Blur (Review)

Fun Racer sind meist sehr bunt und cartoony gehalten. Manche schreckt dies vielleicht sogar ab, weil sie cartoony Artstyle nicht so mögen. Für diesen Fall gibt es durchaus gewisse Spiele, welche das Fun Racer Prinzip auffangen (allen voran durch Pick-Up Items), wie beispielsweise die WipEout Reihe. Doch für Auto Enthusiasten würde ich immer ein Spiel nennen: Blur.

Blur wurde 2010 von Activision für PS3, Xbox 360 und PC veröffentlicht. Zu der Zeit ging der Rennspiele Trend, meines Erachtens, mehr Richtung „Auto Rennspiele“. Entweder als Sim Racer oder moderner Arcade Racer, häufig auch mit Open World oder Tuning Optionen. In dieses Schema scheint auch Blur auf den ersten Blick rein zu passen. Es erinnert auf dem Cover sofort an Spiele wie Need for Speed. Doch Blur kommt eben mit dem Kniff daher, dass es Pick-Up Items innerhalb der Rennen bietet und es demnach wie eine Fusion aus Need for Speed und Mario Kart wirkt. Aber wie sehr trifft diese Aussage wirklich zu?

Der Kampf um die Fans

Blur zeigt sich direkt im Start mit Singleplayer Inhalten, in Form einer Kampagne. In dieser Fahren wir schlicht mehrere Rennen oder andere Events, über verschiedene Kapitel verteilt. Dabei sammelt man sogenannte „Fans“, welche als Erfahrungspunkte dienen und damit den Spielerrang erhöhen. Dieser fungiert aber primär als Meilenstein für freizuschaltende Fahrzeuge.

Innerhalb der Kapitel sammeln wir außerdem sogenannte „Lichter“, welche weitere Events freischalten, und sollen zusätzlich bestimmte Herausforderungen erfüllen. Hat man alle Herausforderungen geschafft, darf man gegen den Kapitel Boss antreten, welcher normalerweise ein 1vs1 Rennen darstellt und einem zur Belohnung das Boss Fahrzeug und eine Mod freischaltet. Dies wird alles von einer Sprecherin begleitet, welche einem die Bosse und Events vorstellt.

Shannon verlangt ein paar Dinge, bevor man gegen sie antreten darf

Die Kampagne ist mit 50+ Events angenehm umfangreich und durchaus motivierend. Die Herausforderungen erinnern zum Teil ein wenig an Erfolge (z.B. „attackiere 10 Fahrer mit Minen“), was ich persönlich mag, aber eventuell manchen missfallen könnte. Der Schwierigkeitsgrad ist im Standard recht hoch angesetzt, so dass ein Einstellen auf Leicht eventuell ratsam wäre. Ich habe es auf „normal“ geschafft, aber durfte mehrere Neuversuche bei gewissen Rennen starten. Soweit ich das gesehen habe, gibt es auch keine Nachteile, wenn man auf Leicht spielt, dafür aber einen Zusatz, wenn man auf Schwer spielt. Einfach zusammengefasst ist es eine feine Kampagne, für Spieler die Spaß am Komplettieren haben.

Need for Speed + Mario Kart?

Im Grunde spielt sich Blur wirklich wie ein typisches Need for Speed. Die Autos verhalten sich relativ realistisch, aber nur knapp so, als dass man es immer noch als Arcade bezeichnen würde. Man fühlt einfach das unterschiedliche Gewicht und Verhalten der Fahrzeuge, in einem gewissen physikalischen Maß. Dies gilt ebenso für das Spiel mit der Handbremse zum Driften. Einen gesonderten Boost gibt es hier aber nicht. Mich erinnert dazu auch die Streckengestaltung an Need for Speed. Zwar fahren wir primär über Straßen in verschiedenen Orten, doch dazu gibt es ein wenig extravagante Passagen, wie z.B. große Abwasserkanäle oder gar über Offroad.

Manchmal ist Driften sinnvoll

Die Fahrgeschwindigkeit zeigt sich als äußerst schnell, was durch gewisse optische Effekte noch verstärkt wird. Hierbei muss man auch mal korrekt bremsen, weil man sonst im zu hohen Tempo in die Bande fährt, nicht unüblich für einen Street Racer. Dies, zusammen mit der Streckengestaltung und dem Punkt des folgenden Abschnitts, erzeugt ein ordentlich adrenalingeladenes und actionreiches Gameplay. Um das actionreiche Chaos noch zu verstärken, kann das Feld bis zu 20 Fahrer umfassen.

