Wild Hearts (Review)

Wie manchem bekannt sein mag, habe ich seit einiger Zeit etwas für die „Monster Hunter„-Reihe übrig. Doch ich bin auch ähnlichen Titeln anderer Entwickler nicht prinzipiell abgeneigt. Viele bekannte scheint es da nicht zu geben, und noch keines konnte bei mir die gleiche Langzeitmotivation jenseits der Story auslösen. Unter den gespielten waren auch die beiden Toukiden-Spiele von Koei Tecmo. Auch wenn Wild Hearts über das Label EA Originals vertrieben wird, wurde es ebenfalls von Koei Tecmo entwickelt. Ich habe mich darauf gefreut, mich auch in diesem Spiel auf die Jagd nach Monstern begeben, um ein neues Paar Hosen herzustellen. Oder so ähnlich. Übrigens wie für mich üblich alleine. Also ohne „Mehrspielerbonus“, den manche an solchen Spielen schätzen.

Story

Das Setting in Wild Hearts ist etwa an das feudale Japan angelehnt. Kriege verwüsten das Land, und große „Kemono“ genannte Monster sind ebenfalls eine Gefahr. Man spielt einen Jäger, der diese Monster bekämpft. Aus welchen Gründen auch immer, reiste man in die abgelegene Azuma-Region.

sou ka sou ka

Von einem mysteriösen maskierten Mann erhält man die Macht der Karakuri, die bei der Jagd eine große Hilfe sein kann. Somit kann man dem Dorf Minato sehr nützlich sein. Fortan bekämpft man aus diversen Gründen verschiedene Monster, aber ein besonderer Pluspunkt ist die Geschichte auch hier nicht.

Die wilde Natur zähmen?

Per Karte reist man in unterschiedliche Gebiete, die für sich dann ohne Ladegrenzen stehen. Die Gebiete sind relativ weitläufig, und mit der Kraft der Karakuri kann man hilfreiche Einrichtungen errichten. Diese werden als Dragon Karakuri bezeichnet. In einem Zelt kann man ausruhen, man kann Nahrung trocknen, räuchern oder anders verarbeiten. Der Jäger in Wild Hearts hat viele Talente, auch eine Werkbank für Schmieden und Verstärken von Ausrüstung kann er nutzen.

Eime einfache Seilbahn.

Aber auch für schnellere Fortbewegung durch die Gegend lassen sich spezielle Dragon Karakuri errichten. So kann man per Seil reisen, oder sich per Wind in die Höhe über eine Steilwand befördern.

Man kann natürlich nicht unendlich Dragon Karakuri errichten und muss auch nach und nach bestimmte Energiequellen oder ähnliches der Gegend mit Material aufwerten, um mehr platzieren zu können. Aber das System ist eine interessante Eigenheit.

Kampf mit diversen Waffen

Auch in Wild Hearts stehen natürlich verschiedene Waffen zur Auswahl. Zu Beginn fünf verschiedene, schnell kommen aber drei weitere dazu.

Ein Bogen darf nicht fehlen.

Die Waffen haben alle ihre Eigenheiten, die man für effizientes Kämpfen beherrschen sollte. So hatte ich zuerst den Bladed Wagasa gewählt, einen Schirm. Mit diesem kann man parieren und anschließend stark kontern. Leider war ich zu schlecht dafür, und Gegner schnell zu stark für Patzer. Zudem ist das Parieren die effizienteste Methode, eine Leiste zu füllen, die den Schaden stark beeinflusst. Will heißen, meine mangelhafte Leistung wurde gleich mehrfach bestraft. Statt damit weiter zu üben, habe ich erst mal andere Waffen ausprobiert. Erst deutlich später habe ich den Schirm wieder genutzt, dank hiöfreicher Ausrüstungsboni effektiver.

In den neueren Vertretern von Monster Hunter mochte ich den Bogen, und auch hier gibt es eine Version davon. In Wild Hearts schießt man erst mal schnell unbegrenzte Pfeile auf Monster, die eine Zeit lang stecken bleiben. Dann wechselt man die Bogenhaltung und lässt mit einem anderen Schuss diese quasi explodieren. Allerdings habe ich keinen guten Spielfluss hinbekommen und den Bogen kaum genutzt.

