God of War (Review)

Cory Balrog, Director von God of War 2, hat nach einigen Jahren abseits von Sony mit dem PlayStation 4 Spiel God of War wieder die Zügel in die Hand genommen. Wenngleich God of War die Geschichte von Kratos, dem Göttermörder, weiterzählen möchte, ist God of War doch ein spielerischer und erzählerischer Neuanfang, der die erfolgreiche Actionserie neu denkt und vor allem ein wenig von der blutrünstigen Inszenierung löst. Da ich selbst keine PlayStation 4 besitze, hatte ich jetzt erstmals auf der PlayStation 5 die Möglichkeit, den jüngsten God of War Teil zu spielen.

God of War setzt viele Jahre nach dem dritten Teil der Reihe an und Kratos hat eine neue Familie gegründet. Leider sollte auch dieses Glück wieder nicht von Dauer sein und gleich zu Beginn muss Kratos, gemeinsam mit seinem Sohn „Junge“ seiner Frau die letzte Ehre erweisen. Ich habe Kratos‘ Sohn hier Junge genannt, wenn es zur Zeit der nordischen Mythologie schon Ausweise gab, würde in seinem aber wohl Atreus stehen. Da Kratos ihn im Spiel fast ausschließlich “Junge” nennt, gehe ich aber davon aus, dass das sein Rufname ist. Immerhin scheint Kratos dieses Mal nicht selbst für den Tod seiner Frau verantwortlich zu sein. Ein echter Fortschritt. Doch leider erweist sich die Beerdigung seiner zweiten Frau als wesentlich schwieriger als man meinen sollte, denn Kratos soll die Asche, so ihr letzter Wunsch, auf dem Gipfel eines Berges verstreuen, der offenbar gewalttätige Götter und Fabelwesen nur so anzieht.

Die Geschichte von God of War wird auf zwei Weisen vorangetrieben. Einerseits gibt es einige komplett automatisch ablaufende Zwischensequenzen, außerdem wird aber ein großer Teil der Geschichte, oder jedenfalls der Informationen rund um die Welt in der God of War spielt, in Gesprächen erzählt, die im Spielablauf eingewoben wurden. Meines Erachtens wurden diese Gespräche aber nicht sehr elegant eingebunden, denn der Großteil dieser Gespräche ist an spielerisch komplett substanzlose Szenen gebunden. Das wichtigste Beispiel hierfür ist das Boot, mit dem man sich in God of War oft zwischen den Schauplätzen bewegen muss. Teilweise dauern diese Gespräche mehrere Minuten, in denen man zwar die Kontrolle über Kratos behält, aber nichts anderes tun muss als den Stick nach vorn gedrückt zu halten.

Dementsprechend legt God of War einen besonders großen Wert auf die Entwicklung der drei wesentlichen Charaktere Kratos, Junge und Mimirs Kopf und derer Beziehungen zueinander. Eine besonders schwierige Situation stellt das Spiel für Kratos dar, da er augenscheinlich immernoch mit der Selbstfindung und Verarbeitung seiner blutrünstigen Taten in Griechenland beschäftigt ist und vermeiden möchte, Junge auf denselben Pfad zu schicken, gleichzeitig aber natürlich auch in God of War wieder kräftig zulangt und dabei auch Anflüge seiner Wesenszüge in Junge erkennen kann. Allerdings ist diese Konstellation an einer Stelle im Spiel auf eine äußerst holprige Weise forciert worden, die nicht nur unglaubwürdig ist, sondern insbesondere einen Bruch gerade im zentralen narrativen Element des Spiels darstellt. Wer das Spiel noch unvoreingenommen spielen möchte, sollte zum nächsten Absatz weiterspringen. Die Rede ist von dem Moment nachdem Junge von Kratos erfährt, dass er ein Halbgott ist, just nach einem besonders prägnanten Moment der Schwäche. Völlig unvermittelt wird aus dem eigentlich zurückhaltenden und Gewalt gegenüber kritisch eingestellten Jungen ein überheblicher, rücksichtsloser Misanthrop. Dass das ein Entwicklungsziel der Geschichte sein sollte, ist nachvollziehbar. Der Weg dahin ist aber geradewegs tollpatschig. In Anbetracht dessen, dass für die Geschichte stellenweise signifikante Einschränkungen auf spielerischer Seite in Kauf genommen wurden und der eigentliche Plot dünn wie ein Supermodel ist, ist das ein schwer zu verschmerzender Schnitzer.

Nicht nur erzählerisch, auch spielerisch ist God of War bedeutend ruhiger geworden als seine Vorgänger. Dazu trägt zunächst einmal die veränderte Waffenwahl bei. Als Standardwaffe hatte Kratos bislang stets Ketten, mit denen er in einem recht großen Radius Gegner attackieren und so vor allem Gegnergruppen kontrollieren konnte. In God of War weichen diese Ketten einer Axt, die bedeutend langsamer geschwungen werden kann und zudem auch eine viel geringere Reichweite hat, sodass man im aktuellen God of War im Grunde genommen immer nur einen Gegner auf einmal angreifen kann. Dafür kann man die Axt auch werfen und so, zwar besonders langsam, aber aus einer sicheren Distanz, seinen Gegnern Schade zufügen. Das ist ein tatsächlich ziemlich großer Bruch mit der Serienhistorie und leider ist diese Strategie tatsächlich grundsätzlich oft einsetzbar, ohne aber wirklich zu spaßigen Kämpfen zu führen. Im Nahkampf macht God of War allerdings weiterhin viel Spaß, auch weil die Ausweichfunktion sehr schnell funktioniert. Meines Erachtens sind die normalen Kämpfe in God of War aber bedeutend behäbiger und weniger spaßig als in den älteren Teilen. Bei den Endgegnern gibt es zwei Klassen. Eine Gruppe von Endgegnern sind leichte Variationen eines großen Trolls und diese, leider ziemlich langweiligen, Endgegner, machen schätzungsweise zwei Drittel der Endgegner aus. Die fulminanteren Setpiece Endgegner, die mit Ausnahme eines recht schwierigen Kampfes gegen ein Paar von Göttern, jeweils eine sehr spezielle Siegstrategie bedürfen, sind aber hervorragend gelungen und gehören zu den besten Endgegnerkämpfen der Reihe.

