Omno (Review)

Titelartwork zum Spiel Omno mit Logo oben und Hauptfigur unten an einer Klippe vor einem großen Panorama der Welt stehend.

Videospiele bestehen aus den unterschiedlichsten Kunstformen, wirr zusammengewürfelt oder sorgfältig miteinander verwoben, je nachdem welch kreativer Kopf dahinter steht. Gerade die Indie-Szene hat in den vergangenen Jahren vermehrt Spiele auf den Markt gebracht, bei denen Gamedesign und künstlerische Vielfalt Hand in Hand gehen. Ich habe dieser Tage einen Blick auf den 3D-Puzzleplattformer Omno geworfen und versuche dabei einer bestimmten Frage nachzugehen. Kann hier das Spielerische mit dem Künstlerischen harmonieren oder verwässert sich der Spielspaß unter dessen Last?

Mysteriöse Rituale in der Welt von Omno

“Gameplay first”, wie oftmals beim Spieldesign postuliert wird, bedeutet nicht, dass sich alles diesem Thema unterordnen muss. Vielmehr sollte es im Medium die Grundbasis bilden, auf der sich andere Aspekte entfalten und ineinandergreifen sollen, um einem Spiel einen stimmigen Gesamteindruck zu verleihen. Dies hat beispielsweise Gris trotz wundervoll vielschichtiger Narrative und visuell beeindruckendem Artstyle nicht hinbekommen. Und dies ist einer der Hauptgründe, weswegen ich erst kürzlich Chicory: A Colorful Tale einen Stempel verliehen habe.

Aber zurück zum eigentlichen Star dieser Review: Omno. Im Vorfeld habe ich mir viele Gedanken über das Thema Kunstspiele gemacht, weil die Trailer kaum kommuniziert haben, worum es sich bei Omno eigentlich handeln soll. Nach knapp dreieinhalb Spielstunden bis zum Abspann kann ich auf jeden Fall vorwegnehmen, dass es sich um ein gutes Spiel handelt.

Screenshot aus Omno. Links sitzt die Hauptfigur und schaut nach rechts auf ein kleines, auf dem Boden liegendes, grünes Wesen. Deren Blicke treffen sich. Im Hintergrund eine Felswand.
Neue Freunde erleichtern jede anstrengende Reise in unbekannte Gefilde

Jonas Manke, Solo-Entwickler von @StudioInkyFox, entführt uns mit seinem Debüttitel in eine mystische Welt voller Lichtenergie und seltsamen Kreaturen. Wir schlüpfen in die Rolle eines kleinen Wanderers, der in einer mystischen Welt ein Ritual vollführen will. Omno stellt sich als 3D-Exploration-Puzzler dar, in dem wir erst linearen Abschnitten folgen, um dann in teiloffenen Arealen Sammelgegenstände aufzuspüren und Rätsel zu lösen, die unsere Reise fortsetzen. Jedes Wesen, dass diese Welt bewohnt, ist erfüllt von Licht. Deren Energie machen wir uns zunutze, um das Ritual zu einem erfolgreichen Ende zu bringen.

Viel zu entdecken, wenig zu verpassen

Unsere Reise durch die Areale folgt immer wieder einem klaren Muster. Zuerst folgen wir einem linearen Abschnitt, den wir entweder durch Plattforming oder andere Fortbewegung überwinden müssen. Dann öffnet sich ein weitläufigeres Gebiet, in dem sich unterschiedliche Tiere und Sammelobjekte versteckt halten. Lichtkugeln sind beispielsweise essentiell für die Reise. Nur mit drei Stück pro Gebiet öffnet sich der Pfad zum nächsten Areal. Nach einem kurzen Einführungsgebiet offenbaren sich in den folgenden Arealen allerdings mehr als die erforderlichen Leuchtkugeln.

Es liegt an uns, wieviel wir erkunden wollen und ob uns die kleinen Herausforderungen reizen, hinter denen sich die Kugeln verstecken. Bei einigen gilt es einen kurzen Plattform-Parkour zu bestehen, wieder andere haben ein Rätsel zur Grundlage. Jedes Areal bietet allerdings auch eine Säule, bei der wir gesammelte Lichtenergie gegen eine Kugel eintauschen können. Wir merken schnell, wann wir genug Energie gesammelt haben. Dann erfährt unserer Wanderer nämlich einen kleinen Energieschub und bewegt sich schneller fort.

In der Theorie bringt es nichts die zusätzlichen Lichter zu sammeln, allerdings deutet Omno immer wieder via Prozentangabe auf den Status der Komplettierung eines Areals hin. Eine Prozentangabe sowie einen Radar, wo sich das nächste Licht befindet, lassen sich per Knopfdruck einblenden. Zudem weist das Spiel beim Überqueren des letzten Pfades per Einblendung auf den Stand der Komplettierung hin. Sollten wir Hilfe bei der Suche benötigen, können wir eines der Meditationsfelder nutzen, welches der Radar zu Beginn anzeigt. Hier “fühlen” wir unsere Umgebung und komplettieren so den Radar, der anschließend alle Leuchtkugeln anzeigt. Ein wenig finde ich es schade, dass mir das Spiel hier so stark helfen will und mir eine Karte zum Abstreichen in die Hand reicht. Die Objekte sind selten schwer versteckt, die Herausforderung bei den Kugeln reichen als spielerisches Hindernis aus. Erkundung fühlt sich ohne den Radar eindeutig interessanter an.