In dieser Silhouette ist der Schirm zu erkennen.

Ein großes Schwert für langsam aufgeladene Angriffe gibt es ebenfalls, und auch eine Art Hammer, bei der Timing-Gefühl wichtig ist. Damit hatte ich leider Probleme, sodass ich kaum die richtig wuchtigen Angriffe ausführen konnte.

Der Karakuri Staff ist interessant, da man durch verschiedene Formen wechseln kann, die unterschiedlich schnell, stark und weitreichend sinn. Außerdem kann man so eine Leiste füllen und für einen sehr starken Angriff nutzen.

Die tragbare Kanone war mir zu träge, aber die Bladed Claw fand ich interessanter. Mit dieser kann man sich an ein Monster festkrallen und hat durch ein Seil dabei dennoch eine hohe Mobilität in der Luft. Außerdem kann man nach genug Treffern einen starken Angriff auslösen, der von einer Art Raubvogelschrei begleitet wird. Das gefiel mir irgendwie. Allerdings kann man sich festgehakt nicht heilen, und das loslassen vorher kann wertvolle Zeit kosten.

Läuft nicht bei mir.

Am meisten habe ich dann beim Durchspielen doch das Karakuri Katana benutzt. Dieses ist recht schnell und mobil. Mit einer aufgeladenen Leiste kann man es zeitweise in eine Art Peitschenform bringen und weitreichend Schaden zufügen. Besonders Sprungangriffe aus der Höhe können sehr stark sein. Wenn man eine Schwachstelle erwischt, womit wir zum nächsten Abschnitt kommen.

Nicht einfach irgendwie draufhauen?

Ähnlich wie in Monster Hunter haben die Monster unterschiedliche Schwächen, die auch je nach Körperteil unterschiedlich sind. Auch hier ist es in der Regel nicht verkehrt, den Kopf anzugreifen. Allerdings bekommt man manche Materialien hauptsächlich, wenn man bestimmte Stellen genug schädigt und zum Beispiel den Schwanz abtrennt und ausnimmt. Auch die elementare Schwäche sollte man beachten, wenn man keine elementlose Waffe benutzt.

Der Schaden wird standardmäßig angezeigt, die Monsterinfo im Menü zeigt grobe Sternewertungen für Schwächen. Auch ein paar Statusveränderungen gibt es, aber in meiner Erfahrung waren diese weniger gut zum Vorteil des Jägers einsetzbar.

Schönes Harz.

Defensiv hilft es natürlich, neben Staminamanagment die Movesets der Gegner zu kennen und nicht in unpassendem Augenblick längere Animationen auszulösen. Sonst kann man schlecht aus dem Angriffsbereich raus, oder die knappe Unverwundbarkeit beim Ausweichen nutzen. Und es ist im Verlauf trotz aktueller Ausrüstung je nach Angriff nicht unwahrscheinlich, durch zwei oder drei Treffer ohne zwischenzeitliche Heilung das Zeitliche zu segnen.

Es gibt zwar oft Heilwasser zum Sammeln, der Einsatz benötigt jedoch etwas Zeit. Auch Nahrung, vor allem verarbeitete, kann hilfreiche Boni wie zusätzliche Gesundheit bringen, um Überlebenschancen zu verbessern.

Karakuri – Schnelles Basteln im Kampf?

Oben erwähnt, kann man auch im Kampf Karakuri genannte Konstrukte errichten. Vier Basis-Karakuri davon kann man zuweisen und per Knopfkombination errichten, wenn man genug Celestial Thread hat. Diesen kann man im Kampf und durch Sammeln in der Umgebung auffüllen.

Eine Barriere gegen den Sturmangriff.

So kann man zum Beispiel einen Block errichten, auf den man klettern und abspringen kann. Aber Karakuri lassen sich auch kombinieren, so kann man Blöcke zum Beispiel bis zu dreifach stapeln. Bestimmte Kombinationen ergeben Fusion Karakuri, die man teils im Kampf gegen bestimmte Gegner freischalten kann.

Sechs Blöcke ergeben ein Bollwerk, das Sturmangriffe stoppt. Drei Sprungfedern, die man einzeln für Bewegung und Ausweichen nutzen kann, ergeben einen einmal zuschlagenden Hammer. Es gibt einige Kombinationen, die je nach Situation sehr hilfreich sein können.

