Die schwindelerregende Bibliothek (Meisterstücke)

Wenn jemand von der Prince of Persia-Serie von Ubisoft schwärmt, dann wahrscheinlich zu allerletzt von Prince of Persia Warrior Within – und das durchaus aus gutem Grunde. Nach dem sehr malerischen Überraschungshit Sands of Time hat Ubisoft die Zeichen der Zeit erkannt und die Zeichen der Zeit waren Anfang der 2000er Jahre vor allem eines: edgy. In Warrior Within begrüßt den Spieler ein verbitterter Prinz und die ganze Welt wirkt wie hinter einem grauen Schleier verborgen. Wohl fühlt man sich in Warrior Within keineswegs und das nicht etwa weil moralisch schwerwiegende Themen besprochen werden, sondern einfach, weil alles trist, unwirtlich und böse aussieht. Was hat Warrior Within also in der Reihe Meisterstücke verloren?

Obwohl Warrior Within einen stärkeren Fokus auf eine offene Welt und dynamischere Kämpfe gelegt hat, ist mein absolutes Highlight in Warrior Within eine beeindruckende Klettersequenz. Ich möchte sagen, die beeindruckendste und spannendste Klettersequenz der Reihe. Dabei hilft sicher auch der Kontrast in meiner eigenen Spielsituation, denn bevor ich zu der besagten Szene kam, hatte ich sehr mit dem offenen Konzept von Warrior Within zu kämpfen, denn das Spiel ist meines Erachtens sehr schlecht darin, dem Spieler zu sagen, wo es weitergehen soll.

Dass das Spiel trotz der offenen Struktur inhaltlich strikt linear ist, sorgt im Zusammenspiel dafür, dass ich in Warrior Within ziemlich viel Zeit mit wirrem Herumirren zugebracht habe – so auch mindestens eine halbe Stunde bevor ich meinen Weg in die Bibliothek gefunden habe. Doch die Bibliothek hat dann alle Schwierigkeiten, die ich mit dem Titel bis dato hatte vergessen machen können und ist bis heute die Szene aus allen PoP-Spielen, die sich am meisten in mein Gedächtnis eingebrannt hat.

Die Bibliothek ist vor allem dadurch so markant, dass sie alle Teilgebiete des Prince of Persia-Gameplays in sehr runder Form miteinander verbindet. Wandlauf, Klettern an Stangen, Balancieren, Kämpfe in luftigen Höhen, Schwingen und ein gutes Stück Wegfindung. Denn anders als in den modernen Nachfolgern der Prince of Persia-Reihe ist es in Warrior Within, aber vor allem in dieser Szene alles andere als offensichtlich, wie man seinen Weg zum Ziel bahnen soll. An vielen Stellen habe ich mich an einem ziemlich imposanten Aussichtspunkt hoch auf den Regalen der Bibliothek umgeblickt und mich gefragt, ob ich mich in eine Sackgasse manövriert habe, aber immer wieder fand sich die eine clever gemachte Stelle, an der man mit einer ungewohnten Akrobatikidee doch noch Fortschritte machen konnte.

Durch die recht kompakte Gestaltung der Bibliothek hat man immer wieder markante Punkte erreicht, die man von unten niemals als erreichbar vermutet hätte und die einen Ausblick gegeben haben, der zwar unbedingt mit der Ästhetik eines hohen Aussichtspunkts in der Assassin’s Creed-Serie mithalten kann, der aber doch einen Rückblick auf zahlreiche äußerst wohldesignte Hürden gibt. Näher an das Gefühl eines Kletter- oder Parcour-Profis kann meines Erachtens wohl kein Spiel führen.