
Nach dem grandiosen Tekken 3 stand die neue PlayStation 2 in den Startlöchern. Doch Tekken erster Fuß auf das neue Gerät war erst einmal Tekken Tag Tournament. Oberflächliche beschrieben, ein sehr großes Upgrade zu Tekken 3, mit besserer Grafik, Tag-Kämpfen (2vs2) und fast allen Charakteren aus Tekken 2 und 3. Doch dazu mehr in einem anderen Review.
Das erste Mainline Tekken auf der PlayStation 2 kam also erst danach, mit Tekken 4. Dieses Spiel sollte die Marke regelrecht auf den Kopf stellen. So viele Änderungen, dazu unter einer neuen Engine, hat die Reihe noch nicht gesehen.

Tekkens Teufel ist zurück!
Das canon Ende von Tekken 3 verläuft grob so, dass Jin Kazama das Turnier gewinnt und Ogre besiegt. Doch wird er daraufhin von Heihachi hintergangen, der versucht ihn zu erschießen. Jin verwandelt sich dadurch aber zu „Devil Jin“ und fliegt davon. Somit hat sich das Machtgefüge in der Geschichte von Tekken hier nicht geändert. Heihachi ist immer noch Besitzer der Mishima Zaibatsu und verfolgt Pläne. Während Jin erst einmal verschwunden ist.
Im Intro von Tekken 4 wird, im Gegensatz zu den Vorgängern, mehr auf die Story eingegangen. Genau hier erfahren wird schon direkt den besonderen Plot Twist der Reihe. Kazuya Mishima ist zurück! Derjenige der am Ende von Tekken 2, von seinem Vater Heihachi Mishima in einen Vulkan geworfen wurde. Wie er das überleben konnte, wird in seinem Intro des neuen Storymodus kurz erklärt. Knapp zusammengefasst wurde er, kurz nach dem Vorfall, von einer anderen Firma gerettet, der G-Corporation.
Kazuya ist also auf Rache aus und Heihachi ist geschockt über den noch lebenden Kazuya, will diese Gelegenheit aber für seine eigenen Pläne ausnutzen. Jin hingegen, wie wir ebenso in seinem Intro erfahren, hat so einen Hass auf die Mishima Familie bekommen, dass er sich sogar seinen Mishima Kampfstil abtrainiert hat, für einen eher traditionellen Karate Kampfstil. Sein Hass schürte in ihm das Ziel, die Mishima Blutlinie auszulöschen.

Wie das alles ausgeht, will ich hierbei noch gar nicht vorweg nehmen, denn Tekken 4 hat erstmals einen speziellen Storymodus. Damit hat die Umsetzung der Story auf jeden Fall einen ordentlich Push bekommen. Im Storymodus gibt es ein kleines Intro, aber nur mit Standbildern und Text, und später ein paar Cutscenes am Ende, aber manchmal auch dazwischen. Auch mit anderen Charakteren kann man je ihre Story erleben, welche dann teilweise canon und nicht canon ist. Schade ist aber, dass hier die Cutscenes nicht mehr extra gerendert sind, sondern in der Ingame Grafik laufen (wenn auch ein wenig aufgepusht), was auf PS2 noch eher schwach aussieht.
Übrigens wird es ab diesem Spiel etwas unklar, wer nun immer der Protagonist der Spiele ist. Auf den ersten Blick scheint es immer Jin zu sein, doch steht weder er alleine im Mittelpunkt, noch sind seine Motivationen klar als „gut“ anzusehen, wenn auch besser als die von Kazuya und Heihachi. Gerade Tekken 4 zeigt dies schon ordentlich. Jin ist auf dem Cover, muss aber erst freigeschaltet werden. Kazuya hingegen zeigt sich am deutlichsten im Intro des Spiels und ist von Start ab verfügbar. Doch Heihachi ist dieses mal klar der Antagonist, einfach weil er der Final Boss ist.

