Caffeine: Victoria’s Legacy (Review)

Ein kleines Café leiten, die verlorene Vergangenheit aufdecken und nebenher noch die Zukunft mit einer potenziellen Partnerin aufbauen – das habe ich in etwa erwartet, als ich Caffeine: Victoria’s Legacy das erste Mal gespielt habe. „Caffeine: Coffee Snobs United“ wäre ein besserer Titel für diese Visual Novel gewesen. Im Vordergrund steht Taka, ein junger Mann der sich auf die Suche nach seiner Mutter macht, die ihn und seinen Vater an seinem 6. Geburtstag aus dem Nichts verließ. Eine ziemlich schräge Begegnung mit einer Person im Flugzeug resultiert in einem Trip durch das Flugzeugfenster im freien Fall in eine Stadt namens Victoria die offenbar eine alternative Realität sein soll. Geworben wird mit einer Steampunkwelt die letztendlich nur wie ein nebensächliches Gimmick behandelt wird und einer umfassenden Story mit mehr 450.000 Worten.

Taka lernt jedenfalls in Victoria einige sehr komische Menschen kennen, die nahezu alle nur den einen Lebensinhalt haben: Kaffee. Aber in Victoria ist Kaffee nicht nur Kaffee, nein nein! Es geht um das Koffein! Dieses vermag nämlich dem Trinker übersinnliche Kräfte verleihen wie Telepathie, die Fähigkeit Feuerbälle zu werfen oder sich an einen anderen Ort zu teleportieren. Man könnte schon fast von Magie reden, aber das sollte man in Victoria tunlichst meiden, denn schließlich ist es doch eindeutig, dass es keine Magie gibt und wir hier von einer wesentlich stärkeren Macht sprechen: K O F F E I N !! Wenn ihr meint, ich solle mich beruhigen und nicht so übertreiben, dann ist das Spiel nichts für euch, denn das war harmlos.

Ja, 450.000 Worte sind sehr viel. Und viel zu viele dienen dazu eine Kaffeebohne, Brühtechniken oder Aromen zu beschreiben, die in keiner Weise für den Spieler irgendwann eine wirkliche Rolle spielen. Entfernt man das Geschwafel, bleibt vielleicht noch die Hälfte an tatsächlich Story-relevanten Textsequenzen. Wenn ich sehr großzügig bin. Natürlich erwartet man viel Gerede über Kaffee aber dieser Exzess ist kaum auszuhalten. Die Story nimmt über die ganze Zeit keine Fahrt auf, nur um am Ende plötzlich überstürzt eine Wendung an die nächste zu reihen, um die Geschichte zu beenden. Ein Hoch auf den Skip-Button! Aber aufgepasst, denn es kann das ein oder andere Mal passieren, dass das Spiel bei zu häufigem Tastendruck einfach abschmiert und auch den Speicherplatz direkt mit löscht. So ein Spaß!

Was die Charaktere angeht frage ich mich, warum man nicht ein Zehntel so viel Aufwand in deren Arcs gesteckt hat wie in die Beschreibung einer einzigen Kaffeebohne. Es gibt so gar keine Entwicklung und nichts was man tut beeinflusst ihr Verhalten auf eine interessante Art und Weise. Die holprigen Enden wirken daher auch wie die Folge des Vergessens worum es in dem Spiel eigentlich gehen sollte. Für mich ist es ein Spiel voller verpasster Chancen. Von den ständigen Abstürzen des Spiels einmal abgesehen kann ich Caffeine: Victoria’s Legacy einfach nicht empfehlen.

Vielen Dank an Kikai für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf Nintendo Switch.