Kuroi Tsubasa (Review)

Die Visual Novel Kuroi Tsubasa basiert auf der VTuberin Kureha Kurono. Gemeinsam mit dem Erzähler Blackwing begleiten wir sie auf einem Abenteuer, in dem sie nicht als Sängerin und Gamerin mit 3D-Avatar streamt, sondern als Büroangestellte in dämonische Ereignisse verwickelt wird.

Raus aus der Hölle, rein in den Sonnenschein

Blackwing ist ein Dämon. So viel ist klar. Die Hölle ist ihm zu öde, vermutlich, weil sein Großvater ihm so viele Geschichten über die Menschen erzählt hat. Doch um sicher und friedlich zwischen den Menschen zu existieren, benötigt er ein Gefäß, das ihn aufnimmt. Wirklich dringend. Er kann ja nicht zulassen, dass ein Teil von ihm entwischt. Aber das wird ihm schon nicht passieren.

Es ist ein wenig penetrant, wie Blackwing gleich zu Beginn betont, wie sehr er aufpassen muss und dass er alles unter Kontrolle hat. Später wird das dadurch ausgelöst, dass er ständig darüber nachdenkt, dass er die Schuld an allem trägt.

Denn natürlich entwischt ein Teil von ihm. Dieser Teil manifestiert sich als Schatten und bedroht die Menschen.

Glücklicherweise hat Blackwing bereits eine Person gefunden, die mit ihrer Positivität den Schatten zurückdrängen kann: Kureha Kurono, von ihrem Vorgesetzten drangsalierte und von Kunden beleidigte Angestellte, die dennoch Spaß an ihrem Job hat. Blackwing schlüpft in ihr Plüschtier, eine lila Fledermaus, die mit vielen positiven Emotionen aufgeladen ist. Obendrein ist Kureha recht neu in der Stadt und hat nur eine Freundin, die derzeit im Ausland lebt. Auch von ihrer Familie lebt sie getrennt, und der Job war nie ihr Traumberuf. Mehr als ausreichend Gründe also, unglücklich zu sein. 

Das ist sie auch. Trotz ihres Optimismus. Denn auch der hat seine Grenzen. Der Schatten fordert ihn geradezu heraus. Ob Kureha es schafft, hoffnungsfroh zu bleiben, wenn der Schatten die Leute und die Stadt immer stärker ins Chaos stürzt?

Freundschaft ist Magie!

Kuroi Tsubasa ist näher an einer kinetischen als einer klassischen Visual Novel mit wichtigen Entscheidungen. Zwar gibt es Auswahlmöglichkeiten, jedoch sind die Abweichungen gering. Um alle Artworks freizuschalten, musste ich an einer Stelle eine andere Entscheidung treffen. Anders als in Aquadine gibt es auch keine Pfade. Also gibt es auch kein wahres Ende, das die anderen obsolet macht, sondern ein einziges Ende, das die Geschichte abschließt.

Anstelle von Liebesbeziehungen entwickeln sich hier auch Freundschaften. Kureha trifft auf unterschiedlichste Personen, die in einem coolen Anime-Intro inklusive Titelsong kurz vorgestellt werden. Darunter ihre neue Kollegin Puka, die den Job nicht ganz so ernst nimmt, und der gutmütige Onizuka, der für alle stark nach Yakuza aussieht und ihr auch sehr rät, sich von ihm fernzuhalten. 

Schnell muss Kureha auch schon handeln. Der Schatten hat ein erstes Opfer, dessen Wünsche er erfüllt, aber nicht, ohne dabei dem Opfer und anderen zu schaden. In Magical Girl-Manier verwandelt Kureha sich, wodurch sich ihre körperlichen Fähigkeiten verstärken und sie dem Schatten besser widersteht. Mit überzeugenden Worten verscheucht sie den Schatten aus dem Wirt, aber Blackwing kann ihn sich nicht wieder einverleiben. Das bedeutet, dass der Schatten sein nächstes Opfer sucht und immer stärker wird, was das Einfangen nicht gerade einfacher macht.

Schnell schadet er nicht mehr nur seinem Wirt, sondern auch dem Umfeld, bestiehlt Leute und verändert ihre Wahrnehmung. Die stibitzte Oberweite einer Nebenfigur ist da nur das geringste Problem.

Wären da nicht ihre neu gefundenen Freund:innen, würde Kuroi Tsubasa ziemlich bald ziemlich düster enden. Doch gemeinsam mit ihnen (und auch Blackwing) rappelt Kureha sich immer wieder auf. Denn auch die positivste Person kann nicht immer bester Stimmung sein. 

Wörter und Artworks

In rund 120.000 Wörtern erzählt die Visual Novel eine Geschichte von menschlichen Wünschen, von Selbst- und Fremdbild und von, nun ja, der Macht von Freundschaft. Ein paar Wörter weniger an mancher Stelle täten der Geschichte gut, auch wenn der entschleunigte Stil allein kein Problem ist. Einzig ständige Wiederholungen bestimmter Gedanken Blackwings stören doch auf Dauer. Zum Ausgleich nimmt sich Kuroi Tsubasa jedoch auch Zeit, die Charaktere auszubauen und die Freundschaften zu entwickeln. Freundschaftliche Neckereien machen mir ja immer Spaß. Vereinzelt sind Tippfehler zu finden, insgesamt halten sie sich aber in Grenzen.

Besonders auffallend sind die unterschiedlichen Artsyles im gesamten Spiel. Natürlich, besondere Artworks sehen meist deutlich anders aus als das übrige Spiel. Hier sind jedoch auch die Charaktere alle unterschiedlich detailliert, unabhängig von ihrer Rolle. Zudem sehen auch die Artworks alle sehr unterschiedlich aus. Manchmal wirken die erwachsenen Charaktere wie Kinder, obwohl kein Chibi-Stil benutzt wird. Die meisten Bilder sind jedoch ganz hübsch anzusehen. Selbst wenn im Allgemeinen die Mehrheit der Charaktere deutlich schlechter aussieht als zwei von ihnen.

Dafür ist die Musik sehr angenehm und auch Soundeffekte untermalen das Geschehen gut. Sehr schön sind besonders die Lieder mit Text, auch wenn ich sie ohne Untertitel nicht wirklich verstanden habe.

Neben der Hauptgeschichte bietet Kuroi Tsubasa eine amüsante Kurzgeschichte, eine Artworkgalerie und einen Character Viewer, den man sich besser erst nach dem Durchspielen ansieht. Lustig wäre ein Diorama-Modus gewesen, stattdessen konnte ich nur einzelne Charaktere anschauen. Aber so konnte ich die ausdrucksstarken Gesichter mit verschiedenen Emotionen noch einmal auf mich wirken lassen. 

Fazit

Die Stärken von Kuroi Tsubasa liegen eher in der Geschichte und der Musik als in den meisten Bildern. Für eine Visual Novel ist das etwas schade, aber solange die Geschichte gut unterhält, gleicht das optische Schwächen aus. Einen weiteren Ausgleich bieten die ausdrucksstarken Gesichter, die auch etwas über die meist statischen Posen hinwegtrösten.

Die Visual Novel hat eindeutige Schwächen, aber die Geschichte ist so charmant und herzerwärmend, dass ich sie euch dennoch nahelegen möchte. Blackwing ist bisweilen repetitiv, aber doch unterhaltsam als Erzähler, und Kureha schafft den Spagat zwischen Optimismus und Reaktion auf niederschmetternde Ereignisse sehr gut. 

Herzlichen Dank an Ratalaika Games für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf Nintendo Switch.