Sly Raccoon (Review)

Nach ihrem, hoher Qualität zum Trotz, weitgehend unbeachteten Debüttitel Rocket: Robot on Wheels für das Nintendo 64 hat Sucker Punch sich schnell mit Sony über ein exklusives Geschäftsverhältnis geeinigt. Mit einem neuen Helden und einer neuen Schleichthematik hat Sly Raccoon als letzter der drei großen PlayStation 2-Jump & Run-Helden das Licht der Welt erblickt.

Sly Cooper, der Held von Sly Raccoon, entstammt einer wahren Dynastie von Dieben. Seine Vorfahren haben sich als Meisterdiebe einen Namen gemacht und die Familienweisheiten in einem Buch namens Thievious Raccoonus niedergeschrieben, das auch Sly als Lehrbuch gedient hat. Unglücklicherweise geht die Familienhistorie auch mit einer lang anhaltenden Fehde mit der diebischen Eule Clockwerk einher und eines Tages ist Slys geschätztes Buch verschwunden und in Einzelteilen zwischen verschiedenen rivalisierenden Dieben aufgeteilt. Zusammen mit seinen Freunden Murray und Bentley macht sich Sly auf, das Familienerbstück wieder zusammenzusetzen.

Wenngleich die Sly Cooper Reihe den Ruf hat, Jump & Run und Stealth zu verbinden, ist der erste Teil, Sly Raccoon, ein ziemlich reines, lineares Jump & Run, das Stealth eher als Thematik denn als Gameplay-Element enthält. Zwar muss Sly bisweilen geheim agieren, das bedeutet aber nur, dass man Suchlichtern ausweichen muss, was spielerisch von gefährlichen Plattformen nicht unterscheidbar ist. Sly Raccoon ist in fünf Welten unterteilt, die jeweils sieben Einzellelevel enthalten, die in teilweise freier Reihenfolge gespielt werden können. In der Regel sind nur fünf dieser Level Jump & Run-Level, wohingegen die anderen Level Minispiele sind, beispielsweise Rennlevel aus der Vogelperspektive oder Shooter-Level im Stil von Moorhuhn.

Im Gegensatz zu seinen Nachfolgern setzt Sly Raccoon fast ausschließlich auf strikt lineare Leveldesigns. Jede Welt kommt zwar mit einer eigenen Oberwelt daher, doch diese Oberwelt dient tatsächlich nur als Hub und nicht etwa als Schauplatz für Missionen. Gleichzeitig fällt auf, dass die Missionen relativ kurz sind. Mehr als 10 Minuten dürfte man für kein Level im Spiel benötigen. Das hat allerdings auch einen Grund, denn Sly Raccoon legt einen großen Wert auf eine fixe Ausführung: In jedem Level gibt es neben dem Hauptziel noch einige versteckte Falschen zu sammeln aber insbesondere auch einen Time Attack, der durchaus bisweilen recht fordernd sein kann. Die Länge der Level und das Timing der Hindernisse in den Levels ist recht ordentlich auf diesen Performance-Aspekt abgestimmt, wenngleich nur wenige Level wirklich einen optimalen Fluss zulassen.

Sly Raccoon ist, besonders in Hinblick auf spätere Serienteile, erstaunlich strikt. Sly selbst hat keinerlei Lebensenergie, sondern stirbt beim ersten gegnerischen Treffer oder Sprung in einen Abgrund. Allerdings gibt es vereinzelt Hufeisen zu finden, die ziemlich exakt so funktionieren wie die Aku-Aku-Masken in Crash Bandicoot. Interessanterweise wurde sogar die dynamische Schwierigkeitsanpassung von Crash übernommen. Stirbt man zu oft, startet man das Level zunächst mit einem, später mit zwei Hufeisen erneut. In Anbetracht der Kürze der Level hat das zwar keine große Bedeutung, aber Extraleben sind in Sly Raccoon recht rar gesät, so dass es durchaus nicht unrealistisch ist, dass man das eine oder andere Mal den Game Over Bildschirm zu sehen bekommt.

Leider ist die Spielmechanik in Sly Raccoon stellenweise ein wenig hakelig. Besonders das Greifen von Ringen, um sich an diesen entlang zu schwingen erweist sich als äußerst knappe Angelegenheit, die sehr gerne mal tödlich endet. Auch einige Sprünge sind äußerst knapp gestaltet und ungenaue Kollisionsabfragen an Plattformrändern erweisen sich als frustrierende Angelegenheit. Nichtsdestotrotz macht Sly Raccoon aber eine Menge Spaß. Interessant ist übrigens für Kenner von Rocket: Robot on Wheels auch zu sehen, wie nah der Stil der Charakterdesigns, insbesondere in Hinblick auf die Augen, an dem Design des N64-Titels ist.

Sly Raccoon ist ein unterhaltsames lineares Jump & Run mit ungewöhnlicher Thematik und gutem Leveldesign. Einige hakelige Stellen, ein sehr geringer Spielumfang und eher dürftige Minispielmissionen sorgen dafür, dass das Spiel keine uneingeschränkte Empfehlung wert ist, doch ist das Spiel insgesamt so kompetent designt, dass es immernoch eine gute Wahl ist.

Getestet auf PlayStation Vita.