Poi: Explorer Edition (Review)

Nach der ersten großen Indiewelle, die vor allem eine große Auswahl an 2D-Spielen mit sich gebracht haben, haben einige ambitionierte unabhängige Entwickler sich auch an das lange vernachlässigte 3D Jump & Run-Genre gewagt. Im Jahr 2017 ist Poi, ein Collectathon mit Abenteuerthematik endgültig fertiggestellt worden und für Switch, Xbox One und PlayStation 4 veröffentlicht worden. In den USA ist die Switch-Version sogar im Einzelhandel veröffentlicht worden – komplett mit deutschen Bildschirmtexten, weshalb dieser Artikel auf der Switch-Version basiert.

In Poi schlüpft man in die Rolle eines jungen Abenteurers wahlweise männlichen oder weiblichen Geschlechts. Wenn mir nicht irgendeine Textzeile im Spiel entgangen ist, besitzt der Protagonist des Spiels allerdings keinen Namen. Ein in die Tage gekommener Abenteurer mit Luftschiff hat seine stattliche Sammlung von Forschermedaillons in einem Sturm verloren und nun ist es an dem Spieler, die umgebenden Inseln zu erforschen.

Spielerisch könnte Poi wahrscheinlich gar nicht näher an Super Mario 64 sein. Der Hauptcharakter kann natürlich laufen und rennen, zusätzlich aber beispielsweise einen Doppel- und Dreisprung ausführen, einen Seitwärtssalto, einen Wandsprung ausführen und im Sprung auf Knopfdruck einen Hechtsprung machen. Selbst das Klettern an Gittern und Stangen ist mit von der Partie. Die einzigen beiden Unterschiede zwischen Super Mario 64 und Poi in Sachen Moveset sind, dass man in Poi auch in der Luft noch einen zweiten Sprung ausführen kann, um die Sprungweite zu vergrößern, dafür aber die ganzen Angriffsmöglichkeiten Marios – außer auf den Kopf springen – verliert.

Die Spielmechanik fühlt sich sehr gut an und es macht eine Menge Spaß, sich in Poi durch die Spielwelten zu bewegen. Dazu trägt insbesondere die flüssige und schnelle Ausführung aller Bewegungen durch, die natürlich auch durch das Leveldesign zu allerlei Akrobatik einlädt. Allerdings habe ich den Eindruck gehabt, dass es schwieriger ist als in Mario, einen Sprung genau zu landen. Die Plattformgröße im Spiel sorgt dafür, dass das in aller Regel kein sonderliches Problem ist, im Kampf gegen die vielen kleinen Gegner kann sich das aber schon zu einem Problem erwachsen. Zum Glück haben die Entwickler aber keinen besonderen Fokus auf Kampf gelegt und selbst in den drei geheimen Kampfarena-Missionen im Spiel muss man nur gegen eine sehr überschaubare Zahl an Gegnern antreten.

Hauptziel des Spiels ist es, die insgesamt 101 Forschermedaillons einzusammeln. Hierzu kann man einerseits in den sechs Hauptlevels jeweils sieben Missionen absolvieren und zusätzlich in der Oberwelt versteckte Zusatzaufgaben absolvieren. Ganz im Sinne des Abenteurer-Themas gibt es in den vier großen Hauptlevels jeweils 16 ausgezeichnete Wegpunkte und acht vergrabene Fossilien zu finden, versteckte Zahnräder können bei einer anderen Abenteurerin im Spiel gegen Medaillons eingetauscht werden und spezielle Challenge-Level stellen in linearen Hüpfaufgaben das Geschick des Spielers auf den Prüfstand.

Die Missionen der Hauptlevel können zwar in beliebiger Reihenfolge absolviert werden, es wird aber im Missionsauswahlbildschirm eine feste Reihenfolge empfohlen und bei Levelstart wird einem die jeweils nächste Mission auch durch eine kurze Kamerafahrt schmackhaft gemacht. In Sachen Missionsdesign haben die Entwickler wieder auf das große Vorbild aus dem Hause Nintendo zurückgegriffen. So gibt es jeweils fünf Missionen, die im Wesentlichen das Erreichen eines schwierig zu erhüpfenden Orts zum Inhalt haben, eine Mission, in der man sieben Schlüssel (statt acht rote Münzen) und eine Mission, in der man 100 in den Levels verteilte Münzen sammeln soll. Nach jeder erfolgreich abgeschlossenen Mission verlässt man automatisch das Level, dennoch gibt es kaum Redundanzen, da die Entwickler eine ziemlich ideale Balance der Levelgröße gefunden haben, so dass jede Mission hinreichend eigenständig ist.

Das Leveldesign ist sehr abwechslungsreich und gut durchdacht, in Sachen Schwierigkeitsgrad ist Poi aber eher ein milder Vertreter. Frust ist jedenfalls für geübte Spieler nahezu ausgeschlossen, allerdings ist Poi auch kein völlig triviales Spiel. Die Missionen machen durchaus guten Gebrauch von den zahlreichen akrobatischen Möglichkeiten im Spiel, so dass man definitiv konzentriert bei der Sache sein sollte, wenn man Poi spielt. In technischer Hinsicht ist Poi eher simpel gehalten und sieht im Wesentlichen aus wie ein Dreamcast-Spiel. Dennoch ist die Framerate auf der Switch leider nicht vollständig stabil. Bei der Suche nach den Forschermedaillons gab es in der Hinsicht keine Schwierigkeiten, bei der letzten Herausforderung im Spiel ist die Framerate aber leider stellenweise sichtbar eingebrochen. Richtig klasse ist allerdings der Soundtrack, besonders das Oberweltenthema ist ein Genuss für die Ohren.

Poi ist ein sehr gutes Collectathon-Jump & Run mit bewährter Spielmechanik und durchweg gelungenem Leveldesign. Mit einem Umfang von etwa sieben Stunden und einem Spieldesign ohne nennenswerte Tiefpunkte ist Poi für jeden 3D Jump & Run-Freund eine Empfehlung wert.

Getestet auf Nintendo Switch.