Bayonetta Origins: Cereza and the Lost Demon (Review)

Wie ist Bayonetta wohl zu der mächtigen Umbra-Hexe geworden, wie wir sie heute kennen? Ein paar Details könnten bereits bekannt sein, wenn ihr die Reihe gespielt habt. Einen tieferen Einblick bietet nun Bayonetta Origins: Cereza and the Lost Demon. Zum Release habe ich mich in die Bilderbuchgeschichte über eine angehende Hexe gestürzt. Gemeinsam mit ihr und dem Dämon Cheshire habe ich den Wald von Avalon erkundet. Es ist zwar verboten, diesen Wald einfach zu betreten, aber ihr verratet doch niemandem etwas, oder?

Eine Junghexe auf der Suche nach ihrer Mutter

Als Mädchen ist sie als Cereza unterwegs, später einmal werden wir sie unter dem Namen Bayonetta kennen. Mehr Vorwissen sorgt dafür, Gegebenheiten und Referenzen wiederzuerkennen, im Grunde funktioniert Bayonetta Origins aber auch ohne allzu viele Vorkenntnisse. Besonderheiten von Umbra-Hexen hebt die Geschichte vor, und was in der Hauptreihe passiert, ist zum Verständnis des Prequels unwichtig. 

Cerezas Mutter ist eine verbotene Beziehung eingegangen und im Knast gelandet. Das Mädchen würde sie gern befreien, ist jedoch zu schwach dafür.

Nun lernt sie bei der Hexe Morgana, die nahe des Waldes von Avalon lebt. Mit eher mäßigem Erfolg, aber doch fest entschlossen, eine richtige Umbra-Hexe zu werden. 

Eines Tages erscheint Cereza im Traum ein Junge. Was wir träumen, ist bekanntermaßen vertrauenswürdig, also betritt sie in seinem Auftrag den Wald. Natürlich nicht einfach so, selbst wenn sie ein Mädchen ist und er ein Junge, sondern weil er ihr verspricht, sie könne dort die Kraft finden, ihre Mutter zu befreien. Und so folgt sie einem weißen Wolf.

Bevölkert von Feen, ist der Wald ein gefährlicher Ort. Magie, Risse im Raum, ominöse Stimmen – Bedrohungen lauern hinter jeder Ecke. 

Und doch ist der Wald von Avalon auch sehr hübsch. Alles ist in einem weichen, farbenfrohen Bilderbuch-Look gehalten (die Augen fand ich anfangs aber etwas unheimlich). Reflektierende Spiegel und Splitter, in denen sich das Licht verfängt. Passend zur märchenhaften Geschichte. 

Schnell ist klar, dass Cereza über sich hinauswachsen muss, will sie den Wald überleben und ihre Mutter retten. Die Erzählerin kommentiert die Geschehnisse und begleitet oft verschiedene Standbilder mit kleineren Bewegungen, an einzelnen Stellen aber auch, während ich Cereza gehen lasse.

They never get my nose right!
Das Mädchen und der Dämon

In Bayonetta Origins ist Cereza noch ganz Kind. Ein wenig einsam, nach Anerkennung ihrer Fähigkeiten suchend. Mit dem Wunsch, eine richtige Umbra-Hexe zu werden, um ihre Mutter zu befreien. Unsicher, was ihre eigenen Fähigkeiten angeht. Manchmal auch trotzig. Oder ängstlich. 

An ihrer Seite steht Cheshire, der ruppige Dämon, der nur zurück nach Inferno möchte. Doch dazu reichen Cerezas Kräfte noch nicht aus. 

Sie brauchen sich gegenseitig, also raufen sie sich notgedrungen zusammen. Streitigkeiten sind also vorprogrammiert. Auf dem Weg arbeiten sie aber auch immer wieder gemeinsam, helfen einander und kommen mit den Fähigkeiten beider voran. Cereza zaubert und Cheshire tut, was Katzen eben tun: Er schlägt mit seinen Krallen nach Gegnern und frisst sie.

Beide werden stärker, Cheshires Fähigkeiten erweitern sich dabei mehr als die der jungen Hexe. Unterwegs sucht das Duo nach vier Elementarkernen, die Cheshire neue Kräfte verleihen. Teils nutzt der Dämon die Elemente im Kampf, aber vor allem außerhalb. 