Nachrichten aus der Vergangenheit

Ein weiterer Sammelgegenstand sind Glyphen, die uns einen Einblick in die mythologische Welt von Omno geben. Diese offenbaren Nachrichten eines ehemaligen Wanderers, der dem Pfad des Lichtes auf der Suche nach Freiheit und Bedeutung gefolgt ist. Sie bilden das Fundament der Narrative und geben einen Hinweis zur Einordnung der wenigen Cutscenes, die am Ende den emotionalen Kern tragen sollen. Wirklich hervorgehoben wird dieser allerdings durch die Musik von Benedict Nichols, die mich zuweilen an Gareth Cookers Musik aus dem Ori-Franchise erinnerte – im guten, wie im überemotionalen, Tränen-fördernden Sinne. 

Screenshot aus Omno. Darstellung der Kreaturen-Liste mit den ersten neun von 41 Einträgen. Im Fokus steht die Kreatur "Shoobs".
41 Kreaturen bevölkern unseren Pfad und gewähren uns Lichtenergie

Glyphen sind allerdings über den Radar nicht sichtbar, liegen allerdings in der Regel offensichtlich in den Arealen verstreut. Dennoch zählen sie anders als Tiere nicht zur vorhin erwähnten Prozentangabe dazu, es befinden sich allerdings drei Stück in einem Gebiet. Die Kreaturen hingegen werden in einer Liste vermerkt und wenn wir mit ihnen interagieren, gewähren sie uns Lichtenergie. Mit ihnen fühlt sich die ansonsten sehr leere Welt im Low-Poly-Stil recht lebendig an. 

Ein spaßiger Mix aus Bewegung und Gehirnakrobatik

Um eine Lichtkugel aufzusammeln oder Pfade zu öffnen, müssen wir uns häufig einem Rätsel stellen. Wir verschieben Plattformen, lösen Codes oder bugsieren Lichtenergie an die richtigen Stellen, um Schalter zu aktivieren oder eine ganze Reihe anderer Aktionen auszulösen. Omno greift immer wieder mal eine Idee aus einem vorangegangenen Areal auf und erweitert diese durch andere Mechaniken oder mit Plattforming. Auf diese Weise ist für die drei bis fünf Stunden für viel spielerische Substanz und Abwechslung gesorgt.

Screenshot aus Omno. Übersicht über eine Rätsel mit mehreren Quadern. Hauptfigur steht an Interaktions-Schalter.
Klassisches Rätselgameplay mit Schaltern, beweglichen Plattformen und mehr befinden sich in der gesamten Spielwelt

Dazu tragen auch die linearen Pfade zwischen den Arealen bei. Wenn wir nicht gerade auf einem legendären Reittier oder als Lichtstaub ala Flower durch die Welt reisen, wartet Omno mit unterschiedlichen Plattforming-Sequenzen auf. Diese sind zwar ebenso wie die Rätsel nicht sehr anspruchsvoll, fügen sich aber gut in das Pacing des Spiels ein. Je weiter wir stärker erweitert sich unser Moveset. So schaltet sich nach und nach beispielsweise ein Dash, Surfen auf dem eigenen Lichtstab oder eine Teleportation frei, um die weitläufigen Areale immer flotter erkunden zu können. Gegen Ende hin kombinieren die Pfade unterschiedliche Hindernisse miteinander, so dass sich auch hier die Fortbewegung stets frisch anfühlt. Leider erweisen sich die Sprünge und der Dash stellenweise aber als sehr unpräzise. Einerseits erschwert der Stil des Spiels die Übersicht, andererseits erzeugt der Dash einen optischen Wischeffekt bei dem wir schnell den richtigen Moment verpassen können.

Ein gelungener Einstand mit Omno

Erfindet Omno in Bezug auf Spieldesign das Rad neu? Dürfte niemand erwartet haben. Doch das mystische Puzzle-Abenteuer rund um den kleinen Lichtwanderer ist charmant designt und bietet ein abwechslungsreiches Pacing. Die einzelnen Mosaikteile ergeben einen runden Gesamteindruck und wissen trotz einiger Schwächen zu gefallen. Vor allem die Rätsel sind kreativ und wirken organisch in die mystische Welt eingebunden. Trotz kleinerer Abstriche im Plattforming ist das spielerische Fundament von Omno solide und hat mir viel Spaß gemacht. Omno behält die Waage aus narrativen, inszenatorischen und auditiven Aspekten einerseits und spielerischen Aspekten andererseits sehr gut in Einklang.

Getestet via Steam auf PC. Ein herzlicher Dank geht an Future Friend Games für die Bereitstellung des Mustercodes.