Anonymous;Code (Review)

Die Science Adventure-Serie hat im Laufe der letzten zwei Jahre ein starkes Comeback im Westen gefeiert. Mit dem Chaos;Head / Chaos;Child und dem Robotics;Note-Pack sind eine Menge Visual Novel-Klassiker auf Nintendo Switch und PlayStation 4 gelandet. In dieser Woche ist mit Anonymous;Code der jüngste Teil gefolgt. Mein Kollege Thomas hat Anfang der Woche bereits die PlayStation 4-Fassung unter die Lupe genommen, heute folgt die Besprechung der Switch-Version.

In Anonymous;Code verfolgt man schwerpunktmäßig die Geschichte des Hackers Pollon, der in einer nicht allzu fernen Zukunft in Japan lebt, die durch den Computer-Fortschritt geformt wurde. Virtual Reality und Augmented Reality werden durch kleine Implantate zu geradezu lebensbestimmenden Hilfsmitteln. Umso mächtiger ist natürlich der Einfluss von Hackern, die nicht mehr nur auf Bildschirme, sondern direkt auf die Wahrnehmung anderer Einfluss nehmen können.

Die Geschichte von Anyonymous;Code dreht sich vor allem um eine Entdeckung, die ob ihrer besonderen Sprengkraft weitgehend unter Verschluss bleiben soll: Den sogenannten Weltensimulator. Hierbei handelt es sich um einen Super-Computer, der in der Lage ist, die gesamte Realität vom Anbeginn der Zeit zu simulieren und sogar einen Blick in die Zukunft zu erlauben. Dieser Blick in die Zukunft bleibt allerdings natürlich nicht ohne Folgen, denn wenn man weiß, was andere (wahrscheinlich) tun werden und weiß, was der Effekt des eigenen Handelns ist, dann hat das natürlich Auswirkungen auf das eigene Handeln. Im Ergebnis ist die Zukunftssimulation natürlich mit einer gewissen – mit größeren zeitlichen Abstand wachsenden – Unsicherheit verbunden.

Pollon trifft früh im Spiel auf ein von bewaffneten Agenten verfolgtes Mädchen namens Momo Aizaki und macht es zu seiner Aufgabe, sie zu beschützen. Hierbei geht ihm eine besondere Fähigkeit zur Hilfe, die er erst im Zuge dieses Abenteuers entdeckt: Die Möglichkeit, Spielstände von seinem eigenen Leben zu laden und zu speichern. Hier kommt der Spieler ins Spiel, der diese Fähigkeit in Zusammenarbeit mit Pollon steuert und ihm so ermöglicht, aus Fehlern zu lernen und statistische Unmöglichkeiten möglich zu machen.

Die Geschichte von Anonymous;Code spielt mit einer Menge wissenschaftlicher Thesen und Ideen, wirft spannende Fragen auf und befasst sich mit diesen auf eine verspielte, aber durchaus durchdachte Weise. Es bietet zudem für manche Mysterien vergangener Science Adventure-Spiele neue Erklärungsansätze, ohne diese aber allzu explizit zu machen. Die spannende Grundgeschichte wird überzeugend erzählt und dieses Mal verzichten die Entwickler auch auf die gewohnten sexuellen Fanservice-Anteile, die meines Erachtens in vergangenen Titeln ein wenig sauer aufstoßen ließen. Allerdings wird das Potenzial der Geschichte nach hinten heraus nicht voll ausgenutzt, die Geschichte bleibt bodenständiger, als gerade die Idee der Weltsimulatoren es sicherlich ermöglicht hätte.

Auf spielerischer Seite ist Anonymous;Code wie gewohnt sehr zurückhaltend, hat aber einen gewaltigen Schritt nach vorn getan, was die Intransparenz anbelangt. War es in allen bisherigen Spielen der Reihe quasi unmöglich, ohne Guide das wahre Ende des Spiels zu erreichen, ist Anonymous;Code problemlos mit einem wachsamen Auge durchspielbar. Das Spiel kommuniziert transparent, was man tun muss, um weitere Enden freizuschalten und gibt sogar explizite Hinweise am Ende von schlechten Enden.

Technisch ist die Nintendo Switch-Version von Anonymous;Code makellos. Ich habe das Spiel komplett ohne Spielabsturz oder Framerate-Probleme durchgespielt und die Grafik war auf dem Bildschirm der Nintendo Switch klar und scharf. Insofern ist die Wahl der beiden Plattformen im Endeffekt eine reine Geschmacksfrage. Mit der Nintendo Switch-Version macht man sicherlich nichts falsch.

Anonymous;Code ist eine spannende Visual Novel, die sowohl eigenständig als auch als Fortsetzung insbesondere zu Steins;Gate super funktioniert. Schwächen der Vorgänger wurden ausgemerzt und das Writing ist durchdacht. Eine Hand voll Tippfehler in der englischen Übersetzung – die übrigens auch mit einer umfassenden englischen Sprachausgabe begleitet wird – sind in Anbetracht der gewaltigen Textmenge entschuldbar. Der Umfang ist mit etwa 15 Stunden etwas geringer als bei vergangenen Science-Adventure-Spielen, fällt aber keineswegs negativ auf.

Vielen Dank an Spike Chunsoft für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf Nintendo Switch.