
Die Schlümpfe haben nach einer recht aktiven Zeit auf dem Game Boy lange nur sporadisch Auftritte in Videospielen gehabt, doch in den letzten Jahren erfreuen sie sich ungewohnter Aufmerksamkeit. Mit neuem Entwickler und neuem Konzept erscheint dieser Tage Die Schlümpfe: Abenteuer im Traumland von Ocellus Services, die zuvor bereits Marsupilami einen kleinen Überraschungshit, Maruspilami: Hoobadventure spendiert haben. Das Konzept von Abenteuer im Traumland erinnert an Super Mario 3D World oder Sackboy: A Big Adventure, und gleich vorweg: Die Schlümpfe schlagen sich gegen die berühmte Konkurrenz erstaunlich gut.
In Die Schlümpfe Abenteuer im Traumland schlüpft der Spieler in die Rolle eines wahlweise männlichen oder weiblichen Schlumpfes, der neben Papa Schlumpf als einziger Gargamels neuester Gemeinheit entgeht. Gargamel hat nämlich die Früchte im Wald mit einem Zaubertrank besprüht, der die Schlümpfe reihenweise in einen immerwährenden Tiefschlaf mit fiesen Alpträumen stürzt. Nun ist es am Spieler, über das große Kissen im Dorf der Schlümpfe in die Träume der Schlümpfe einzudringen und sie von ihren üblen Träumen zu befreien. Nur so können die Schlümpfe wieder erwachen und das Schlumpfdorf dem herannahenden Gargamel entgehen.

Die Traumwelt stellt sich wie eine Sternenkarte dar, in der die Welten des Spiels in der Form von Sternzeichen ausgewählt werden können. Insgesamt gibt es vier Hauptwelten im Spiel, die in linearer Abfolge gespielt werden können. Zusätzlich gibt es aber rings um eine jede Hauptwelt auch ein bis vier Miniwelten, die größtenteils optional sind und etwas kürzere schwierigere Level bieten. Jede Welt, ob Hauptwelt oder Miniwelt, gehört zu einem Schlumpf und schließt man die Welt ab, wird der jeweilige Schlumpf wieder erweckt. Im Dorf der Schlümpfe kann man dann kleine Goodies sammeln, die jeder dieser Schlümpfe mit sich bringt. Darüber hinaus ist das Schlumpfdorf aber reine Kulisse.
Das eigentliche Gameplay von Die Schlümpfe Abenteuer im Traumland ist sehr ähnlich zu den eingangs erwähnten Vorbildern Mario und Sackboy, das heißt, dass man aus einer fixen, leicht erhöhten Kameraperspektive durch lineare Level springt, dabei aber viele kleine Abstecher machen kann, um versteckte Gegenstände aufzulesen oder sogar Geheimgänge zu erforschen. Trotz der linearen Natur der Level fühlen sie sich nicht eingeengt an und belohnen ein offenes Auge. Manchmal kann es allerdings etwas frustrierend kann für Perfektionisten sein, dass die Level – nicht unähnlich zu Super Mario Galaxy – in mehrere Abschnitte unterteilt sind, zwischen denen man über eine Grindstange wechselt und dass man nicht zu einem vorherigen Abschnitt zurückkehren kann.

In jedem Level gibt es fünf Pilze zu finden, die die Entsprechung zu Marios grünen Sternen sind und dazu dienen, die Miniwelten freizuschalten. Zusätzlich gibt es in den meisten Levels der Hauptwelten jeweils ein Garnknäuel zu finden. Die Garnknäule schalten im Shop im Dorf die Möglichkeit frei, Skins für seinen Schlumpf zu erwerben. Diese Skins bezahlt man mit den überall in den Levels verstreuten Beeren und meiner Erfahrung nach reichen die Beeren, die man in einem Durchlauf sammelt, aus, um alle Skins zu kaufen, ohne Level wiederholt spielen zu müssen, um mehr Beeren zu grinden. Die zahlreichen versteckten Sammelgegenstände sind sinnvoll platziert und schaffen zusätzliche Herausforderungen in den größtenteils nicht allzu schwierigen Levels, die für Kenner des Genres sehr willkommen sind.
Der Schwierigkeitsgrad ist, wie bereits angesprochen, recht niedrig, allerdings muss man auch als geübter Spieler keine Sorge haben, dass Die Schlümpfe Abenteuer im Traumland langweilig würde. Man muss durchaus aufmerksam spielen und auch der eine oder andere Tod wird sicherlich nicht ausbleiben, selbst bei geübten Spielern. Allerdings sei gleich angemerkt, dass Die Schlümpfe Abenteuer im Traumland sehr kulant im Umgang mit dem Tod ist. Es gibt sehr viele Checkpoints und alle Fortschritte, die man im Level gemacht hat – abgesehen eben von der Position im Level – bleiben beim Tod erhalten. Das ist in meinen Augen eine gute Kompromisslösung um zu vermeiden, dass die junge Zielgruppe allzu stark frustriert wird, aber gleichzeitig Genre-Freunde nicht zu verlieren. Übrigens hat das Spiel in 3D-Mario-Manier am Ende noch ein besonders forderndes Extralevel, das natürlich nicht annähernd so schwer ist, wie die berüchtigten Mario-Abschlusslevel, aber die speziellen Mechaniken von Die Schlümpfe Abenteuer im Traumland gekonnt auf die Probe stellen.

