Bowser’s Fury (Review)

Es mag nicht ungewöhnlich sein, dass Nintendo bei Ports älterer Spiele ein kleines Bonusspiel als Dreingabe entwickelt, um insbesondere auch den Kauf für Besitzer der Urfassung des Spiels attraktiv zu machen, doch im Fall von Super Mario 3D World hat Nintendo dem Spiel doch eine erstaunlich umfassende Zusatzentwicklung spendiert. Hinter dem Namen Bowser’s Fury versteckt sich eine Kombination des Super Mario 3D World-Gameplays mit einer offenen Spielstruktur von erstaunlicher Raffinesse und Umfang. Deshalb besprechen wir Bowser’s Fury in dieser Reihe nicht nur als Zusatzmodus von Super Mario 3D World, sondern als eigenständigen Titel.

Bowser ist auf riesige Größe angewachsen und terrorisiert in Wellen der Wut die Inseln des Schmusekatzensees. Das geht selbst Bowser Jr. zu weit, der seinen Vater kaum wiedererkennt und unbedingt seinen geliebten Papa Bowser wiederhaben will. So unterstützt der kleine Schelm ausnahmsweise unseren Helden Super Mario bei dem Versuch, Bowsers Wutanfälle zu stoppen und den Schmusekatzensee wieder zurück in die friedliche Welt zurück zu verwandeln, die sie vor Bowsers Auftreten war.

Bowsers Wutanfälle sind ein wesentliches Strukturelement in Bowser’s Fury, denn immer wenn Bowser seine Wut bekommt, ändert sich der Spielablauf deutlich. Bowser schleudert Steine durch die Luft, die Mario als zusätzliche Plattformen dienen können – oder aber ihm den Kopf kosten können – und spuckt seinen Feueratem quer über die Spielwelt. In diesem Fall muss Mario dringend Unterschlupf finden, oder aber weit nach oben oder unten ausweichen, um schmerzhaftem Feuerschaden zu entgehen. Interessanterweise ist Bowsers Wutanfall kein reines Hindernis. Die zusätzlichen Plattformen können manche Plattforming-Aufgaben erleichtern und – viel wichtiger noch – eine Reihe von Katzeninsignien können nur gesammelt werden, indem man sogenannte Wutblöcke von Bowsers Feueratem zerstören lässt.

Allerdings ist Bowsers Wutanfall manchmal doch ein echtes Ärgernis, denn insbesondere gibt es Missionen, deren Abschluss durch den Wutanfall massiv verzögert werden können. Insbesondere wenn man Babykätzchen umständlich zu ihrer Mutter zurücktragen muss – für sich schon die schwächsten Missionen im Spiel – ist es sehr ärgerlich, wenn Bowsers Wut beginnt, denn dann verwandeln sich die Kätzchen in Gegner und werden gerne einmal von Bowser Jr. in den Tod geschubst, so dass man seine Katzensammelei von vorn beginnen kann. Gelegentlich tritt sogar ein Bug auf, der verhindert, dass Bowsers Wut endet. In diesem Fall bleibt einem nichts andere übrig als Bowser zu vermöbeln – so man denn genügend Katzeninsignien sein Eigen nennt, um gegen ihn antreten zu können – oder sich sterben zu lassen, um Bowser zu besänftigen.

Abseits der Wutmechanik ist Bowser’s Fury ein klassisches Collectathon-Jump & Run, das allerdings auf eine scharfe Trennung zwischen Oberwelt und Levels verzichtet. Es gibt zwar einzelne Level mit jeweils fünf Katzeninsignien, die räumlich voneinander getrennt sind und nahezu keine spielerische Überlappung haben, aber alle diese Level sind in die Oberwelt nahtlos integriert, so dass Bowser’s Fury als Open World Spiel, wenngleich auf sehr beschränktem Raum, aufgefasst werden kann. Insofern ist Bowser’s Fury ein sehr interessantes Experiment, weil es die Bewegungsfreiheit und räumliche Verortung eines Open World-Spiels mit der funktionalen Designdichte Level-basierten Designs kombiniert. Interessant ist in dieser Hinsicht vor allem auch, dass die einzelnen Level äußerst kompakt sind – deutlich kompakter noch als die Level in Super Mario 64 – und ihre Struktur nach Sammeln einer Katzeninsignie oftmals verändern, um zusätzliche Insignien sammelbar zu machen.