Weniger Charaktere, mehr Optionen
Leider zeigt sich schon direkt am Umfang ein Manko von Tekken 4. Auch Tekken 3 hatte schon weniger Charaktere als Tekken 2, doch war dies verständlich, da über das halbe Roster aus neuen Gesichtern bestand. Tekken 4 bietet mit gerade mal 19 Charakteren wieder 2 weniger und hat dabei gerade mal 3 neue Charaktere parat: Christie Monteiro, Steve Fox und Craig Marduk. Dabei ist Christie sogar lediglich ein Ersatz für Eddy, sprich sie hat den selben Kampfstil (Eddy ist als Bonusoutfit für Christie erhältlich). Dafür hat aber Jin Kazama einen ganz neuen Kampfstil und damit ist die Aussage „3 Newcomer“ schon passend.
Das Highlight bei den Charakteren sind wohl eher ein paar Rückkehrer aus Tekken 2. Kazuya Mishima, Lee Chaolan und Marshall Law haben hier ein Comeback. Wobei Marshall Law hiermit wieder seinen Sohn Forest Law „rausgekickt“ hat. Als weiteres gibt es wieder mehrere Bonus Outfits, teils in Form von anderen Charakteren, wie Eddy für Christie, Miharu für Xiaoyu oder Violet für Lee (das ist sein Alter Ego). Sehr enttäuschend finde ich, dass dieses mal gar kein übernatürlicher Boss dabei ist, wie Devil und Ogre. Den Final Boss macht hier einfach wieder Heihachi Mishima, … in einem knappen Fundoshi [= eine traditionelle japanische Unterwäsche, oft von Kampfsportlern verwendet].

An Kampfarenen werden 12 Stück geboten. Dazu hat Tekken 4 ein neues System mit Wänden/Objekten/Decken, Kollisionen und unterschiedlichen Erhöhungen. Das macht die Kampfarenen natürlich viel variabler als früher und dazu kann man in mehreren Arenen verschiedene Startpunkte auswählen. Endlose Arenen gibt es dafür leider nicht mehr und ebenso gibt es keine charakterspezifischen Arenen mehr.
An Modi hat sich nur wenig geändert. Es gibt nun einen neuen Storymodus, welcher an sich nur ein Arcade Modus mit gezieltem Storyaufbau ist. Der normale Arcade Modus (aber ohne Outro) und Time Attack gibt es weiterhin. Ebenso wie VS, Survival, Team Battle, Practice und Tekken Force. Neu ist auch noch ein sogenanntes „Training“, bei dem man 20 Moves nacheinander richtig eingeben muss. Dieser ist ganz witzig, aber leider so einfach, das der Reiz schnell verloren geht. Leider gibt es keinen „Fun Modus“ mehr, wie Tekken Ball oder Tekken Bowl.

Viel Ambition im Gameplay
Im Gameplay fußt Tekken 4 auf alle errungenen Qualitäten seiner direkten Vorgänger. Getan hat sich aber auch sehr viel, fast schon zu viel. Allen vorran fällt schon vor dem Kampf auf, dass man sich noch im Countdown bewegen kann. Dadurch ist ein, etwas chaotisches, Pre-Positionieren möglich.
Auch neu dabei ist der sogenannte „Sidewalk“. Hält man oben oder unten gedrückt, kann man sich nun flüssig im Raum bewegen. Der Krux daran: Man kann nicht mehr mit oben springen und unten ducken. Hierfür muss man nun eine schräge Eingabe ausführen, also z.B. oben+vorne. Das ist etwas seltsam, aber mit etwas Eingewöhnung nicht so dramatisch. Leider wurde zum neuen Sidewalk die Reichweite des Sidesteps etwas runter gedreht.
Da die Kampfarenen nun Kollisionen und Steigungen bieten, kommt natürlich auch eine neue Dynamik ins Spiel. Man kann Gegner gegen Wände, Decken oder Objekte schlagen/treten/werfen und somit Schaden erzeugen und dies auch ein wenig für Combos oder Mixups nutzen. Dies ist eine willkommene Neuerung, doch geht Tekken 4 schon etwas zu weit und erzeugt teils unkontrollierte Variablen.
Natürlich gibt es wieder mal neue Moves für jeden Charakter. Kazuya und Lee nun in 3D zu spielen, ebenso dass Jin nun einen neuen Kampfstil hat, das sind schon feine Dinger. Übrigens hat Tekken 4 mit Steve Fox den ersten reinen Boxer ins Spiel gebracht. Dieser führt mit Kreuz und Kreis keine Tritt Moves (mit ganz wenigen Ausnahmen), sondern spezielle Bewegungen aus.