Mit dem Holzelement etwa stiehlt er Feen ihren Schild und zieht fliegende Blumen zu sich heran. Überall im Wald befinden sich scheinbar unüberwindbare Hindernisse, für die Cheshire ein passendes Element benötigt. Allerdings ist die Karte zwar ineinander verzahnt, meist benötigt der weitere Weg jedoch kein Überlegen oder das Erinnern an eine frühere Sackgasse. Stattdessen hinterlässt der weiße Wolf Fußspuren und auch auf der Karte gibt es Hinweise. Tatsächlich finde ich die Fußspuren äußerst praktisch, weil ich so immer zuerst die Nebenwege ablaufen kann, um Truhen und zusätzliche kleine Rätsel zu finden. Belohnt werde ich vorwiegend mit Ressourcen, die ich auch in den Büschen finde, aber gerade die Rätsel machen Spaß. Falls sich einmal eine Fee in einer Truhe verbirgt, ist das auch putzig.

Wie soll Cereza da nur vorankommen?
Auf in den Kampf

In Cereza and the Lost Demon kämpfen Cereza und Cheshire gemeinsam. Der Dämon bringt die Kampfkraft mit, während das Mädchen vorwiegend eine unterstützende Rolle spielt. Denn ihr Schuhwerk ist jetzt noch unbewaffnet. Mit Dornfesseln lähmt sie Gegner, die Cheshire daraufhin angreift. Im Unterschlupf kann ich zudem nicht nur speichern, sondern auch Talente für die beiden freischalten, darunter auch Ausweichmanöver oder Combo-Angriffe.

Das Kampfsystem bleibt ziemlich simpel, auch wenn Variationen wie Elementbarrieren auftauchen. Besonders schwierig sind die Kämpfe nicht, weshalb die finalen Kämpfe durch ihre plötzliche Komplexität auffallen. 

In den Optionen lässt sich die Schwierigkeit der Kämpfe bei Bedarf herunterregeln. Außerdem gibt es einige weitere Zugänglichkeitsoptionen. Etwa, ob bei einem bestimmten Angriff die Schultertaste gedrückt gehalten wird oder man nur einmal drückt. Ob Cheshires Magie abnimmt und wie viel Schaden Cereza einsteckt. Aber auch, ob ich das kleine Rhythmus-Minispiel, mit dem Cereza außerhalb der Kämpfe zumeist zaubert, selbst ausführen muss. Besonders schwierig ist es zwar nicht und Fehler kein Problem, aber wer darauf verzichten möchte oder nicht damit zurechtkommt, kann es so einfach ausschalten und den Rest des Spiels genießen. Einzelne Optionen habe ich aus Komfortgründen für mich eingestellt und andere kurz ausprobiert. 

Ein wenig repetitiv werden die Kämpfe zwar, allerdings sind sie meist schnell genug vorbei, um nicht zu stören. Außerdem schaue ich zwischendurch gern zu, wie Cheshire eine Fee verschlingt.

Essen fassen!
Spiegelverliese

Einzig die Frequenz der Kämpfe in den Spiegelverliesen, den Tír na nÓg, stört mich ein wenig. Von diesen kleinen Dungeons hinter Rissen im Raum gibt es zwei verschiedene Typen. Die einen sind Aneinanderreihungen von Rätseln, während in den anderen meist direkt ein Kampf folgt. Gerade bei den Tír na nÓg, die ich für das Durchspielen abschließen muss, ist der Kampffokus manchmal zu groß. Andere dagegen sind optional. Die Tír na nÓg bieten ein Blütenblatt als Herzteil-Äquivalent als Belohnung.

Gerätselt habe ich lieber. Dabei geht die Besonderheit, dass ich Cereza und Cheshire mit den Sticks einzeln gleichzeitig steuere, voll auf. Mal nutze ich die Fähigkeiten der Hexe, um einen Weg zu schaffen, mal ermöglicht erst der Dämon es Cereza, ein Stück voranzukommen. Mal kann ich mich auf eine Figur konzentrieren, während die andere wartet. Besonders spannend wird es allerdings, bewege ich beide Charaktere gleichzeitig. Beispielsweise, um schnell einen sicheren Weg für Cereza zu finden, weil die Pfade der beiden aufeinander reagieren und Stacheln aus dem Boden hervorschießen. Die tun vielleicht weh! Mit etwas mehr Zeit hätte Cereza natürlich einen selbstgebrauten Heiltrank zu sich nehmen können. Aber von einem kleinen Scheitern lasse ich mich nicht aufhalten. Cereza auch nicht, selbst wenn sie erst einmal den Mut verlieren mag.