Ein sehr interessanter Move in Die Schlümpfe Abenteuer im Traumland ist die Blase, die man per X-Knopf in der Luft aktivieren kann. Aktiviert man die Blase, wird der Schlumpf an dem Ort festgehalten, an dem er sich befindet, bis man den Knopf loslässt, oder eine recht großzügig bemessene Zeit abgelaufen ist, die man maximal in der Blase zubringen kann. Hierdurch kann man bei getimten Hindernissen kleine Ungenauigkeiten ausgleichen. Zudem gibt es die Möglichkeit, aus der Blase herauszuspringen und dadurch kräftig nach vorn zu schießen. Diese Fähigkeit wird zwar außer im letzten Zusatzlevel niemals wirklich vom Spieler verlangt, bietet aber ein richtig gutes Gamefeel und kann auch in den normalen Levels für einige spaßige Manöver sorgen.
Ein großes Lob verdient das enorm einfallsreiche und abwechslungsreiche Leveldesign, das immer wieder neue Überraschungen und Levelmechaniken bietet, die man einem Lizenzspiel, zumal zu einer Marke mit sehr junger Zielgruppe kaum zutrauen würde. Ich war in meinem Durchgang durchs Spiel, der übrigens ca. acht Stunden gedauert hat, immer wieder überrascht und erfreut darüber, wie kreativ das Leveldesign in Die Schlümpfe Abenteuer im Traumland ist. Die Konzepte werden nicht zum äußersten getrieben, aber wenn man als Genre-Veteran selbst nach sechs Stunden noch immer wieder einen kleinen Aha-Effekt hat, bleibt nur anzuerkennen, dass die Entwickler eine Menge Energie in das Leveldesign gesteckt haben. In meinen Augen schlagen die Schlümpfe in der Hinsicht Sackboy deutlich, was ich im Vorfeld sicherlich nicht vermutet hätte, schreiben zu müssen, oder besser zu dürfen.

Die Präsentation von Die Schlümpfe Abenteuer im Traumland ist durchweg gut gelungen und fängt den Geist der Schlümpfe vortrefflich ein. Bemerkenswert ist, wie stark die Präsentation sich an Super Mario Galaxy orientiert, sowohl was optische Details anbelangt, als auch was die erstaunlich pompöse Musik des Spiels anbelangt. Auf der Xbox Series X ist die Performance mit stabilen 60 Bildern in der Sekunde und kurzen Ladezeiten weitgehend optimal. Einzig der Umstand, dass zwei Zwischensequenzen bin meinem Durchlauf nicht geladen haben und einen Neustart des Spiels erforderten – ohne Verlust von Spielfortschritt, aber auch ohne die Möglichkeit, die Sequenzen nachträglich anzuschauen – ist mir negativ aufgefallen.
Die Schlümpfe Abenteuer im Traumland ist nicht nur bedeutend besser als ein Schlumpf-Spiel es jemals sein sollte, es konkurriert in jedem Feld außer Schwierigkeitsgrad problemlos mit Sackboys PlayStation 5-Launchtitel. Wer lineare 3D Jump & Runs mag, der sollte Abenteuer im Traumland auf jeden Fall eine Chance geben. Für junge Schlumpf-Fans ist das Spiel nachgerade ein Pflichttitel, der keinesfalls ausgelassen werden sollte. Neben Nikoderiko ist Die Schlümpfe Abenteuer im Traumland mein Überraschungshit des Jahres und ich kann nur in aller Deutlichkeit sagen: Wer Abenteuer im Traumland als gewöhnlichen Lizenztitel für Kinder abtut, der tut sich selbst mindestens so Unrecht wie dem Spiel.

Vielen Dank an Microids für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf Xbox Series X.