Eastward (Review)

Schon lange habe ich damit geliebäugelt, nun war es zum Release der Xbox-Version endlich soweit: In Eastward ging es für mich gemeinsam mit der quirligen Sam und dem wortkargen John auf die Reise gen Osten.

Das pixelige Action-Adventure von Pixpil orientiert sich an Klassikern wie The Legend of Zelda und EarthBound. Letzterem widmet das Indie-Studio aus Shanghai sogar ein ganzes Spiel im Spiel, das den Namen Earth Born trägt. Obgleich es sich dabei eher um ein frühes Dragon Quest mit Roguelite-Twist handelt.

Auf Xbox ist die deutsche Textausgabe nun sofort bereit. Abseits von häufigen Zeilenumbrüchen mitten in Wörtern sind die Texte gut verständlich. 

Ein weißhaariges Mädchen

Bergarbeiter John findet ein Mädchen in den Minen und nimmt es mit. Die kleine Sam ist sehr energiegeladen und verbringt gern Zeit mit den anderen Kindern, die auf der Schmortopfinsel leben. Namentlich eine Insel, befindet sich der heruntergekommene Ort unter der Erde. Draußen sei alles gefährlich, giftig und tot. 

Erst freut sich Sam noch darauf, endlich zur Schule gehen zu dürfen, dann wird sie abrupt gemeinsam mit John und dem Schauspieler Jasper verbannt. Ein Zug bringt sie fort in die Welt dort draußen. An einen waldigen, grünen Ort. Also alles halb so wild. Außerdem war Sam ohnehin davon überzeugt, dass die Welt oben grün und blau sei. Was John denkt, bleibt eher unklar. Schließlich redet er nicht und auch sein bärtiges Gesicht zeigt kaum Ausdruck. Seine Albträume und wie er Sam hinterherrennt, wenn sie sich wieder einmal in Gefahr begibt oder verschwindet, sprechen dagegen Bände. 

Doch John kann nicht nur nicht sprechen, er ist auch ein begnadeter Koch. Mit seiner Pfanne bereitet er Gerichte zu, besiegt aber auch Monster in den Minen und im Wald. Als Bergarbeiter ist zudem die Bombe die Sekundärwaffe seiner Wahl.

Find ich auch.
Der Alltag

Doch bevor Sam und John verbannt werden, verbringen sie ihren Alltag auf der Schmortopfinsel. Johns Minenarbeit dient als Tutorial. Er besiegt ein paar Schnecken und bombt Wege frei. Sam darf Earth Born ausprobieren. Die Kinder sind in unterschiedlichen Grüppchen formiert und ein Kind, dessen Vater fort ist, wird gemobbt, auch wenn Sam sich für ihn einsetzt und dafür ebenfalls Häme kassiert. Abends rufen die Eltern ihre Kinder zum Essen. So heruntergekommen und hoffnungslos der Ort auch wirken mag, Eastward stellt das Leben dort plastisch dar.

Zudem decken Sam und John ein Geheimnis in der Schultoilette auf und John hilft mehrfach auf Farmen aus. Denn der Schmopfel, Hauptnahrungsmittel auf der Schmortopfinsel, wächst in Krügen, die von Krabben getragen werden. 

Natürlich kocht auch John. Es gibt eine große Auswahl an Rezepten und Zutaten, die unterschiedlichen Kategorien angehören. Drei Zutaten und eventuell ein Gewürz für Zusatzeffekte ergeben ein Gericht. Eine Slot-Machine entscheidet über eine potenzielle Verstärkung der Heileffekte. Eine nette kleine Animation zeigt die Zubereitung des Gerichts, begleitet von einem großartigen Jingle. Bei der ersten Zubereitung eines neuen Gerichts lässt sich die Animation nicht überspringen, beim erneuten Kochen schon. Was ich nur sehr selten getan habe, dafür hat mir die Musik einfach zu gut gefallen. Außerdem erinnert mich die Kochanimation ein wenig an Breath of the Wild.