Ein wenig chaotisch wird es, wenn ich Cereza auf die rechte Seite und Cheshire auf die linke Seite des Bildschirms befördere. Also vertauscht zu ihren Sticks. Das kann während der Kämpfe und bei einigen Rätseln, auch in der Oberwelt, passieren. Meistens ist es nicht tragisch, verwechsle ich darüber kurzzeitig die Sticks. Manchmal landet Cereza dann leider im Wasser. Dabei muss sie als Umbra-Hexe doch besonders auf ihre Haare aufpassen!

Der Wald von Avalon

Avalon, Morgana – Namen und Begrifflichkeiten aus der Artussage finden sich in Cereza and the Lost Demon einige. Teilweise auch in Ortsbezeichnungen. Weitere Sagengestalten finden Erwähnung in Schriftstücken, die Cereza im Wald finden kann. Darin finden sich viele Hintergrundinformationen zum Wald und den Geschehnissen, zur Vergangenheit der Feen. Je eine Handvoll Texte stammen aus derselben Feder. Beispielsweise von einer Umbra-Hexe, die den Wald früher einmal erforscht hat, oder von einem Feenkönig. Die meisten Texte sind sehr unterhaltsam geschrieben.

Wo alles glitzert und funkelt, im Wald, finden sich viele Abzweigungen, die zum Erkunden einladen. Mal gemeinsam als Duo, mal kurzzeitig allein. Denn lange dürfen Cereza und Cheshire nicht voneinander getrennt sein. 

Muss ich nicht beide steuern, um ein Rätsel zu lösen oder etwas zu finden, das nur Cereza erreicht, bietet sich der Knuddelmodus an. Dabei verwandelt sich Cheshire per Knopfdruck zurück in die kleine Plüschkatzenform. Bewege ich nun den rechten Stick, streckt sich Cheshire ein Stück nach vorne, bleibt aber immer noch bei Cereza. Mit dem passenden Talent können die beiden sich dadurch schneller fortbewegen. Oder Plüsch-Cheshire schnappt nach kleinen Gegnern und Fallen. Um Ressourcen in den Büschen zu finden, braucht er dagegen kein spezielles Talent. Sehr plüschig, wie Cereza ihn festhält. Überhaupt ist das Spiel sehr niedlich.

Da muss ein Riss in der Nähe sein!
Fazit

Bayonetta Origins: Cereza and the Lost Demon ist ein weiterer Titel aus dem Hause Platinum Games, der jedoch nicht auf actionreiche Kämpfe setzt. Tatsächlich sind die Ähnlichkeiten zur Hauptreihe eher gering und nur durch die bekannten Charaktere gegeben. Auf Dauer sind die Kämpfe ein wenig eintönig, die Rätsel jedoch frisch und abwechslungsreich mit der einen oder anderen Kopfnuss. Die Umsetzung des Duos, das zusammenarbeiten muss, ist in der Handlung und im Gameplay sehr gut gelungen. In den rund 15 Stunden Spielzeit liegt der Fokus stark auf der märchenhaften Geschichte, die auch für Jüngere sehr gut geeignet ist. Die anschließend allerdings nicht unbedingt gleich mit der Hauptreihe loslegen sollten. Daneben liegt der Fokus auf der Erkundung des abwechslungsreichen Waldes von Avalon, in dem die Grenze zwischen Realität und Spiegelverlies verschwimmt. Der spätere Fokus auf Kämpfen in den Tír na nÓg ist jedoch ein wenig schade. Insgesamt ist Bayonetta Origins: Cereza and the Lost Demon sowohl für Kenner:innen als auch für Neulinge sehr gut geeignet. Vielleicht ein wenig entschleunigter als die Hauptreihe, bietet das Prequel eine märchenhafte Geschichte und eine interessante Welt zum Erkunden. Für Bayonetta-Fans gibt es obendrein einen tieferen Einblick in die Kindheit der selbstbewussten Umbra-Hexe. 

Herzlichen Dank an Nintendo für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf Nintendo Switch.