Bedauerlicherweise läuft das System im schnellen Kampfgeschehen nicht immer zuverlässig. Bei unebenem Boden kann es passieren, dass die Karakuri nicht richtig errichtet werden können. Oder der Jäger stellt die Karakuri gleich ohne klar erkennbaren Grund nicht richtig hin, so dass sie sich nicht verbinden.

Dann hat man im besten Fall Faden verschwendet, im schlechtesten Fall ein Leben. Je nach Quest ist nach ein bis dreimaligem Ableben Schluss. Wenn man noch Leben übrig hat, landet man in einem nahen Zelt. Das wurde mir auch nach dutzenden Niederlagen immer wieder als Tipp eingeblendet. Ebenfalls, dass man Waffen an einem Übungsdummy ausprobieren könne…

Winter und Frühling.

Wenn die stellenweise auftretende Unzuverlässigkeit nicht wäre, fände ich das Karakurisystem durchaus richtig gut, eine Besonderheit im Genre ist es allemal. Und die Kampfgeschwindigkeit duldet nun mal kein Nachprüfen der angezeigten Position beim Errichten. Zudem scheint der Jäger bisweilen auch etwas Abneigung dagegen zu haben, für einen Sprungangriff auf Konstruktionen zu klettern. Das verringert in manchen vorteilhaften Situationen, in denen Gegner kurzzeitig unbewegt liegen, den zugefügten Schaden enorm.

Ausrüstung

In Wild Hearts hat man drei verschiedene Kategorien von Ausrüstung. Waffen, Rüstung und Talismane.

Waffen craftet und verbessert man gemäß eines Waffenbaums. Man kann mit den richtigen Materialien oft verschiedene Abzweigungen nutzen. Interessanterweise ist der Waffenbaum hier aber nicht immer weiter verzweigt, sondern hat Querverbindungen. Leider kann man nur die jeweils erste Waffe herstellen und muss mühselig upgraden.

Waffen verbessern.

Da Waffen übertragbare Bonusskills haben, kann sich unter Umständen ein Umweg lohnen. Daneben haben sie auch inhärente Skills, die nicht übertragen werden. So kann man beispielsweise situationsbedingt Schaden erhöhen, oder manche Waffenmoves verbessern. In der Launchversion war allerdings die Auswahl wettbewerbsfähiger Waffen im Endgame gering. Die einzelnen Abzweigungen führen zu wenigen Enden, und zum Beispiel Waffen mit Gift mitten im Waffenbaum konnten so nicht mithalten. Verbesserungen per Updates führe ich weiter unten auf.

Rüstung steht für Kopf, Rumpf, Arme und Beine zur Verfügung. Manche Monster haben keine eigene, sondern geteilt mit einem anderen. Neben Verteidigungswert und elementaren Resistenzen besitzen Rüstungsteile auch Skills, die nützlich sein können. Außerdem lassen sich Rüstungsteile oft auf Versionen verbessern, die dem „Human Path“ oder „Kemono Path“ angehören. Der Gesamtwert davon ist für vereinzelte Skills nötig, um wirksam zu sein. Man sollte also jenachdem eine Richtung einschlagen.

Als letzte Ausrüstungsart gibt es Talismane, die ebenfalls Skills mit sich bringen. Talismane haben Ausrüstungskosten, und das Limit kann nicht überschritten werden. Aber auch unter dem Limit kann man höchstens fünf gleichzeitig ausgerüstet haben.

Kein Strand für Urlaub.

Schwaches Endgame zu Beginn

Talismane waren ursprünglich auch quasi der einzige Anreiz für zufallsabhängiges Grinding nach der Geschichte. Allerdings waren die nötigen Kämpfe für mich zu unfreundlich schwer.

Erst musste man verstärkte Monster bekämpfen, um nötige Keystones für eine kleine Zahl besonders schwerer Quests zu erhalten. Nur zwanzig statt sechzig Minuten stehen zur Verfügung im Kampf gegen besonders fiese Versionen. Für eher mittelmäßige Spieler von Wild Hearts ist das durchaus unfreundlich. Und zu allem Überfluss ist nach einem Tod Schluss. Einerseits wird also ein gewisses Maß an Aggressivität gefordert, jedoch führt das auch schnell zur Niederlage. Zumal es in das Niveau von One-hit-kill-Attacken gelangt. Somit hatte mich das Endgame im Launchzustand enttäuscht.