Der stumme Protagonist

An den meisten neuen Orten richten sich Sam und John zumindest zeitweise häuslich ein. Jedenfalls so lange, bis sie einen Grund haben, weiterzuziehen. In vielen kleinen Momenten lernen sie die Orte kennen, in denen sie per Zug gelandet sind. Ebenso wie die Leute, die darin wohnen. Eastward versteckt nicht nur überall Hommagen an Videospiel- und Filmklassiker, sondern setzt auch Altbekanntes charmant um. Mehr als einmal musste ich schmunzeln. Die Welt mag zwar von Miasma bedroht werden, doch wenn die Bedrohung nicht akut ist, leben alle ihr Leben weiter. In einem Dorf wollen ein paar ältere Damen eine Frau mit John verkuppeln, schließlich sei das eine einmalige Gelegenheit. Auf Johns Stummheit wird mehrfach Bezug genommen, so dass er nicht bloß ohne Textboxen spricht, sondern tatsächlich gar nichts sagt, wenn er etwa einen Telefonhörer abhebt. 

Die Sprechrolle übernimmt Sam. Sie stellt Fragen, erklärt anderen Dinge, erzählt von vergangenen Geschehnissen. Oder gerade nicht. Außerdem hat sie ihren eigenen Kopf, und auch wenn John eine Vaterfigur für sie ist, trifft sie oftmals die Entscheidungen. 

Häufig ist auch sehr offensichtlich, dass Charaktere lügen oder etwas (schlecht) verheimlichen. In den meisten Fällen thematisiert Sam das nicht, was ein wenig irritieren könnte, ich habe mich dabei aber sehr amüsiert. Besonders, als Sam irgendwann doch einen Zusammenhang zwischen einem Reisenden mit Roboterkind und einer Person von der Schmortopfinsel erkannt hat. An anderer Stelle wird Sam sehr offensichtlich hereingelegt, vertraut ihrem Gegenüber jedoch völlig. Kinder sollen eben ihre eigenen Erfahrungen machen, oder nicht?

Ein Rätsel mit Stromkabeln.
Gemeinsam kämpfen

Doch wenn Sam nicht allein irgendwo unterwegs ist, dann ist sie gemeinsam mit John unterwegs. Sie ist keine Kämpferin und verfügt auch über keinen normalen Angriff. Stattdessen nutzt sie ihre psychischen Kräfte vor allem, um Gegner kurzzeitig zu betäuben. Die kann John anschließend besiegen.

Zusätzlich kann Sam weitere Fähigkeiten in optionalen Dungeons erlernen. Mit einem Schild betäubt sie dann beispielsweise Gegner, die ihr sonst schaden würden. Die Dungeons sind zwar verpassbar, doch auch ohne das erweiterte Repertoire kommt Sam zurecht.

Besonders, weil John ohnehin die wichtigere Rolle in den Kämpfen spielt. Sam unterstützt ihn in seltenen Momenten bei normalen Gegnern (ihre Fähigkeit ist nicht notwendig, hilft jedoch bei manchen Gegertypen). Für einzelne Kämpfe ist sie jedoch unverzichtbar. Den Rest der Zeit hat John das Zepter in der Hand. Oder vielmehr seine Pfanne.

Per Knopfdruck wechseln beide Charaktere jederzeit durch. Der jeweils inaktive Charakter hält sich weiterhin in der Nähe und kann ebenfalls Schaden erleiden. So lassen sich manche Treffer nur schwer verhindern. Mit der zunehmenden Anzahl an Herzen durch Herzkugeln oder besiegte Bosse fällt das jedoch immer weniger ins Gewicht. Trotz der schweren Pfanne greift John ziemlich schnell an, wodurch er aber auch viele Gegner zurückschlagen kann, die sich hinter ihm gerade Sam nähern.

Seine Bomben sind in wenigen Kämpfen sinnvoll, da sie auch ihm und Sam Schaden zufügen. Außerdem ist es ohnehin meist schneller, mit der Pfanne draufzuhauen. Oder eine der anderen Waffen einzusetzen, die John im Verlauf erhält. Im Gegensatz zur Pfanne benötigen sie Munition, weshalb ich sie eher sparsam eingesetzt habe. Munition taucht nach dem Besiegen von Gegnern oder unter zerstören Töpfen und anderen Gegenständen zudem häufig genug auf, dass John die Waffen auch gut benutzen kann. Natürlich besonders dann, wenn er die Munitionstasche ausreichend aufgebessert hat. Der Flammenwerfer haut richtig rein!

