CrossCode (PS4 Review)

Nach neun langen Jahren (sieben, wenn man es schon auf dem PC gespielt hat) beglückt uns das sympathische Team aus Saarbrücken mit einem Spiel, das an selige 16 Bit-Zeiten erinnert. Radical  Fish Games hat sich wohl nicht ohne Grund an Klassikern wie Zelda: A Link to the Past orientiert, die auch heute noch sehr beliebt sind und leider viel zu selten neu belebt werden.

Die Geschichte beginnt mit einem klassischen Rollenspielklischee: Lea, die Protagonistin in CrossCode, leidet an Amnesie. Eine, wie es scheint, weit verbreitete Krankheit unter vielen Helden und Heldinnen in der Welt der Rollenspiele, besonders Adol aus der Ys-Reihe kann davon wohl so viele Lieder singen, dass es für ein ganzes Album reicht. Dann kommt die Geschichte aber in Schwung: CrossCode simuliert eine Onlinewelt, wie man sie normalerweise in MMORPGs findet. 

Lea und auch alle anderen Personen, denen wir in CrossCode begegnen und die sogar in unserer Party eigenständig mitkämpfen, sind Avatare von fiktiven Menschen. Das führt zu witzigen Unterhaltungen zwischen den Charakteren, die sich ausloggen weil sie wieder für das Studium lernen müssen, arbeiten gehen oder die einfach sprichwörtlich die ganze Nacht durchgezockt haben und ein wenig Schlaf brauchen. Jetzt liegt es also an uns, hinter das Geheimnis von Lea zu kommen, das ich natürlich hier nicht verraten werde. Die Geschichte und die ganze Welt ist liebevoll aufbereitet und strotzt vor kleinen Details und hält den Spieler auch bei Laune, wenn er wie ich wieder an den Rätseln in den Dungeons verzweifelt.

In der Oberwelt, die die einzelnen Städte und Dungeons verbindet, kann man viele sinnvolle Items finden, mit denen man in den Städten Tauschhandel betreiben kann. Richtig gelesen, neben den üblichen Händlern kommt man nur an die richtig guten Sachen, wenn man die erforderlichen Materialien im Spiel findet. Grinding und Goldfarmen, wie in anderen Spielen üblich, führt hier also nicht zum Ziel. Dadurch haben die Entwickler die Möglichkeit, ihr erdachtes Balancing weitestgehend durchsetzen zu können. 

Natürlich begegnen wir auch vielen Monstern, hier kommt das Echtzeit-Kampfsystem richtig zur Geltung. Neben den üblichen Schwertern und anderen Nahkampfwaffen gibt es hier einen kleinen Twist, der das Kampfsystem jedoch massiv erweitert: Man kann mit „Bällen“ schießen. Wer hier an Twinstick-Shooter denkt liegt gar nicht so falsch, da hier der rechte Analogstick zum richtigen Zielen gebraucht wird. Lea kann wild um sich schießen, hält man jedoch den Analogstick länger in eine Richtung, ohne sofort wild drauflos zu ballern, kann der Spieler gezielt auf die Gegner schießen. Doch nicht nur Gegner, auch viele Rätsel leben von diesem Kniff, besonders in den Dungeons, auf die ich später noch zu sprechen komme.

Die Oberwelt bietet wie schon geschrieben viele kleine Geheimnisse und Schatztruhen, die jedoch nicht leicht zu erreichen sind. Radical Fish Games spielt hier mit den Höhenunterschieden, die wirklich clever designed wurden, jedoch auch eine der wenigen Schwachstellen in CrossCode offenbaren. Oft kann man nicht genau erkennen, ob eine bestimmte Stelle jetzt höher liegt, dies ist jedoch der gewählten Ansicht geschuldet, die zwar einen guten Überblick bietet, bei Höhen aber ihre Schwächen hat. Es gibt übrigens keinen dedizierten Sprungbutton, Lea hüpft wie auch Link automatisch. Der Spieler kann auf der Karte Markierungen setzen, falls man bestimmte Fähigkeiten noch nicht erlangt hat, sich aber eine bestimmte Schatzkiste nicht entgehen lassen will.

Kommen wir zum Prunkstück des Spiels, den Dungeons. Diese sind sehr clever designt, bieten verschiedene Rätsel und natürlich einen Dungeonboss. Die Rätsel haben verschiedene Kniffe, manche erfordern genreüblich logisches Denken, manche basieren auf Geschicklichkeit, wiederum andere erfordern ein schnelles Timing und natürlich wird hier auch wild kombiniert. Zum Glück haben die Entwickler hier verschiedenen Optionen ins Spiel eingebaut, die auch genrefremden Spielern das Durchspielen ermöglichen. Man kann einstellen, wie viel Schaden die Gegner verteilen und auch bei den Rätseln, die auf schnellem Timing basieren, die Geschwindigkeit absenken, sodass auch langsamere Spieler eine Chance haben. Ich kann auf jeden Fall versichern, dass man nicht einfach so durch das Spiel rushen kann sondern sich insbesondere bei den Rätseln Zeit nehmen muss. Vielleicht liegt es aber auch nur an meiner eigenen Unfähigkeit, bestimmte Rätsel schnell zu verstehen. Wie in einem guten Spiel jedoch üblich weiß man spätestens nach der Lösung, dass die Rätsel jederzeit logisch sind, was definitiv für gutes Design spricht. Auch die Dungeonbosse sind nicht einfach nur durch blindes Draufschlagen zu besiegen, hier braucht man die richtige Taktik, ansonsten sieht man schnell die Radieschen von unten. Der Tod ist bei CrossCode jedoch keine Bestrafung, weil man nichts verliert und praktisch genau in dem Bildschirm wieder anfängt, in dem man gestorben ist.

Neben der Hauptgeschichte gibt es auch viele Nebenquests, für die man Materialien, Erfahrungspunkte oder auch Ausrüstung verdient. Leider sind einige Aufgaben jedoch repetitiv, ein Problem, mit dem viele Spiele dieser Art zu kämpfen haben. 

Lea ist es auch möglich, bei einem Levelanstieg neue Fähigkeiten zu erwerben, die einem besonders im Kampf zugute kommen. Auch in den Dungeons findet man neue Fähigkeiten, mit denen man immer tiefer in die Welt abtauchen kann und zuvor nicht betretbare Bereiche erkunden kann.

Man darf auch die tolle, fast immer zur Stimmung passende Musik nicht vergessen. Mal antreibend wie in Kämpfen, dann wieder ruhiger und stimmungsvoller in der Oberwelt, in den Städten und in den Dungeons. Die Soundeffekte sind über alle Zweifel erhaben und klingen wie in der guten alten Zeit, jedoch modern. 

Auch wenn ich noch nicht komplett durch bin danke ich Radical Fish Games für dieses tolle Spiel, welches je nach Spieler weit über 30 Stunden Spielspaß bietet. CrossCode hat eine liebevolle Grafik, tolle Sounduntermalung mit Ohrwurmcharakter, eine eingängige Steuerung, tolle Dungeons, witzigen Humor und hat ein klassisches Genre wunderbar in die Moderne transportiert. Ich kann CrossCode jedem empfehlen, der früher wie heute Spaß an solchen Spielen hatte, Ihr werdet nicht enttäuscht. 

Vielen Dank an Deck13 für die Bereitstellung des Testmusters.