In Sachen Leveldesign haben die Entwickler sich viel Mühe gegeben, den Eindruck einer kohärenten Welt zu schaffen, die weitgehend nahtlos ineinandergreift und den Spieler nicht mit sichtbaren Ladezeiten aus dem Geschehen reißt. Der Plattforminganteil des Spiels wurde drastisch reduziert, was aber kein sehr großer Verlust ist, denn die Hüpfabschnitte in den früheren God of War Spielen waren nicht gerade Meisterstücke. Allerdings wurden sie durch Kletterpassagen ersetzt, die anspruchsloser wohl kaum sein könnten und darüber hinaus, auf Grund ihrer Abhängigkeit von der Kamerakontrolle, dann, wenn sie sich nicht quasi von selbst spielen, eher klobig wirken. In dieser Hinsicht wäre mit Sicherheit deutlich mehr drin gewesen.

Die optisch sehr ansprechend gestalteten Gebiete laden auf jeden Fall zur Erkundung ein und tatsächlich gibt es viele versteckte Goodiekisten, die allerdings leider immer an nur minimal variierte „finde drei Schalter in der Umgebung“ Aufgaben gebunden sind und sich dadurch im Spielverlauf schnell abnutzen. Ein weiteres Hemmnis für die Erkundungslust ist das recht starre Interaktionsdesign. Gerade wenn es darum geht, Kratos über ein Hindernis zu bewegen, oder einen Absatz herunterspringen zu lassen, haben die Entwickler geradewegs die Daumenschrauben angelegt und so kann Kratos an dafür von den Entwicklern vorgesehenen Stellen durchaus wagemutig hüpfen, an anderen, die schlicht nicht dafür vorgesehen sind, scheitert er aber schon am kleinsten Absatz. Diese Inkongruenz des Interaktionssystems hat mir recht sauer aufgestoßen und leider recht schnell die Lust genommen, mich nach optionalen Inhalten umzuschauen, da die Umgebung nur sehr unzuverlässig zu lesen ist.

Gut gelungen sind hingegen meines Erachtens die auf dem Hauptpfad durch das Spiel gelegentlich eingestreuten Rätsel. Zwar hat Kratos nicht viele Interaktionsmöglichkeiten, doch die gegebenen Möglichkeiten werden stellenweise sehr kreativ genutzt. Besonders gut gefallen hat mir ein Abschnitt, in dem man sich aus einem großen, verschiebbaren Block einen Aufzug bauen muss, sowie eine Stelle, an der man eine zeitlich beschränkte Energiekugel über mehrere Zwischenstationen zu ihrem Bestimmungsort befördern muss. Die Rätsel sind gut in die Spielewelt eingebunden und wirken, im Gegensatz zu den unzähligen Kisten, auch nicht wie Fremdkörper, sondern sind auch inhaltlich gut erklärt.

Optisch ist God of War auf der PlayStation 5 gut gelungen. Die Bildwiederholrate von 60 Bildern in der Sekunde (nur auf PS5) ist bei den Kämpfen trotz reduzierter Spielgeschwindigkeit sehr willkommen und viele Schauplätze und Gebilde im Spiel sind allein auf Grund ihrer Größe schon sehr beeindruckend. In Sachen Charaktergesichter und Effektqualität ist God of War im gehobenen Mittelfeld der späteren PlayStation 4 / Xbox One AAA Spiele angesiedelt. Die deutsche Sprachausgabe ist von hoher Qualität und trägt die Geschichte zuverlässig. Für meinen Geschmack ist die Schriftgröße in den Menüs allerdings zu gering, so dass ich den bequemen Weg gegangen bin, das Spiel auf Einfach, aber ohne Upgrades zu spielen. Etwas fragwürdig ist meines Erachtens leider die Kamera, die wie in einem Third Person Shooter die ganze Zeit hinter dem Rücken von Kratos ist. Auch die Steuerung ist wie in einem Shooter auf beide Analogsticks verteilt. Das ist dem Kampfsystem und der Übersichtlichkeit meines Erachtens absolut nicht zuträglich und auch schlicht weniger komfortabel als die alte Steuerung mit nur einem Stick. Der einzige Vorteil, den diese Perspektive hat, ist, dass man ohne großen Perspektivwechsel dazu übergehen kann mit der Axt zu werfen. Da man das aber in der Regel aus größerer Distanz oder in ruhigen Spielmomenten tut wäre auch eine Kamerafahrt hierfür kein wesentlicher Nachteil gewesen.

Insgesamt ist God of War ein ordentliches Action Adventure, das den Fokus stärker auf die Charakterentwicklung verschiebt und dabei einiges von der Intensität der Reihe einbüßt. Löblich ist das insgesamt deutlich überzeugendere Weltendesign und die fulminanten Endgegner, die mit einer deutlich weniger glorifizierenden Gewaltdarstellung auskommen. Meines Erachtens ist God of War der schwächste mir bekannte Teil der Reihe, der eigenständig genug ist, dass ich gut verstehen kann, wenn andere Spieler das anders sehen.

Getestet auf PlayStation 5.