveldesign zurückgehalten wird. Wenn bei Kya alles richtig zusammenkommt, kann es eine Menge Spaß machen, leider geschieht das aber zu selten und im Gegenzug gibt es viel zu oft Situationen, in denen wirklich erhebliche Schwachpunkte den Spielspaß schmälern.

Getestet auf PlayStation 2.