Lunistice (Review)

Wenige Wochen nach dem Erscheinen der umfangreichen Demo zum neuen Indie-Jump & Run Lunistice ist das Debütspiel von Dennis „DEKE64“ Kröner jetzt auf Nintendo Switch verfügbar. Nach mehr als zehn Stunden mit dem 3D-Hüpfer kann ich ihn, zumal zu einem moderaten Preis von 5€ jedem Genrefreund empfehlen.

In Lunistice schlüpft man in die Rolle von Hana, die in einer Art Simulation zu erwachsen scheint und ihren Weg aus dieser suchen muss. Die Geschichte des Spiels wird mit einigermaßen kryptischen Videosequenzen vor dem ersten und nach dem letzten Level vorangetrieben, dürfte aber nur über die Sequenzen kaum verstehbar sein. Wer allerdings in jedem Level die H-A-N-A-Buchstaben sammelt, der schaltet nach und nach Notizen frei, die die Hintergründe der Geschehnisse in Lunistice offenlegen. Diese Art der Erzählung hat den Vorteil, dass sich jeder gemäß seines eigenen Interesses mit der Geschichte befassen kann oder es lassen kann. Für meine Begriffe ist die Geschichte zwar kompetent umgesetzt, aber keineswegs ein starker Grund, das Spiel zu spielen. Im Mittelpunkt steht hier eindeutig das Gameplay.

Lunistice ist in sieben Welten unterteilt, die – abseits der letzten Welt – jeweils zwei Level bieten. Diese müssen in strikt linearer Abfolge absolviert werden, allerdings wird nach Abschluss eines jeden Levels gespeichert und man kann jederzeit, statt das zuletzt freigeschaltete Level zu spielen, eines der bereits absolvierten Level erneut durchsuchen. Die Level sind – mit einer einzigen Ausnahme – lineare Level nicht unähnlich beispielsweise zur Toree-Reihe, die allerdings an einigen Stellen kleine Abzweigungen bieten, die eine zusätzliche Hüpfaufgabe mit einigen Sammelgegenständen enthalten. Meistens ist es einfach erkennbar, welche Route die Bonus-Route ist und welche dem Spielfortschritt dient, vereinzelt ist es allerdings doch unklar und an diesen Stellen kann schon kurzzeitig ein wenig Frust aufkommen, denn es gibt häufig Punkte, von denen aus man nicht mehr zu einem früheren Punkt des Levels zurückkehren kann. Möchte man also alles in einem Durchlauf sammeln, stellen diese Stellen ein potenzielles Ärgernis dar.

Alles in einem Durchlauf zu sammeln legt Lunistice dem Spieler einigermaßen nachdrücklich nahe. Am Ende eines jeden Levels wird die Leistung des Spielers nämlich in zwei Kategorien mit einem Ranking bewertet: Einem Ranking dafür, wie viele der meist zwischen 100 und 300 Kraniche man im Level gesammelt hat und einen dafür, wie oft man im Verlauf des Levels zu einem Rücksetzpunkt zurückgesetzt wurde. Wer den besten Rang in einer der beiden Kategorien haben möchte, der muss eine perfekte Leistung hinlegen, also alle Kraniche sammeln oder aber ohne zu sterben ins Ziel gelangen. Zudem gibt es sogar ein Gesamtranking, bei dem man nur einen S-Rank erhält, wenn man in einem Durchlauf beide anderen Rankings mit S abschließt. Gespeichert werden allerdings nur die zwei Einzelrankings. Alle S-Ranks zu sammeln wird, wenn man als Hana spielt, mit einem kosmetischen Bonus belohnt. Die andere beiden Charaktere, darunter Toree, gehen hingegen leer aus; hier dienen die Rankings nur dem eigenen Ego.