Nun also zu den „Fun Racer Elementen“. Innerhalb des Gameplays bezieht sich dies rein auf die Item Pick-Ups à la Mario Kart. Man sammelt auf der Strecke die Pick-Ups ein und erhält damit ein Item, welches man für Angriff, Verteidigung oder Unterstützung verwenden kann. Unter den Items ist auch alles wichtige dabei, wie z.B. Projektile, Schild, Boost, Mine, Druckwelle und eine Waffe welche die Front aufs Korn nimmt.

Die Fahrzeuge haben eine Schadensleiste, welche je nach Fahrzeug größer oder kleiner ausfallen kann. Trifft ein Item, wird man leicht abgebremst und verliert etwas von dieser Leiste. Geht die Leiste auf Null, wird man zerstört und neu respawnt, was einen deutlich größeren Zeitverlust darstellt. Um dem entgegen zu halten, gibt es auch ein Reparatur Item. Übrigens kann man drei Items in Reserve halten und diese in freier Reihenfolge verwenden oder auch einfach abwerfen (falls nicht benötigt), schon mal ein paar kleine Unterschiede zu Mario Kart.

Mit dem Schraubenschlüssel wird die angeschlagene Bolide wieder repariert

Doch hier vergleiche ich es fälschlicherweise mit Mario Kart, wobei es sich in einem signifikanten Punkt unterschiedet: Man kann schon auf der Strecke sehen, welches Item man einsammelt und diese haben auch eine feste Position auf der Strecke. Dies erzeugt natürlich eine ganz andere Dynamik, weil hiermit der Zufallsfaktor eliminiert wird. In diesem Faktor erinnert es mich daher eher an das System aus Diddy Kong Racing, nur ohne das Upgraden der Items.

Neon Style, aber nicht an den Autos

Den Artstyle finde ich durchaus interessant. Das Spiel strotzt nur so vor Neon Effekten. Doch diese kommen fast ausschließlich von den Items. Jedes Pick-Up hat seine eigene intensive Farbe und passend dazu auch die Items selbst, bei der Verwendung. Schießt man z.B. die Verfolgungsrakete (genannt Stoß) ab, zieht diese einen neonroten Schwall hinter sich her. Die Blitze, gerichtet an die Front, platzieren große neonblaue Felder auf der Strecke. Es ist wirklich sehr bunt; und das ist toll!

Der Stoß fegt mit einem deutlich roten Schwall über die Strecke

Dies spiegelt sich durchaus auch in den Menüs und dem sonstigen drum herum wieder. Alles wirkt einfach sehr „Neon“. Daneben hat die Kampagne einen Style rund um „Social Media“, mit z.B. den zu sammelnden Fans. Dies muss man nicht mögen, passt aber in das Konzept gut rein.

Die Autos selbst sind hingegen sehr schlicht aufgebaut und sparen sich die Lichtershow. Es gibt hierbei also keine Neonlichter unter der Karosserie, wie man das aus z.B. Need for Speed Underground kennt.

Für mich immer ein wichtiger Faktor ist der Soundtrack. Hierbei hätte ich eher etwas wie Hip Hop erwartet, aber wurde doch positiv mit einem Electro Soundtrack überrascht. Er ist sehr treibend und dabei gar nicht unpassend zum sonstigen Style des Spiels.

Guter Umfang für Party Rennen

Im Multiplayer hätte ich eigentlich weniger erwartet, hierbei einfach weil es ein Street Racer ist. Doch bietet Blur wirklich einen 4 Spieler Splitscreen, fast ganz ohne ersichtliche Einschränkungen wie KI Fahrer Reduzierungen. Dazu auch noch verschiedene Modi, denn neben den normalen Rennen, gibt es noch klassische Rennen (ohne Items) und sogar einen Battle Modus. Ja, genauso einen Modus, wie man ihn aus verschiedenen anderen Vertretern wie Mario Kart oder Crash Team Racing kennt. Dem ganzen Grundgerüst fehlen eigentlich nur richtige Cups, welche aber mit einer zufälligen Rennserie einen Fast Ersatz findet.

