Tinkertown (Review)

Kürzlich hat Tinkertown den Early Access verlassen. Den Release habe ich mir zum Anlass genommen, das prozedural generierte Pixelabenteuer genauer anzuschauen.

Ein entspanntes Mehrspieler-Sandbox-Spiel?

Zugegeben, den Mehrspieler-Anteil habe ich mir nicht angeschaut, weil ich niemanden habe, mit dem ich hätte spielen können. Tinkertown sollte aber auch im Einzelspiel funktionieren, also habe ich das ausprobiert. Aufgrund der Beschreibung auf Steam habe ich ein eher entspanntes Spiel erwartet. Ein bisschen bauen, ein bisschen erkunden, eingebettet in ein bisschen Story. Auch wenn ein freier Modus natürlich ebenfalls existiert. Der unterscheidet sich von dem geführten Abenteuer-Modus darin, dass bestimmte Barrieren sofort deaktiviert sind. Dadurch sind schwierigere Gegenden direkt erreichbar. Wie die eiskalte Schneegegend. Solltet ihr beim Erkunden irgendwo Chili finden, helfen euch damit gekochte Gerichte. Aber natürlich nicht dauerhaft. Na, das kam mir doch sehr vertraut vor!

In Tinkertown wird die Weltkarte prozedural generiert. Bei Erstellung einer neuen Welt kann ich auch einen Seed auswählen, wenn ich ihn mir nicht zufällig zuweisen lassen will. Der Charakter-Editor ist zwar eher rudimentär, aber ich kann ein paar bunte Hautfarben auswählen. Charaktere kann ich in mehreren Welten benutzen, sogar samt Tascheninhalt.

Handgestaltet sind dagegen die Dungeons und Höhlen. Die Gebiete, die einem entspannten Spielerlebnis im Weg stehen. 

So seh ich nicht aus. Meine Haare sind nämlich gar nicht rot.
Hausbau für die Townians

Das Spiel beginnt damit, dass ich irgendwo inmitten von Ruinen stehe und nur Sage, die Weise in der Nähe ist. Baue ich ein Haus für Sage, erklärt sie mir, was ich zu tun habe. Ein Globus in ihrer Hütte zeigt die Positionen von drei Dungeons. Der Rest ist ziemlich ungefärbt, schließlich habe ich kaum erkundet. Mal von den leuchtenden Barrieren abgesehen, die mich von Erkundungsgängen in bestimmten Gebieten abhalten. (Ohne Schutz in die Kälte zu gehen, ist aber auch wirklich nicht empfehlenswert.)

Ein Haus braucht nicht viel mehr als in Dragon Quest Builders 2. Schon weil ich keine zwei Blöcke aufeinanderstapeln kann. Dafür wollen die Townians (darunter Sage) bestimmte Möbel in ihren Zimmern. Die meisten kann ich an einer von meinen gefühlt 28584 Werkbänken fertigen, für manche muss ich jedoch mit dem entsprechenden Townian reden. Hat eine Weile gedauert, bis ich das verstanden habe. Dass ich die benötigten Materialien in der Tasche haben muss, hilft auch nicht, da es schwierig ist, den Überblick zu behalten, wo ich etwas langere. Das Inventar bietet aber auch nicht genug Platz, um viel mehr als die wichtigsten Werkzeuge und ein paar Heilitems längere Zeit zu tragen.

Böden sind optional, ebenso wie weitere Gegenstände, die den Townians gefallen. 

Aber ich wollte eigentlich über die Dungeons schreiben. Oder vielmehr die Kämpfe.

Mühlseliges Kämpfen

Die Dungeons sind eigentlich ganz cool. Es gibt Abzweigungen und viel zu Erkunden, auch wenn zu viele Kisten und Fässer leer sind. Ein paar Hinweistexte bei Bedarf. Irgendwo sitzt jemand, der Hilfe braucht (beispielsweise, weil er im Kerker sitzt). Es gibt Abkürzungen für erneute Besuche des Dungeons.

Aber, was dem Spielspaß in Tinkertown absolut nicht zuträglich ist, ist das Kampfsystem. Und der Umgang mit besiegten Charakteren. 

Ich fühle mich wie in Animal Crossing: New Horizons.

Kämpfe sind eher rudimentär. Ich kann sogar den Angriffsknopf gedrückt halten, was ganz praktisch ist. Allerdings muss ich mit Nahkampfwaffen sehr dicht an Gegner heran. Der Bogen hat entsprechend kein ganz so schnelles Dauerfeuer. Ausweichen ist schwierig.

Soll heißen, kaum möglich. Ich kann springen, um auszuweichen, und bei doppeltem Drücken des Sprungknopfes extrem kurz sprinten. Das ist so schon eher unpraktisch, aber mit dem Bogen noch schwieriger.

Im ersten Dungeon war ich noch glücklich darüber, eine Waffe gefunden zu haben, mit der ich nicht ständig von Gegnern getroffen werde. Heilen ist auch ziemlich umständlich und unter Umständen langsam. Seit meinem ersten Ausflug mit Aloy habe ich mich fast halbwegs an Fernkampfwaffen gewöhnt. Was mir zuletzt in Tears of the Kingdom zugute kam, half mir in Tinkertown nun auch im Walddungeon. Doch nach einer erfolgreichen Erkundung der Wüste landete ich im Wüstendungeon, in dem mir der Bogen nicht mehr so viel half. Dafür war er zu langsam und das Ausweichen zu schwierig. Besonders, weil das Zielen mit dem rechten Stick funktioniert, will ich nicht in dieselbe Richtung schießen, in die ich gehe. Zielen und Ausweichen lassen sich aber nur schwerlich kombinieren.