Gemeinsam rätseln

Zum Zug kommt Sam wesentlich häufiger, geht es in den Dungeons ans Rätseln. Mal kann nur sie einen niedrigen Tunnel durchqueren, mal müssen beide gleichzeitig auf Schaltern stehen. So kommt es häufig dazu, dass Sam und John getrennt voneinander agieren müssen. Dadurch, dass Sam keine Kämpferin ist, kommt es oft auf John an, ihre Gegner aus der Ferne zu beseitigen. Gleichzeitig räumt Sam mit ihrer Energieblase kurzzeitig Pflanzen aus dem Weg, damit John weiter voranschreiten kann. So arbeiten sich Sam und John immer weiter voran, jeweils abwechselnd gesteuert, bis das Duo am Ende der Passage wieder nebeneinander steht. Doch auch ungetrennt lösen die beiden Rätsel.

Wenn ein Charakter aktiv genutzt wird, steht andere getrennt nur herum oder läuft beim gemeinsamen Gehen stur hinterher. Realistisch ist das nicht unbedingt, Gegnern nicht einmal auszuweichen, allerdings wird dadurch gerade dann, wenn die beiden voneinander getrennt sind, wichtig, auf beide Figuren zu achten.

Warum schlägst du ins Leere, John?

Wenn John mit seinen Bomben nicht gerade Wände oder Hindernisse sprengt, nutzt er sie in Rätseln. Mit der Pfanne kann er sie über kurze Abgründe befördern und Schalter betätigen. Doch auch seine anderen Waffen und Sams Fähigkeiten werden für verschiedene Rätsel gebraucht. 

Während die Story teilweise etwas verworren wird und vor allem durch die Charaktere punktet, sind die Rätsel durchweg gelungen. Natürlich sind einige offensichtliche Rätsel dabei, aber sie nutzen das gesamte Waffenarsenal aus und gehen gut von der Hand. Im Spielverlauf und besonders in den optionalen Dungeons oder für versteckte Truhen werden die Rätsel auch bei begrenzten Hilfsmitteln kreativ. Mehr als einmal kam ich erst durch einiges Überlegen und Ausprobieren auf die Lösung eines Rätsels und habe mich dann darüber gefreut, dass mein Weg funktioniert hat.

Erkunden

Besonders wichtig ist mir auch immer das Erkunden. Dank dessen Inspirationsquellen darf das auch in Eastward nicht fehlen. 

Hilfreich ist ein Radar, das der Händler auf der Schmortopfinsel bereits früh anbietet. Es schlägt auf Truhen in der Nähe an, ohne sie dabei komplett vorweg zu nehmen. Umschauen ist weiterhin wichtig. Wände zum Wegbomben und alternative Wege verstecken sich überall. Manchmal ist die Suche nach dem Weg das Rätsel, manchmal versteckt sich eine Kiste hinter einer zerbrechlichen Wand. Häufig stecken die Truhen aber auch in der Nähe von Rätseln, die für das Vorankommen nötig sind. Auch die Belohnungen lohnen sich mehr als zuletzt bei Intrepid Izzy. Zwar sind selten auch Münzen unter den Fundstücken, viel häufiger jedoch handelt es sich dabei um Herzkugeln oder Materialien, mit denen John seine Waffen aufbessern lassen kann.

In den Städten lohnt sich die Erkundung nicht nur wegen der Schätze, sondern vor allem auch wegen der Vielfalt an NPCs. Alle haben etwas zu sagen. Aber auch die Kulisse bietet viel zu sehen. Veraltete Werbeschilder sind dabei, aber auch die eine oder andere Hommage. Die sind manchmal überdeutlich und fast schon dreist, meistens allerdings etwas dezenter.

Speicher- und Rücksetzpunkte sind angenehm häufig vertreten.
Fazit

Eastward trotzt vor Charme und glänzt vor allem in den kleineren Geschichten und den Designs der Dungeons. Erkundung, Kämpfe und Rätsel schaffen eine gute Balance zwischen der Story, die definitiv besonders im Fokus steht. Gegen Ende zerfasert die Story etwas, wenn man zu viel hinterfragt, funktioniert im Großen und Ganzen aber gut. Der Anfang ist langsam, was ich allerdings nicht als Negativpunkt sehe, da die Einführung der Orte unterhaltsam gestaltet ist. Wer nicht gern liest, sollte auf Eastward verzichten, für Fans der klassischen The Legend of Zelda-Titel und rätselbasierte Dungeons möchte ich allerdings eine klare Empfehlung aussprechen. Versucht allerdings, nicht zu sehr in Earth Born zu versumpfen! Auch wenn sich das zwischen der Hauptstory ebenfalls lohnt. 

Herzlichen Dank an Chucklefish für die Bereitstellung des Testmusters. Gespielt auf Xbox One S.