Super Mario Bros. 3 (Review)

Nach der durchaus vertrackten Situation um Super Mario Bros. 2 hat sich das Mario-Team zum Ende der NES-Ära noch einmal daran begeben, das Konzept des ersten Super Mario Bros. weiter zu denken und den nächsten großen Schritt in der Super Mario-Reihe zu gehen. Vorwärts- und Rückwärtsscrollen, massiv verbesserte Grafik, neue interessante Items und Fähigkeiten und eine Oberweltenkarte, die den linearen Charakter des Spiels aufbricht, die Versprechungen im Vorfeld waren umfassend, entsprechend groß war die Vorfreude unter den Mario-Freunden. Herausgekommen ist das wohl beste NES-Spiel, das je erschienen ist.

So groß die Neuerungen auf spielerischer Ebene auch gewesen sein mögen, so konservativ gibt sich die Geschichte von Super Mario Bros. 3. Wie schon im Erstling wird die Geschichte nahezu ausschließlich über die Anleitung und sehr kurze Sequenzen am Ende einer jeden Welt erzählt. Bowser hat – wie könnte es auch anders sein – die allseits beliebte Prinzessin Peach entführt und zu allem Überdruss in den umgebenden Königreichen die Könige verzaubert, so dass der Weg zu Bowser umso beschwerlicher wird. Das Ass in Bowsers Ärmel: Die umfangreiche Familienplanung, denn in den verschiedenen Welten des Spiels hat Bowser seine Kinder als Aufseher eingesetzt Mario hat also allerhand zu tun, um Peach wieder zur Freiheit zu verhelfen.

Nach einem ansehnlichen Titelbildschirm, der Super Mario Bros. 3 als Bühnenschauspiel inszeniert – eine Thematik die sich in der optischen Präsentation in subtiler Form durch das gesamte Spiel zieht – beginnt das eigentliche Spiel mit einem Blick auf eine Oberweltenkarte. Die Oberweltenkarte ist eine wesentliche Innovation von Super Mario Bros. 3, auch wenn sie spielerisch auf den ersten Blick vielleicht wenig Einfluss auf das Spiel hat. Die Oberweltenkarte erlaubt es aber nicht nur, die einzelnen Level einer Welt und des gesamten Spiels in einen erzählerischen Kontext zu setzen, sondern gibt dem Spiel auch einen zusätzlichen Freiheitsgrad.

Immer mal wieder kann man aus mehreren Nachfolgelevels wählen und sogar ganze Teilpfade auslassen. Man kann entscheiden, ob man lieber alle Level spielt, um noch einige zusätzliche Leben mit in die nächste Welt zu nehmen, oder so schnell wie möglich zum Endgegner weiter möchte. Aktive Elemente wurden zudem auf der Weltenkarte platziert, so dass man zum Beispiel auf Hammerbrüder stoßen kann, die einen Weg blockieren und erst nach einem kurzen Kampf freigeben. Und schließlich wurde über das Itemmenü die Möglichkeit geschaffen, mit einem Power Up in das nächste Level zu starten oder aber sogar besondere Abkürzungen zu nehmen. Dieses neu gewonnene Freiheitsgefühl sollte einen Ausschlag geben für die weitere Entwicklung der Mario-Reihe, die Mitte der 90er Jahre dann in Super Mario 64 ihren vorläufigen Höhepunkt genommen hat.

Doch genug von der Oberwelt, denn der Großteil des Spiels spielt sich natürlich wie gehabt in den seitwärts scrollenden Levels ab. Westliche Spieler kannten zwar bereits aus Super Mario Bros. 2 die Möglichkeit, sich in beide Richtungen durch die Level zu bewegen, doch in der eigentlichen Mario-Serie war dies eine Neuerung: Mario kann jetzt in nahezu jedem Level beliebig weit zurücklaufen. Die Level, in denen das nicht möglich ist, stellen dann auch gleichen einen gänzlich neuen Leveltypus dar – Autoscroller-Level. Insbesondere bei den Levels, die auf der Weltenkarte als fliegende Piratenschiffe dargestellt werden, muss sich Mario an die Scrollgeschwindigkeit, die das Spiel vorgibt, halten. Diese ist zwar nicht ganz so schnell wie Marios maximale Laufgeschwindigkeit, aber da diese Level voller beweglicher Gefahren sind, wird man selten in die Verlegenheit kommen, gelangweilt darauf zu warten, dass der Bildschirm sich endlich weiterbewegt. Im Gegenteil kann es leicht passieren, dass man durch den fortlaufenden Bildschirm ein wenig unter Zugzwang gesetzt wird.

