Yooka-Laylee (Review)

Sammel-Jump & Runs, auch unter dem Namen Collectathon bekannt, sind zu Zeiten des Nintendo 64 eines der ganz großen Genres gewesen. Besonders das britische Studio Rare, heute in Händen Microsofts, hat mit der Banjo-Kazooie-Reihe und Donkey Kong 64 strahlen können. Doch nur kurz darauf, in etwa im Jahr 2003 mit dem Erscheinen von Vexx ist diese Art von Spiel wie vom Erdboden verschluckt. Ehemalige Rare-Mitarbeiter haben sich unter dem Namen Playtonic Games zusammengeschlossen, um diesen Spieltyp wiederzubeleben.

Yooka-Laylee beginnt mit einem fiesen Diebstahl. Capital B möchte sich ein magisches Buch unter die Finger reißen und hat statt einer langen Suche gleich zur Holzhammermethode gegriffen: Mit einem riesigen Saugrohr werden einfach weltweit alle Bücher in die Firmenzentrale der dicken Biene gesogen. Darunter auch das magische Buch, das allerdings unterwegs alle seine goldenen Seiten abwirft, um nicht in falsche Hände zu geraten. Dieses Buch gehörte, wie der Zufall es so will, bis dato Yooka, der Eidechse, und Laylee, der Fledermaus. Wenngleich sie das Buch vorher weitgehend ignoriert haben, sind sie von dem dreisten Diebstahl nicht gerade angetan und machen sich auf, ihr magisches Buch wieder zu vereinen.

Spielerisch knüpft Yooka-Laylee unmittelbar da an, wo Rare im Jahr 2000 aufgehört hat. Yooka und Laylee haben einen nahezu identischen Moveset wie Banjo und Kazooie und rennen, springen oder flattern durch die kunterbunte Comicwelt. Markanteste Neuerung in Hinblick auf die Kontrolle des Spiels ist der Rollmove von Yooka, der es dem Duo erlaubt, sich mit besonders hoher Geschwindigkeit fortzubewegen und Schrägen hinaufzurollen. Im Gegenzug geht dieser Move – wie einige weitere, im Verlauf des Spiels käuflich zu erwerbenden Fähigkeiten – auf Kosten einer selbst regenerierenden Energieanzeige und ist obendrein bedeutend schwieriger zu kontrollieren als die normale Laufgeschwindigkeit der Hüpfhelden.

Das Spiel ist in fünf Welten und eine umfangreiche Oberwelt untergliedert. Zwar kann man die Welten nur in einer festen Reihenfolge freischalten, allerdings ist Yooka-Laylee insgesamt sehr frei gestaltet, denn die Bedingungen, um zusätzliche Welten freizuschalten, sind sehr niedrig gesetzt. Zudem hat man stets die Alternative, statt neue Welten freizuschalten, bereits freigeschaltete Welten zu erweitern. Jede Welt kann nämlich einmalig vergrößert werden und so nicht nur neue Aufgaben, sondern auch neue Areale freigeschaltet werden.

Strukturell sind die Welten sehr genau nach dem erstklassigen Vorbild von Banjo-Kazooie modelliert. In offenen, relativ großen, aber dank markanter Elemente und hoher Designdichte schnell übersichtlichen Welten gibt es jeweils 25 Hauptaufgaben zu erledigen. Jede dieser Aufgaben wird mit einem Pagie entlohnt, derer es insgesamt 145 gibt. Wer rechnen kann, wird feststellen, dass 20 Pagies hierdurch nicht abgedeckt sind; diese finden sich in der Oberwelt, so dass Captial Bs Firmenzentrale selbst beinahe wie eine sechste Welt wirkt.

Kleinere Sammelobjekte, goldene Federn, nehmen die Rolle der Noten in Banjo-Kazooie ein. Insgesamt 200 dieser tanzenden Federn haben die Entwickler in jeder Welt verteilt, wobei hierbei bewusst keine fiesen Verstecke gewählt wurden. Stattdessen sind die Federn auf oder leicht neben den Hauptwegen durch die Level, die ihrerseits mit Pagies abgeschlossen werden. Auf diese Weise schafft das Spiel, den Spieler subtil durch eine offene Welt zu lotsen, ohne mit ausschweifenden Tutorialtexten oder expliziten Kartenverweisen den Spieler geradezu durch die Welt zu schieben. Dieses halboffene Weltenkonzept wurde mit dem Ende der Collectathon Jump & Runs viel zu stiefmütterlich behandelt und nun nach mehr als einer Dekade endlich erfolgreich wiederbelebt.