Updates mit Verbesserungen

Nach Launch kamen aber mehrere Updates, die neben Balancingänderungen teils auch neue Inhalte und Features brachten.

Ein Update-Monster als Variation eines bekannten.

Das erste neue Monster konnte ich nicht herausfordern, da es als Teil des Endgame-Hardcoregrinds erst den Abschluss der vier vorigen erfordert. Dafür wollte ich nicht dutzende Versuche investieren. Es wäre auch bloß die dritte Version eines Monsters mit gleichem Element gewesen. Das nächste Monster war eine interessantere Variation eines Monsters und normal nach Storyabschluss verfügbar.

Das dritte Monster, Murakumo, war ganz neu und ebenfalls nicht hinter Hardcoregrind verborgen. Außerdem kam mit diesem Update auch ein neuer Anreiz für das Endgame. Für die Kämpfe, die vorher nur Keystones brachten, erhält man seitdem spezielle Orbs. Mit diesen kann man Rüstung und Waffen per Limit Break verstärken, schwächere Exemplare häufiger. Somit wird mehr Ausrüstung wettbewerbsfähig im Endgame.

Nach einem weiteren unerreichten Hardcoregrindmonster folgte schließlich mitte Mai eine leichte Variation eines der eigentlich schwächsten Monsters, die man aber dennoch nicht unbedingt auf die leichte Schulter nehmen sollte. Mit neuen Waffen und verstärkter Rüstung gelang es mir schließlich, zumindest die ursprünglichen vier Endgamegrind-Monster zu besiegen.

Eines der Update-Monster, das keine simple Variation eines anderen ist.

Mit den letzten beiden Updatemonstern, Variationen bekannter Monster, wurde schließlich für jedes Element eine starke Waffe am Ende des Waffenbaums verfügbar. Diese können schneller erreichbar sein, als eine schwächere durch Materialgrind und Limit Break auf ein ähnliches Niveau zu bringen.

Fazit

Wild Hearts wusste mich im Verlauf zu unterhalten. Es war auch etwas erfrischend, wieder während der Geschichte öfter zu scheitern, auch wenn es mir auf Dauer etwas zu oft war. Im späteren Verlauf bin ich quasi bei jeder Storyquest mit neuem Monster erst mal gescheitert. Nun ja, oben habe ich mich ja schon als mittelmäßigen Spieler von Wild Hearts bezeichnet. Wie bei der großen Konkurrenz sind aber auch hier die Waffentutorials nicht so ausführlich und weisen nicht unbedingt genug auf wichtige Dinge für effizientes Kämpfen hin. Das kommt zusätzlich zum Erlernen der einzelnen Monster dazu.

Die Monstervielfalt mag nicht so ganz mithalten können, aber es handelt sich auch nicht um den zigsten Teil einer Reihe. Deshalb bin ich da nachsichtig.

Die Geschichte würde ich nicht als nennenswert bezeichnen und ist mehr ein Rahmen für die vorgegebenen Jagden. Das Setting gefällt mir, wie ihr euch vielleicht denken könnt. Die Musik ist mir in der Regel nicht sonderlich aufgefallen, was schonmal nicht negativ ist.

Da habe ich beide fast an der gleichen Stelle erlegt.

Das Grundgameplay und die Waffenauswahl empfinde ich als solide, aber die gelegentlichen Probleme des Karakuri-Systems können den Spaß schmälern. Zusätzlich könnte auch die technische Seite auf Xbox Series S besser sein. Manche Texturen sehen arg verwaschen aus, und auch die Framerate war nicht immer stabil. Es blieb für mich aber in spielerisch unproblematischem Bereich.

Die Grundlage ist also ordentlich und die Updates bieten für mich, abseits der Hardcoregrind-Monster, auch Verbesserungen. Weniger übertriebener Materialeinsatz beim Limit Break wäre vielleicht wünschenswert gewesen.

Insgesamt ist Wild Hearts für mich ein guter Genrevertreter, der sich mit dem Karakurisystem absetzt.

Getestet auf Xbox Series S.