Die Möglichkeit, sich in den Levels freier zu bewegen haben die Entwickler natürlich im Leveldesign voll ausgenutzt. Das bedeutet zuvorderst natürlich, dass es immer mal wieder Abschnitte gibt, in denen man auch in die entgegengesetzte Richtung laufen muss, weil Hindernisse beispielsweise in einer Z-Formation angebracht sind, aber das bedeutet auch, dass die Entwickler viel mehr Geheimnisse im Spiel versteckt haben, denn Erkundung wird durch die neue Bewegungsfreiheit ja überhaupt erst attraktiv. Dazu passt auch das überarbeitete Item-System. Die aus den Vorgängern bekannten Items Superpilz, Feuerblume, Unverwundbarkeitsstern und Lebenspilz sind natürlich wieder mit von der Partie, neu dabei sind aber auch unzählige neue Kostüme, die in unterschiedlichem Maße und in verschiedenen Situationen hilfreich sind.

Das wohl markanteste Kostüm ist das Tanuki-Kostüm (auch nicht ganz korrekt Waschbärkostüm genannt), das Mario einen Schwanzschlag verleiht und zudem die Möglichkeit gibt, wenn er genug Anlauf nimmt, ein Stück zu fliegen und so luftige Höhen zu erreichen, Gefahren zu überfliegen und unbekannte Regionen zu erforschen. Weitere nennenswerte Kostüme sind ein Froschkostüm, das Mario erlaubt, sich behände wie eine Amphibie unter Wasser zu bewegen und eine Statue, die Mario ermöglicht, zu einem soliden Steinblock zu erstarren. Der Einfallsreichtum, den die Entwickler in den Items demonstriert haben, steht sinnbildlich für das gesamte Spiel, das vollgepackt mit frischen Ideen ist und in seinem Leveldesign immer wieder aufs neue überraschen kann. In der Tat ist es äußerst beeindruckend, dass die Entwickler es geschafft haben, dieses Spiel auf dem NES zu veröffentlichen. Der Sprung vom ersten zum dritten Mario ist so gewaltig, dass der Schritt in die nächste Generation mit Super Mario World gar nicht so gewaltig erscheint.

Mit acht vollgepackten Welten voller interessanter Themen, cleverer Leveldesigns und abwechslungsreicher Endgegnerkämpfe ist Super Mario Bros. 3 bedeutend umfangreicher als seine Vorgänger. Doch wem das nicht genügt, der kann in der Game Boy Advance-Umsetzung des Spiels noch eine ganze Reihe zusätzlicher Level spielen, die allerdings nur über den eReader in der amerikanischen oder japanischen Fassung des Spiels freigeschaltet werden können. In der europäischen Fassung wurde das Feature mangels eReader gestrichen. Heute noch die Karten für die Zusatzlevel aufzutreiben ist so und so ein schwieriges Unterfangen, aber auf Wii U und Nintendo Switch sind die zusätzlichen Level in der Downloadfassung des Spiels integriert.

Im Titelbildschirm findet sich, im Gegensatz zur europäischen Modul-Fassung des Spiels, die Möglichkeit, statt Super Mario Bros. 3 oder Mario Bros. zu spielen, die e-Welt auszuwählen. Obwohl die Level zu einem großen Teil nur in Japan erschienen sind und die gesamte e-Welt in der europäischen Fassung überhaupt nicht zugänglich war, ist der Bildschirmtext in der e-Welt komplett übersetzt. Einzig die Levelnamen sind nur in Englisch verfügbar – aber auch in dieser Hinsicht stellt das aus deutscher Sicht sicherlich eine Verbesserung im Vergleich zum japanischen Namen dar. Alle e-Welt Level sind von Beginn an verfügbar und können in beliebiger Reihenfolge gespielt werden. Die Level sind in drei verschiedene Pakete unterteilt. So gibt es einige Level, die Remakes von klassischen Super Mario Bros. Levels darstellen und daher in Windeseile erledigt sein sollten. Drei Level, die nur bei speziellen Händlern im Zuge einer Spezialaktion verfügbar gemacht wurden, werden als PR-Level bezeichnet, das Gros der Level, dreißig an der Zahl, sind die Pilz-Level, die den Hauptinhalt der e-Welt darstellen.