Die Spielmechanik könnte einfacher kaum sein. Man kann laufen und springen. Alle drei Charaktere können in der Luft einen Doppelsprung machen, Toukie kann sogar drei Mal in der Luft flattern und so die größte Distanz zurücklegen. Hana und Toukie können zudem sowohl in der Luft als auch am Boden angreifen und so Gegner und Hindernisse zerstören. Toree hingegen ist Gegnern wehrlos ausgeliefert. Zu allem Überfluss hat Toree auch noch keine Lebensenergie, ein einzelner gegnerischer Treffer schickt Toree in den Tod. Hana hingegen hat drei, Toukie zwei Energiepunkte, die sich zudem an jedem der zahlreichen Checkpoints in den Levels regenerieren. Im Gegenzug hat Toree allerdings eine höhere Laufgeschwindigkeit. Toree ist also eine Art Hard-Mode, ist aber im Gegenzug bedeutend schneller als die anderen beiden.

Wenngleich die Mechanik in Lunistice ein wenig an Toree erinnert und die Aufmachung mit den Rankings den Eindruck eines Performance-Jump & Runs hinterlässt, geht das Leveldesign klar in eine andere Richtung. Nicht nur die Rankings legen viel Wert auf Sammelei, sondern auch das Leveldesign ist an vielen Stellen nicht auf maximale Durchlaufgeschwindigkeit optimiert. Besonders die vierte Welt mit rhythmisch ein- und ausschaltenden Plattformen bedarf ein wenig Vorsicht, besonders, da die Frequenz in der die Plattformen und verwandte Fallen schalten, nicht über das ganze Level einheitlich ist. Level 4-2 ist gerade wegen dieser Plattformen auch das deutlich schwierigste Level im Spiel. Wer alle S-Ranks holen möchte, sollt bei diesem Level ein wenig Geduld mitbringen.

Eine interessante Besonderheit in Lunistice ist, dass zwar alle drei Charaktere die gleichen Level spielen, hiervon aber die letzte Welt ausgenommen ist. Während Hana in Welt 7 in gleich drei Levels den Weltraum erkundet, erhalten Toree und Toukie jeweils ein eigenes exklusives Level, das auf die jeweiligen Charaktere angepasst ist. Während Toree eine Neuinterpretation einer Umgebung aus Toree 2 zu spielen bekommt, hat mich Toukies Extralevel allerdings ein wenig erschlagen. Beim ersten Sammeldurchgang habe ich fast 30 Minuten für das Level gebraucht, beim Durchgang ohne Sterben immerhin noch etwa 10 Minuten. Technisch ist das letzte Toukie-Level allerdings ziemlich beeindruckend, denn trotz der schieren Größe und der unzähligen Objekte im Level gab es nur wenige sehr kurze Ruckler, ansonsten hält das Level wie das gesamte Spiel eine flüssige Framerate von 60 Bildern in der Sekunde auf der Switch.

Stilistisch ist Lunistice an die PlayStation-Ära angelehnt, nimmt sich aber in Sachen Detailgrad sehr viel künstlerische Freiheit. Das heißt, dass die Optik zwar einen pixelig-grobschlächtigen Look wie auf der PlayStation bietet, aber in den Hintergrunden und den Leveldetails aus dem Vollen schöpft, so dass ein einigermaßen geübter Blick das Spiel sehr einfach in der heutigen Zeit verorten kann. Die Musik ist stimmungsvoll und unterstützt das Spiel auf gelungene Weise.

Insgesamt ist Lunistice ein sehr unterhaltsames Spiel, das mich mit der S-Rank-Jagd ca. 10 Stunden an den Bildschirm gefesselt hat, was in Anbetracht des geringen Preises durchaus bemerkenswert umfangreich ist. Auch wer weniger perfektionistisch veranlagt ist, wird aber auf seine Kosten kommen. Genrefreunde erhalten hier ein sehr rundes Spiel mit gutem Leveldesign und spaßiger Spielmechanik, das nicht nur mit spielerischer Variabilität sondern auch einer farbenfrohen Kulisse überzeugen kann.

Vielen Dank an Deck13 für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf Nintendo Switch.