
Manchmal schlägt das Schicksal ganz unvermittelt zu. Beispielsweise, wenn ein Testmuster eintrudelt. Okay, okay, in der Regel kommen die wie auch in diesem Fall nach Interesse und nicht ungefragt. Aber die Vorhersagen im narrativen Adventure The Cosmic Wheel Sisterhood sind schließlich auch nicht komplett zusammenhanglos. Denn Fortuna liest die Zukunft (bisweilen auch die Vergangenheit) aus Karten, während ihre Kundinnen dabei ganz fest an etwas denken.
Hexen
Die Hexen in The Cosmic Wheel Sisterhood haben ganz unterschiedliche Talente. Fortuna liest aus Karten, während andere ein Händchen für Pflanzen oder das Schmieden besonderer Dolche haben.
Eines haben jedoch alle Hexen gemeinsam: Sie sind Frauen. Also, abgesehen von den im Nebensatz erwähnten nichtbinären Hexen. Warum Männer keine Hexen werden können? Natürlich muss nicht überall jeder erlaubt sein, aber die Erklärung lässt ein wenig zu wünschen übrig. Meist sind sie unwichtig, manchmal auch unfähig. Als könnten Frauen nur toll sein, wenn Männer es nicht sind. Aber da sie meist nur Randfiguren in Gesprächsthemen sind, fällt das selten wirklich auf.
Hexen gehören unterschiedlichen Zirkeln an. Darunter auch die titelgebende Cosmic Wheel Sisterhood. Über die anderen Zirkel erfahren wir nicht unbedingt viel, aber zumindest der Zirkel, dem Fortuna angehört, untersteht einer tyrannisch anmutenden Matriarchin.
Die ist es auch, die Fortuna verbannt. Für 1000 Jahre.
Das macht natürlich kaum jemand gern mit. Fortuna hält mit Ach und Krach 200 Jahre durch, ehe sie einen Behemoth beschwört. Das ist verboten (Hexen wird wohl viel verboten), aber Fortuna ist ja schon verbannt. Viel schlimmer kann es schließlich nicht mehr werden, oder?

Karten bauen
Das zentrale Gameplay-Feature in The Cosmic Wheel Sisterhood sind die Karten. Erst bastle ich sie zusammen, dann warte ich darauf, dass Fortuna sie einsetzt. Eine zufällig ausgewählte Karte platziere ich und wähle dann eine Interpretation aus.
Das Basteln ist sehr fummelig. Es ist ausgelegt auf Maussteuerung, entsprechend kam ich mit Controller mittelmäßig zurecht. Per Steamlink mit Tasten auf dem Bildschirm ging das nicht viel besser, aber das war auch nicht zu erwarten. Auf dem Smartphone sah das Pixelspiel aber auch ganz hübsch aus.
Zuerst wähle ich einen Hintergrund aus, dann ein Motiv und etwas Kleinkram. Welche Bilder ich auswählen kann, hängt von meinen Energiepunkten ab, die ich für eines von vier Elementen habe.
Anschließend gestalte ich die Karte. Motive und Hintergrund kann ich bewegen, Einzelteile auch spiegeln, in der Größe verändern und kopieren. Schließe ich eine Karte ab, werden zwischen einzelnen Bildpunkten Linien gezogen und magische Kreise erscheinen, aber was es damit auf sich hat, weiß ich nicht. Darüber hinaus ist die Gestaltung mehr eine Spielerei und man kann sehr viel Zeit in schöne Motive stecken. Oder man platziert einfach ein paar Dinge irgendwo auf der Karte.
Karten spielen
Wenn Fortuna dann in ihrem Häuschen auf dem Komet hockt und Besucherinnen empfängt, kommen die Gespräche meist auf das Thema Kartenlesen.
Dann wird ganz fest an das gedacht, wozu die Karten etwas mitteilen sollen. Fortuna zieht eine zufällige Karte. Wenn ich mehr Karten herstelle, ist die Auswahl natürlich größer.
Meist sind es gleich zwei oder drei Begriffe, zu denen Fortuna Karten zieht. Dann kann ich auswählen, wozu ich die erste Karte nehme. Anschließend tauchen ein paar Interpretationsmöglichkeiten auf, zwischen denen ich mich entscheide. Mal klingen sie gut, mal schlecht, ganz selten gibt es auch nur eine einzige Möglichkeit.
Die Interpretationen der Karten entscheiden den weiteren Verlauf der Handlung. Zu einem gewissen Grad jedenfalls. Beispielsweise kann ich voraussehen, dass eine magische Schlichterin befördert wird. Und dass sie jemanden tötet. Mir tat dann ein bisschen leid, als die entsprechende Hexe starb, nachdem ich mir alle Mühe gegeben habe, ihr zu helfen. Aber das ist wohl Schicksal. In einem anderen Durchgang kann ich natürlich versuchen, das zu verhindern. Mit dem kleinen Problem, dass ich jeden Text erneut durchklicken und auch wieder mühselig neue Karten erstellen muss.
Freundschaften
Neben ein paar Antwortmöglichkeiten zur Auswahl, gibt es dann auch nicht viel mehr Gameplay. Abgesehen davon, dass Fortuna sehr langsam durch ihr Haus gehen kann, um nicht nur Karten zu erstellen und zu zerstören, sondern auch, um in ihr Bett zu gehen. Da kann sie schlafen, eine interaktive Geschichte lesen und lernen, um optionale Lore zu verstehen.
Der Rest ist wie bei einer klassischen Visual Novel sehr viel zum Lesen. Die Texte sind amüsant und auf deutsch kompetent. Vertonung gibt es keine und auch die Animationen der Charaktere sind eher zurückhaltend. Die Charaktere sind gut voneinander abgegrenzt, nur manchmal etwas zu stereotyp. Allerdings fiel mir bisweilen schwer, mir die Namen zu merken, wenn ihre Familiare am Fenster saßen, um auf eine Einladung zu warten.

Ein bisschen kann ich auch die Beziehung zwischen Fortuna und ihren Freundinnen beeinflussen. Ob sie in Gesprächen mit dem Behemoth erzählt, ob sie ihnen noch vertraut oder nicht, nachdem sie sie zweihundert Jahre lang nicht gesehen hat. Später gibt es eine große Wahl, bei der ich stärker beeinflussen kann. Möchte ich, dass Fortuna ihre besten Freundinnen verrät und hintergeht? Traue ich ihnen so sehr, dass ich Fortuna die Wahrheit sagen lasse?
Fazit
Die magische Welt von The Cosmic Wheel Sisterhood hat mich ein paar Stunden lang in ihren Bann gezogen. Besonders die Dialoge zwischen Fortuna und dem Behemoth haben mir Freude bereitet. Das Kartenlesen macht auch nichts falsch, nur das Erstellen der Karten ist etwas mühselig. Außerdem ist das Spiel mit seinen unterschiedlichen Enden zwar darauf ausgelegt, es mehrfach zu spielen, Komfortfunktionen wie Vorspulen oder Überspringen von bekannten Texten fehlen aber. Mit charmanter Pixelkunst und interessanten Charakteren unterhält die Narrative aber zumindest für ein Ende mehr als ausreichend. Lesefreudige Hexenfans können Fortuna gern dabei helfen, ihr Exil auf dem Kometen loszuwerden.

Herzlichen Dank an Devolver Digital für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf PC.