Wem das nicht reicht, der findet für die Multiplayer Runden verschiedene Anpassungsmöglichkeiten. Pick-Ups lassen sich frei ein/aus stellen, die Respawn Dauer verändern und man kann auch deren Platzierung auf Zufall einstellen. Aber leider sieht man bei dieser Einstellung dennoch, um welche Items es sich handelt. Eine komplett zufällige „Mario Kart Einstellung“ mit Fragezeichen als Symbole der Pick-Ups, wäre echt ein witziger Zusatz gewesen.

Die Auswahl an Fahrzeugen erstreckt sich auf 70 Fahrzeuge, welche sich auf 4 Geschwindigkeits-Klassen verteilen. Man kann aber in Rennen nicht unterschiedliche Klassen zusammen wählen, sondern ist an die vorgegebene Klasse des Rennens gebunden, welche sich aber natürlich bestimmen lässt (in eigenen Rennen). Dies wirkt erst mal beschränkend, ist aber, aufgrund des großen und variablen Fuhrparks, nicht so dramatisch. An sich stellt diese Sache die Geschwindigkeitswahl dar. Im Übrigen werden Fahrzeuge auch ein wenig kategorisiert nach „Kontrolliert“, „Driftend“, „Stark Driftend“ und „Offroad“. Diese bieten unterschiedliche Spielstile und auch gute optische Varianz. In höheren Klassen finden wir auch Rennsportwagen und dazwischen immer mal ein rostiger Oldtimer. Fahrzeuge lassen sich aber nicht sonderlich anpassen. Man kann sich recht großzügig eine Farbe auswählen (diese ist im Multiplayer reduziert), aber das war es auch schon. Ein paar Fahrzeuge haben eine feste Lackierung, aber dafür gerne mal mit hübschem Muster.

Mein Lieblingsauto, der Ford GT, hat zwar keine Farbauswahl, dafür aber hübsche Rennstreifen

Die Streckenanzahl kann sich ebenso sehen lassen. Es gibt 30 Strecken zur Auswahl, verteilt auf unterschiedliche Gebiete. Diese haben auch eine gute Varianz, für einen Street Racer. Das ist leider auch der kleine negative Knackpunkt an der Sache, denn das Korset des Street Racers unterdrückt hierbei meiner Meinung nach das Potential für noch bessere Strecken. Kampfarenen hat Blur leider nur 4 Stück, aber da will ich nicht mal groß meckern, weil der Modus an sich schon sehr besonders ist, für einen (zum Teil) Street Racer.

Für Einzelspieler ist es etwas seltsam, dass man nur die Karriere als Modus zur Auswahl hat. Hierbei finden wir zwar allerlei Modi wie Rennen, Zeitrennen und weitere Sonder Modi. Doch fehlt eine direkte Event Auswahl, vergleichbar zum Multiplayer. Das ist kein Weltuntergang, aber durchaus schade, falls man mal nur ein schnelles Rennen solo fahren will.

Einen Online Modus gibt es übrigens auch, aber diesen habe ich hierfür mal ignoriert. Er ist zwar meines Wissens noch spielbar, aber bei so einem alten Titel würde ich nicht drauf wetten, dass dies noch lange so bleibt.

Blur, das rasante Neon-Spektakel, welches sich weder vor Need for Speed noch vor Mario Kart verstecken muss.
Die Inszenierung vor und nach den Rennen kann sich sehen lassen

Fazit: Ein Top Hybride

Blur zeigt sich als ein gekonnter Hybride aus Street Racer und Fun Racer, welcher so auch durchaus ein besondere Nische ausfüllt. Egal ob als gelungene Alternative zu den cartoonigen Vertretern oder als „Lockmittel“ um Street Racer Fans mit in die Party zu holen. Die Kombination funktioniert und macht auch viel Spaß.

Auch abseits der besonderen Idee, muss sich Blur nicht verstecken. Die Items sind durchdacht, Umfang und Optik können sich sehen lassen und das Gameplay bietet ordentliche Action. Lediglich die typischen Street Racer Strecken werden mit der Zeit etwas zu monoton.

Ich hoffe sehr, dass Activision irgendwann diese IP wieder aufgreift und einen fantastischen Nachfolger mit moderner Technik veröffentlicht.

Gespielt auf PlayStation 3.