Jersey Devil (Review)

Der Erfolg von Super Mario 64 hat dafür gesorgt, dass sowohl auf der Nintendo 64 als auch der PlayStation unzählige Studios versucht haben, ihre eigene Duftmarke im 3D Jump & Run-Genre zu hinterlassen. So auch Behaviour Interactive, die nahezu ausschließlich Lizenzspiele für verschiedene Publisher entwickelt haben. Jersey Devil für die PlayStation ist eine der wenigen unabhängigen Spielideen des französischen Studios.

In Jersey Devil schlüpft man in die Rolle des namensgebenden Jersey Devils, der als Experiment eines verrückten Wissenschaftlers namens Dr. Knarf es schafft, sich in die Freiheit zu retten. Doch Knarf lässt das nicht auf sich beruhen und setzt alles daran, den Jersey Devil wieder einzufangen. Jersey Devil kommt mit einem recht überschaubaren Moveset daher. So kann er laufen, springen, schlagen und schweben. Allerdings ist seine Schwebefähigkeit eine recht knifflige Angelegenheit, denn sobald man in der Luft den Dreieck-Knopf drückt, stoppt augenblicklich Jersey Devils gesamtes Vorwärtsmomentum und man muss neu beschleunigen, wenn man beispielsweise nach vorne schweben möchte. Das führt dazu, dass man sich im Schwebemodus sehr langsam voran bewegt und obendrein einen viel geringeren Bewegungsradius hat, als man vielleicht vermuten würde. Tatsächlich bedarf dieser Move einiges an Trainings, bevor man in der Lage ist, sich halbwegs zuverlässig mit ihm durch das Spiel zu bewegen. In Anbetracht der vielen schwierigen Sprungpassagen im Spiel, die den Schwebemove voraussetzen, ein Zeiteinsatz, der zwingend notwendig ist.

Ansonsten muss man festhalten, dass die Steuerung von Jersey Devil sehr angenehm und direkt ist. Allerdings steht die gelegentlich bockige Kamera dem Spieler als zusätzliches Hindernis im Weg. Die Kamera steht etwas zu nah am Protagonisten, so dass sich insbesondere Sprünge über etwas größere Distanzen schlecht abschätzen lassen. Mit den Schultertasten kann man allerdings immerhin die Kamera drehen und so ein relativ genaues Bild von der Sprungdistanz erhalten. Die Level im Spiel sind in Welten unterteilt, die jeweils zwei Hauptlevel und ein optionales Bonuslevel enthalten. Zu Beginn eines Levels gelangt man (fast) immer in ein offenes Gebiet, in dem man in Collectathon-Manier die fünf Buchstaben von Knarf sammeln muss, um die Tür zum zweiten Abschnitt des Levels zu öffnen. Dieses erste Gebiet ist für alle Level einer Welt dasselbe, die späteren Abschnitte sind hingegen disjunkt.

Leider muss man hier bereits anmerken, dass die PAL-Version von Jersey Devil die Originalfassung des Spiels war und viele Verbesserungen, die insbesondere in der US-Version des Spiels implementiert wurden, hier noch fehlen. Erster Punkt auf der Liste der Änderungen ist, dass man in der PAL-Version für jedes Level einer Welt genau die gleichen Aufgaben im ersten Gebiet lösen muss, wohingegen in der US-Version die Verstecke der Buchstaben geändert werden. Zudem kann man in der US-Version nach jedem Abschnitt eines Levels speichern; in der PAL- Version geht das nur am Ende eines Levels. In Anbetracht dessen, dass ein Level mit fünf oder sechs Abschnitten durchaus zwanzig bis hin zu vierzig Minuten in Anspruch nehmen kann, ist das ziemlich unangenehm. Größter Fauxpas: In der vorletzten Welt des Spiels ist der erste Abschnitt eine äußerst lange Plattformsequenz im Kanal, die zwar nicht extrem schwer ist, aber mindestens 15, eher 20 Minuten in Anspruch nimmt. In der US-Version muss man diesen Abschnitt nur einmal erledigen und beim wiederholten Besuch kann man direkt in das zweite Gebiet hüpfen. In der PAL-Version darf man jedes Mal wieder ran.

Das Leveldesign nach dem ersten Gebiet eines Levels ist stets strikt linear und setzt vorrangig auf knifflige Sprungsequenzen, mit vielen endlosen Abgründen. In Anbetracht der vielen knappen Sprünge und der hakeligen Steuerung, sowie der angesprochenen Länge der Level könnte man annehmen, dass hier Frust an der Tagesordnung ist. Hinzu kommt sogar noch, dass die Kollisionsabfrage bisweilen etwas krude ist und man den einen oder anderen überraschenden Tod verkraften muss. Dennoch hält der Frust sich in Grenzen, denn das Spiel ist geradezu vollgepackt mit Leben. Es werden so viele Leben in den Levels verteilt, dass ich das Spiel trotz unzähliger Tode mit fünfzig Leben auf Halde abgeschlossen habe. Besonders kurios ist das in Hinblick darauf, dass man für jeweils hundert gesammelte Kürbisse ein weiteres Leben erhält. Diese Belohnung ist ein wenig wertlos, wenn man auf dem Weg dahin ca. 10-20 volle Leben findet, die man einfach mitnehmen kann. Übrigens trivialisieren die vielen Leben auch die Endgegner im Spiel, denn wenn man stirbt, behalten Endgegner ihren Schaden. Besonders bei Endgegnern, die man per Knopfdruck mit TNT-Kisten bewerfen kann, ist das aber auch zwingend notwendig, denn es hat wohl selten ein weniger zuverlässiges Kommando als das Aufhebe-Kommando in Jersey Devil gegeben.

Jersey Devil ist kein einfach zu erlernendes Spiel und schreit wie kaum ein anderes 3D Jump & Run „experimentelle Designphase“. Wenn man sich allerdings mit der Steuerung angefreundet hat und mit den vielen kleinen Nickligkeiten wie langen Levels oder sperriger Kollisionsabfrage leben kann, erhält man ein im Kern gut designtes Jump & Run mit abwechslungsreichem, aber anspruchsvollem Leveldesign. Perfektionisten müssen allerdings sehr aufmerksam sein, denn nur, wenn man in jedem Level alle, teilweise versteckten, Kisten zerstört, schließt man das Spiel zu 100% ab. In Anbetracht der Länge der Level ist das eine Aufgabe, die durchaus frustrierend sein kann.

Optisch hat Jersey Devil einen interessanten Charme, denn es mischt die Comic-Ästhetik von Looney Toons mit einem ganz frühen 3D-Stil. Große einfarbige Polygone und durchaus detailverliebte Gegnerdesigns ergeben eine etwas ungewöhnliche Mischung, die mir allerdings insgesamt gut gefallen hat. Auch musikalisch ist Jersey Devil gut aufgestellt, so dass die Präsentation zwar technisch angestaubt, aber durchaus charmant ist.

Jersey Devil ist klar ein Spiel für Genre-Freunde mit einem Faible für frühes 3D. Viele Kinderkrankheiten der Zeit sind hier sehr präsent und die PAL-Version leidet überdies darunter, quasi eine Vorabversion des späteren US-Spiels zu sein. Mit den bereits angesprochenen später behobenen Designmängeln und zahlreichen fehlenden Videos, sowohl zwischen den Levels, als auch immer wenn man einen Schalter o.ä. aktiviert hat, macht die PAL-Version einen besonders sperrigen Eindruck. Nichtsdestotrotz, mit einem guten Leveldesign und einem nostalgischen Look kann Jersey Devil durchaus gut unterhalten.

Getestet auf PlayStation.