Sayonara Wild Hearts (Review)

Bevor die Gamescom zwei Jahre ohne Offline-Präsenz stattfinden musste, war einer meiner großen Überraschungstitel am Nintendo-Stand der musikalische Arcade-Titel Sayonara Wild Hearts. Wenngleich im engeren Sinne eher nicht als Jump & Run zu bezeichnen, erinnerte mich Sayonara Wild Hearts in seinem Anforderungsprofil wie in seiner Spielgeschwindigkeit ein Stück weit an die 3D-Sonic-Spiele und gepaart mit einer markanten audiovisuellen Präsentation war mein Interesse schnell geweckt. Jahre später habe ich das Spiel jetzt kostengünstig als physische Kopie erstehen und so das fertiggestellte Spiel endlich spielen können.

Sayonara Wild Hearts ist in 23 strikt lineare Level geteilt, die jeweils etwa ein bis drei Minuten dauern. Wenngleich die Details des Szenarios und des Gameplays sich von Level zu Level unterscheiden, ist das einfache Grundprinzip stets das gleiche. Man bewegt sich automatisch in der Spielwelt vorwärts und muss Hindernissen ausweichen, sowie Sammelgegenstände auflesen. Einen großen Teil des Spiels ist der linke Stick ausreichend, um seinen Spielcharakter zu steuern, immer mal wieder gibt es aber Abschnitte, in denen auch ein Knopf zum Einsatz kommt, beispielsweise um zu springen, zu schlagen oder gar zu küssen. Diese Knopf-basierten Aktionen sind an optische wie akustische Signale geknüpft und verbinden Sayonara Wild Hearts ein Stück weit mit der sehr vordergründigen Elektro-Pop-Musik. Abseits dieser Aktionen ist Sayonara Wild Hearts spielerisch allerdings unabhängig von der Musik, so dass man das Spiel meines Erachtens nicht als Rhythmusspiel auffassen kann.

Die Fortbewegung im Spiel erfolgt sowohl zu Fuß als auch mit einer Vielzahl von Vehikeln wie beispielsweise einem Motorrad oder einem Auto. Gelegentlich wechselt das Spiel auch zwischen einer vorherrschenden Third-Person- und einer Ego-Perspektive. Auch wenn das Spiel im Wesentlichen auf die Steuerung mit dem linken Stick ausgelegt ist, gibt es im Detail merkliche Unterschiede in dem Handling der einzelnen Level. So gibt es Gefährte, die sehr twitchy sind, also unmittelbar auf Eingaben mit einer deutlichen Kurskorrektur reagieren und solche, die eher behäbig reagieren. Das hat zur Folge, dass jedes Level eine neue kurze Eingewöhnungsphase hat und das Spiel so trotz Minimalsteuerung immer frisch bleibt. Natürlich werden Ideen und Vehikel auch mal mehrfach eingesetzt, doch muss man auf jeden Fall anerkennen, dass die Entwickler sich große Mühe gegeben haben, jedem Level eine individuelle Note zu geben. Im Ergebnis gibt es natürlich auch eine etwas stärkere Schwankung, wie viel Spaß die einzelnen Level machen, richtiggehend nervig ist aber keines.

Sayonara Wild Hearts ist, was das einfache Durchspielen anbelangt außerordentlich einfach, es ist sogar so, dass man dank extrem großzügiger Rücksetzpunkte und großer Reaktionsfenster selbst als mäßig geübter Spieler ohne merklichen Widerstand durch das Spiel kommen sollte. Allerdings verfehlt man auf diese Weise auch einen großen Teil des spielerischen Gehalts des Titels, denn nur ein sehr kleiner Teil der Level besteht tatsächlich aus Gefahren, denen es auszuweichen gilt, ein wesentlich größerer Teil besteht aber aus Sammelgegenständen, die mit einem Bewertungssystem verknüpft sind.

Am Ende eines jeden Levels wird man nämlich mit einer Bronze-, Silber- oder Gold-Medaille ausgezeichnet. Um die Goldmedaille zu erhalten, musste jedenfalls ich in den meisten Levels mehrere Versuche aufbringen und konzentriert spielen. Im Gegenzug bietet das Spiel dann auch einen sehr runden Spielfluss. Etwas schade ist, dass das Punktsystem auf Grund eines Combosystems ein wenig intransparent ist. Solange man nicht stirbt, erhöht sich die Zahl der Punkte je Sammelgegenstand kontinuierlich, so dass es recht schwierig ist, die erreichte Punktzahl und die Zielpunktzahl mit einem Blick in Relation zu setzen.

Wer nach dem Durchspielen nicht genug von Sayonara Wild Heart bekommt, kann sich zudem auch noch an Zusatzmodi und -herausforderungen versuchen. So gibt es beispielsweise einen Arcade-Modus, in dem man alle Level am Stück absolvieren muss oder sogar – in der schwierigeren Variante – alle Level am Stück ohne Sterben abschließen muss. Wem das Spielkonzept also wirklich begeistert, dem haben die Entwickler reichlich Möglichkeiten gegeben, sich schärferen Herausforderungen zu stellen. Möchte man das Spiel hingegen einfach nur einmal durchspielen, ist nach höchstens zwei Stunden bereits Schluss. Wie viel Spaß man aus Sayonara Wild Hearts herauszieht, ist also sehr vom individuellen Spielertyp anhängig.

Mit seinem schnellen und unkomplizierten Gameplay und der unterhaltsamen Präsentation hat Sayonara Wild Hearts mir auch in der endgültigen Form viel Spaß gemacht. Im Vergleich zu dem einigermaßen vergleichbaren 3D Sonic bietet Sayonara spielerisch deutlich weniger Tiefe, dürfte aber für viele Spieler vor allem durch seine starke audiovisuelle Präsenz einen guten Ausgleich dafür bieten.

Getestet auf Nintendo Switch.