Wenngleich alle Level natürlich die Spielphysik von Super Mario Bros. 3 verwenden, wurde in Sachen Levelelemente aus dem Vollen geschöpft. Die Chucks aus Super Mario World finden sich genauso in den Levels, wie die aus Yoshi’s Island bekannten Wände, an denen Super Baby Mario entlang rennen konnte – im vorliegenden Fall reicht hierzu ein normaler Mario. Selbst Super Mario Bros. 2 (westliche Version) wird durch die Möglichkeit, Pflanzen aus dem Boden zu zupfen Rechnung getragen. Schließlich darf man natürlich Super Mario Bros. 2 (japanische Version) nicht vergessen, das mittels des Giftpilzes vertreten ist. Diese zusätzlichen Spielelemente sorgen dafür, dass die Leveldesigner noch mehr Ideen kombinieren konnten – und dass viele der Level auch in Super Mario Maker nicht authentisch reproduziert werden können.

Sehr auffällig ist der erstaunlich hohe Schwierigkeitsgrad der Level. Sind Super Mario-Level außerhalb der Extra-Level am Ende des Spiels zumeist in wenigen Versuchen absolviert, kann man hier durchaus mal bis zu eine Stunde an einem Level sitzen, wenn man es vollständig abschließen möchte. Die Gründe hierfür sind vieler Gestalt. Zunächst einmal wäre da das ungewöhnlich gnadenlose Leveldesign. So gibt es beispielsweise ein Level namens Para Beetle Challenge, in dem man im Himmel über fliegende Para Beetles springen muss, während das Level automatisch vorwärts scrollt – an zwei Stellen wird es besonders fies, wenn man sich von Para Beetles die von links nach rechts fliegen auf solche, die von rechts nach links fliegen umstellen muss, sowie wenn die umgekehrte Umstellung ansteht. Nicht jedes Level ist so haarig designt, selbst geübte Mario-Spieler dürften sich aber stets hinreichend gefordert fühlen.

Ein weiterer Aspekt ist sicherlich der vollständige Verzicht auf Checkpoints. Diesen Punkt kann man auf Wii U und Nintendo Switch dank der Schnellspeicherfunktion natürlich aushebeln, aber wo wäre da der Spaß? Schließlich haben die verantwortlichen Level-Designer hier bereits ihre Ideen für New Super Mario Bros. erprobt und in jedem Level zwischen einer und fünf Advance-Münzen – lies Stern-Münzen – verteilt. Diese Münzen sind in aller Regel einfach zu finden, aber weniger einfach einzusammeln. Auch hier ein besonders markantes Beispiel: Eine Sternmünze befindet sich direkt oberhalb eines Abrgundes unter einer Schraubenmutter, die man bis zum letzten Moment abrollen muss, um sich mit einem rettenden Sprung nach dem Sammeln der Münze aus der Situation zu retten. Zwar kann man die Advance-Münzen auch in mehreren aufeinander folgenden Durchgängen sammeln, allerdings speichert das Spiel, ob man es geschafft hat, einmal alle Münzen in einem Durchlauf einzusacken.

Entsprechend ist die Versionsfrage bei Super Mario Bros. 3 deutlich einfacher zu klären als bei den vorherigen Spielen. In Super Mario All-Stars und der Game Boy Advance-Version Super Mario Advance 4 wurde die Grafik grundlegend überarbeitet, wohingegen spielerisch, abseits der neuen Speicherfunktion, alles beim Alten geblieben ist. Auf dem Super Nintendo kann man beim Abschluss einer Welt speichern, einige Jahre später war Nintendo auf dem GBA noch etwas kulanter und erlaubt das Speichern nach jedem Level. Die eindeutig beste Fassung des Spiels ist somit die inhaltlich erweiterte GBA-Fassung, wie sie auf der Wii U oder der Switch emuliert wird. Das NES-Original ist hauptsächlich auf Grund seiner historischen Bedeutung und des Umstandes, dass es sich um eines der technisch beeindruckendsten NES-Spiele handelt, einen Blick wert.

Super Mario Bros. 3 ist ein großer Schritt nach vorn für die Mario-Reihe und einer der ganz großen Klassiker im Genre. Jeder, der Jump & Runs etwas abgewinnen kann, sollte dieses Spiel gespielt haben; idealerweise in der erweiterten Fassung vom Game Boy Advance. Aber auch das Original ist bis heute ein außergewöhnliches Jump & Run, das selbst nach einem viertel Jahrhundert unzähligen aktuellen Genre-Vertretern meilenweit voraus ist.

Getestet auf NES, SNES, GBA, Wii, Wii U.