Manche Katzeninsignien sind ohne Änderung an der Insel außerhalb der vorgeschlagenen Reihenfolge sammelbar, aber manche benötigen einen Schalter oder zusätzliche Plattformen, die erst durch das Sammeln der vorherigen Katzeninsignien freigeschaltet werden. An der Stelle gibt es allerdings einen weiteren kleinen Stolperstein, denn die Veränderungen an den Levels werden teilweise erst durch Verlassen und erneutes Betreten des Levels getriggert. Das ist für sich kein großes Problem, besonders sobald man die Teleportationsfähigkeit erhält, aber wenn man es noch nicht weiß, kann das dazu führen, dass man ein wenig hilflos durch das Level läuft, auf der Suche nach der nächsten Katzeninsignie. An der Stelle wäre etwas mehr Kommunikation, oder aber eine unmittelbare Änderung der Level nach Sammeln einer Insignie wünschenswert gewesen.

Der Schwierigkeitsgrad von Bowser’s Fury ist durchgehend niedrig gehalten. Zwar es ist es durchaus nicht unwahrscheinlich, sich das eine oder andere Mal einen Gegentreffer einzuhandeln, wenn Bowser gerade einen Wutanfall hat, aber Mario kann dank Bowser Juniors Hilfe eine stattliche Zahl an Treffern einstecken. Grund hierfür ist, dass Bowser fünf Exemplare eines jeden Power Ups mit sich herumtragen kann und auf Knopfdruck dem Spieler zur Verfügung stellen kann. Mit insgesamt somit mehr dreißig Gegentreffern, die man einstecken kann, bevor man endgültig das zeitliche segnet, ist ein Tod in einer kritischen Situation kaum zu erwarten. Das allein ist aber natürlich kein absoluter Gradmesser für den Schwierigkeitsgrad, aber auch die Sprungpassagen im Spiel, wenngleich oftmals mit einer hohen Vertikalität verbunden, sind weitgehend harmlos. Das soll aber nicht bedeuten, dass Bowser’s Fury langweilig ist, die meisten Aufgaben im Spiel sind durchaus anspruchsvoll genug, um auch geübte Jump & Run-Spieler ein angemessenes Maß an Konzentration abzuverlangen. Abgesehen von einigen Standardaufgaben wie dem Sammeln von fünf Insignienstücken oder dem Zerstören von Wutblöcken sind die Aufgabendesigns auch abwechslungsreich und kreativ gestaltet.

Technisch ist Bowser’s Fury sehr ordentlich, hat aber einen erstaunlichen Mangel, wenn man es mit früheren 3D Mario-Spielen vergleicht: Im Handheldmodus ist das Spiel nur mit maximal 30 Bildern in der Sekunde spielbar. Einerseits ist das nachvollziehbar, weil im Gegensatz zu Super Mario 3D World, auf dem das Spiel technisch aufbaut, die Spielwelt bedeutend größer ist, andererseits wäre es gerade in Anbetracht des Genres wünschenswert gewesen, dass Nintendo die Framerate gegenüber anderen technischen Aspekten bevorzugt behandelt hätte. Immerhin wird aber im Dock die auf Switch maximale Framerate von 60 Bildern in der Sekunde erreicht.

Bowser’s Fury ist ein durchweg unterhaltsames und kreatives Spiel, das nur eine überschaubare Zahl lässlicher Makel hat. Der größte Lapsus in meinen Augen ist von Super Mario 3D World geerbt: Mario läuft ohne, dass man den Y-Knopf gedrückt hält, nur langsam. Der Rennknopf war schon bei Super Mario 3D World in meinen Augen keine gute Idee, aber immerhin spielerisch nie ein Hindernis, bei Bowser’s Fury hingegen muss man oft die Kamera drehen, weil die Welt offen gestaltet ist und die Entwickler daher nicht vorhersehen können, in welche Richtung die Kamera zeigen muss. Das führt zu unkomfortablem Umgreifen, das ohne weiteres hätte vermieden werden können, wenn man das Rennen einfach auf den Bewegungsradius des Analogsticks abgebildet hätte, wie in den meisten anderen Super Mario-Spielen.

Getestet auf Nintendo Switch.