Mir ist da was aus der Tasche gefallen

Ist man erst einmal tot, dann verliert man ein paar Items. Auf der Weltkarte kann ich den Kram wieder in meine Tasche packen. Die Dungeons dagegen werden nach jedem Verlassen zurückgesetzt. Was ich verloren habe, ist also futsch. Alle meine Fortschritte mit geöffneten Türen ebenso.

Ich fühle mich gerade richtig entspannt.

Base Building

Mein sicherer Hafen in Tinkertown ist das Startgebiet. Ich könnte auch anderswo mein Lager aufschlagen, aber wozu? Die Ruinen liegen zentral und Monster halten sich dort auch keine auf. Auch wenn mir ich die gegebenenfalls mit Fackeln vom Hals halten könnte. Außerdem steht dort der Seelenstein von Sage, weshalb ich die nächsten Seelensteine ebenfalls dorthin verfrachtet habe.

Seelensteine sind Markierungen für die Townians, dass eine bestimmte Hütte ihnen gehört. Wenn die Möbel stimmen, ziehen sie dort ein. Sie können mit Materialien aushelfen und vergeben neue Bauanleitungen. Ein paar muss ich erst einmal befreien, andere finde ich zufällig in der Gegend. Bevor ich ihnen ein Haus bauen kann, haben sie meist aber eine Nebenquest für mich. Einer wollte, dass ich für ihn angle und koche, eine andere wollte, dass ich für sie eine bestimmte Anzahl an Gegnern besiege. Ein wenig schade ist, dass die Fundorte nicht auf der Karte angezeigt werden, die ohnehin nur im Lager steht, aber dafür gibt es in der Welt platzierbare Marker, vermute ich. 

So entstand in der Mitte nach und nach ein kleines Dorf. Nicht unbedingt hübsch, aber zweckmäßig. Die Leute verlangen schließlich auch nur eine bestimmte Mindestgröße und eine Handvoll Möbel. Anstelle eines Gartens habe ich entsprechend auch nur Pflanzen wild platziert und bei Bedarf und Reife abgesäbelt. Aber wenn ich Lust hätte, könnte ich mit etwas mehr Aufwand auch in Tinkertown etwas hübschere Ortschaften bauen. In der Welt platzieren kann ich Gegenstände (wie Wände) auch, indem ich irgendwo stehen bleibe und mit dem rechten Stick den Ort auswähle. Das ist sehr angenehm.

Letztens waren die Schleime noch meine Freunde.
Ab durch die Wand

Hin und wieder hat Tinkertown Probleme damit, die Karte nachzuladen. Das könnte allerdings auch an meinem Computer liegen, der nicht so ganz High-End ist. Dann bleibt ein Teil des Bildschirms schwarz, während ich weiterlaufen kann. Auch in den schwarzen Bereich hinein. Wenn der dann nachlädt, kann passieren, dass ich irgendwo lande, wo ich nicht sein sollte. In einer Wand stand ich zwar nicht, aber einmal bin ich in einem unzugänglichen Kartenbereich gelandet. Dann stand ich im Nichts, um mich herum undurchdringliche Wände. 

Das ist mir nur ein einziges Mal passiert. Dann habe ich lieber aufgepasst. Auch wenn ich im späteren Spielverlauf für Notfälle meist einen Teleportationstrank bei mir hatte. Aber ich musste es ja nicht darauf ankommen lassen.

Darüber hinaus hatte ich nicht mit großen Performance-Problemen oder Bugs zu kämpfen. Meistens dann doch eher mit unklaren Aufträgen oder der fehlenden Übersicht, wo ich denn nun einen bestimmten Gegenstand herstellen kann. Da hatte ich kurzzeitig einen Bug befürchtet, glücklicherweise war es dann aber doch keiner.

Fazit

Wer ein entspannendes Sandbox-Abenteuer mit Freund:innen (oder allein) spielen möchte, ist mit Tinkertown derzeit eher schlecht bedient. Die Kämpfe nerven dafür zu sehr. Dass die Dungeons bei jedem Verlassen (freiwillig oder unfreiwillig) zurückgesetzt werden, blockiert zudem unter Umständen Fortschritte zu sehr, die neue Gegenstände zum Craften bringen würden. Allerdings soll ein Update folgen, das zumindest den Verlust von Gegenständen bei Tod optional macht. Das würde ich sehr begrüßen. 

Prinzipiell machen die Dungeons Spaß. Die Gegner eher weniger, weil sich das Kämpfen schlecht anfühlt und sie oft zu viele Lebenspunkte haben.

Daher kann ich nur eine eingeschränkte Empfehlung aussprechen. Besonders, weil wahrscheinlich nicht nur ich mir unter „entspannend“ etwas weniger Tod und Verlust von Gegenständen vorgestellt habe. 

Herzlichen Dank an Headup Games für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf PC.