Style mit weniger Over-the-Topness
Im Artstyle wurde auch eine neue Schiene gefahren. Leider in eine etwas „realistischere“. Wie zuvor schon erwähnt fehlt uns schon mal ein übernatürlicher Boss und macht das Roster leider „harmloser“. Klar, Yoshimitsu, Kuma und Combot machen noch ihr Ding (Yoshimitsu Design ist auch wirklich absolut klasse!), aber im Schnitt ist da einfach ein wenig „runtergeregelt“ worden.
Auch wurden die Outfits der Charaktere teils stark geändert. Auf den ersten Blick ist das eine gute Sache, doch manche Designs sind einfach seltsam geraten. Andere aber auch sehr gut. Auffällig sind dabei die knapperen Outfits, sowohl bei den Frauen, als auch bei den Männern. Ich will nicht behaupten, das würde mir bei den weiblichen Charakteren nicht gefallen und ebenso finde ich es gut, dass dies dann auch Männer trifft. Aber irgendwie erinnert mich das ein wenig an Dead or Alive und ich finde das nicht so passend zu Tekken. Jedenfalls gefällt mir Kings beinfreier Look nicht so gut und ebenso müsste ich auch nicht Heihachis Hintern in jedem Boss Kampf sehen.

Bei den Kampfarenen wirkt es teils noch schlimmer. Eigentlich ist es nicht viel anders als in Tekken 3, doch wirkt alles als wenn es im selben Land spielen könnte. Es gibt eine Dschungel Arena und eine düstere futuristische „Militärraum“, die sind nett. Beim Rest sind es gefühlt „normale Kampfarenen“ und „Stadtbereiche“, wie z.B. ein Einkaufszentrum, ein Flughaufen oder ein Strand. Alles schön gemacht, doch gefühlt einfach nichts wahnwitziges dabei.
Verbessert hat sich aber die Technik. Natürlich sieht in technischer Qualität alles viel besser aus. Sowohl bei den Charakteren, als auch den Kampfarenen. Interessanterweise wird hier ein dynamisches System für Haare und Kleidung geboten. Das sieht unerwartet gut aus, doch scheint sehr aufwendig zu sein, denn dies wurde in späteren Spielen wieder entfernt. Dies wird unter anderem auch beim flatternden Rock von Ling Xiaoyu stark verwendet, passend zum Thema „knappere Outfits“.

Tekken 4 ist das erste Tekken mit richtiger Sprachausgabe!
Ja, Charaktere reden jetzt ordentlich. Im Kampf zwar noch nicht untertitelt, aber dafür in der Story. Hier fängt es auch schon an, dass Charaktere verschiedene Sprachen sprechen. Also z.B. spricht Jin Japanisch und Paul Englisch. Die Soundeffekte klingen dazu auch wieder ordentlich wuchtig.
Die Richtung der Hintergrundmusik wurde leider auch stark in eine neue Richtung abgewandelt. Also ich mag die Musik, aber sie kickt einfach nicht mehr so toll, wie die Musik aus Tekken 3. Ich würde sie variabler nennen und teils „entspannter“. Dies erzeugt oft eine nette Atmosphäre, doch sie unterstützt die Wucht der Kämpfe nicht mehr so gut – schade.

Fazit: Übers Ziel hinaus geschossen
Tekken 4 ist so ein Spiel, das so revolutionär wirkt, dass es schon gute alte Basics hinten runter fallen lässt. Man könnte es auch sehr experimentell nennen.
Dabei ist es dennoch ein sehr gutes Spiel. Doch die tollen Verbesserungen werden von fragwürdigen Redesigns und dem leicht (an falschen Stellen) geschrumpften Umfang, ein wenig in den Schatten gestellt. Damit ist es ein wenig das schwarze Schaf in der Tekken Reihe.
Aber Tekken 4 bleibt dennoch in Erinnerung, als Einführung der Kampfarenen mit Wänden, dem Sidewalk, einem richtigen Storymodus, dem Fan Liebling Steve Fox, der Rückkehr von Kazuya, der Kampfstiländerung von Jin und … Fundoshi Heihachi.

Mag ich
– Kampfarenen mit Wänden
– Sidewalk
– Storymodus
– Immer noch top Gameplay
– Kazuyas Comeback
– Yoshimitsus Design (mein liebstes neben dem von Tekken 3)
Mag ich nicht
– Nur 19 Charaktere
– Rückgang von „Härte“ in Style und Musik
– Kein übernatürlicher Boss
– Fundoshi Heihachi
Gespielt auf: PlayStation 2, Arcade