In Hinblick auf die Qualität des Leveldesigns ist Yooka-Laylee uneinheitlich. Interessanterweise sind die Level ungerader Nummer deutlich besser als die gerader Nummer. Besonders das dritte Level konnte im Test begeistern, ist es doch ganz außerordentlich dicht designt und fordert den Spieler durchweg auf interessante Weise. Aber auch das erste und das fünfte Level sind ganz hervorragende Jump & Run-Level, die voller exzellenter Ideen stecken. Level 2 und 4 sind zwar nicht schlecht, stehen aber deutlich hinter den anderen Levels an. Das zweite Level leidet unter einer etwas zu großen Ausdehnung für die Zahl an Aufgaben im Level und bietet insbesondere eine der schlechtesten Aufgaben im Spiel: Mit einem schwer kontrollierbaren Schneepflug fünf Schneemannhüte finden und zu ihrem rechtmäßigen Besitzer zurückbringen. Auf der anderen Seite hat die zweite Welt wohl die kreativste und spaßigste Erweiterung aller Welten. Welt 4 hingegen fühlt sich bisweilen stark nach Donkey Kong 64 an, was bedeutet, dass man unheimlich viel Kleinkram sammeln muss, der teilweise recht obskur versteckt ist.

Der Schwierigkeitsgrad in Yooka-Laylee ist etwas höher angesetzt als in den Banjo-Spielen. Besonders in Hinblick auf die Sprungpassagen haben die Entwickler den Anspruch merklich nach oben gefahren und wer sich allzu ungeschickt anstellt, wird in Yooka-Laylee eine ganze Menge Spielszenen ziemlich oft wiederholen müssen. Besonders anspruchsvoll sind einerseits zwei Endgegner im Spiel, andererseits zwei von Rextros Minispielen. Ein niedlicher Polygon-Dino namens Rextro bietet Yooka und Laylee nämlich in jedem Level ein Minispiel an. Während das erste Minispiel leicht, aber auch ziemlich langweilig ist, steigert der Schwierigkeitsgrad sich im Laufe des Spiels immer weiter und in der vierten und fünften Welt dürften durchaus einige Spieler von den Anforderungen der Rextro-Spiele frustriert werden. In der Hinsicht sei aber gesagt, dass, wenn man kein Achievement-Jäger ist, es ausreichend ist, 100 der 145 Pagies zu sammeln, die es im Spiel gibt, um es erfolgreich abzuschließen. Es macht zwar eine Menge Spaß, alle Pagies im Spiel zu sammeln, wer aber partout eine der schwierigeren Herausforderungen nicht schafft, der braucht sich nicht zu grämen und verpasst auch nichts wesentliches, wenn er einfach ohne diese Aufgabe weiterspielt.

In Hinblick auf die Präsentation ist Yooka-Laylee ganz klar ein Spiel, dem man die Liebe anmerkt, die hineingeflossen ist. Angefangen vom tollen Charakterdesign – besonders hervorzuheben sind hier die Einkaufswagen mit Augen, Rextro und Trowzer die Schlange. Auch die Musik, komponiert von den Rare-Veteranen Grant Kirkhope (Banjo-Kazooie, GoldenEye), Dave Wise (Donkey Kong, Star Fox) und Steve Burke (Kameo) weiß zu begeistern und versetzt den N64-erprobten Spieler kurzerhand in das Jahr 1998 zurück. Selbst an die skurrilen Charakter-Töne aus den frühen 3D-Tagen ist gedacht.

Yooka-Laylee ist für mich als Banjo-Fan die beste Spielerfahrung seit langer Zeit. Das Spielkonzept der N64-Hüpfspiele wurde hervorragend eingefangen und mit viel Liebe in die Moderne transportiert. Aber auch wer keinerlei N64-Erfahrung aufzuweisen hat, dürfte exzellent unterhalten werden, wenngleich manche Präsentationsentscheidungen wie die Charakter-Töne in der heutigen Zeit auf Newcomer möglicherweise etwas skurril wirken mögen und die Abwesenheit von Hilfsmitteln wie Zwischenspeichern und Karten eine Umgewöhnung bedürfen könnten.

Getestet auf Xbox One und Nintendo Switch.