Sonic Mania (Review)

Mega Man hat es mit dem neunten Teil vorgemacht, aber auch Mario hat es in Super Mario Maker zuletzt gezeigt: Neue Serienteile, die sich an Spielregeln und –physik von Jahrzehnten alten Klassikern orientieren, können ein sehr einträgliches Geschäft sein. Wohl keine Reihe hat mit mehr Widerstand gegen alle Änderungen seit ihrem Ursprung zu kämpfen als Sonic und so passt es natürlich ideal, dass Sega im Jahr 2017 mit Sonic ebenfalls den Schritt zurück in die Vergangenheit wagt. Konzeptionell ist Sonic Mania schnell beschrieben, ist es doch die Antwort auf die Frage, wie ein 2D Sonic für den Sega Saturn hätte aussehen können. Doch ist der nostalgische Igelhüpfer sein Geld wert?

In Sonic Mania schlüpft man wahlweise in die Rolle von Sonic, Tails oder Knuckles, zusätzlich ist die Kombination von Sonic und Tails möglich. Die drei Charktere kommen genau mit ihrem Mega Drive-Moveset daher, das heißt, dass man mit Steuerkreuz oder Analogstick und einem beliebigen Sprungknopf bereit alle Steuerelemente erfasst hat. Allen drei Charakteren gemein sind die Fähigkeiten zu rennen, zu springen und den Spin Dash auszuführen, einem Move, der es den Charakteren erlaubt, auf der Stelle in Kugelform Geschwindigkeit anzusammeln und dann schnell nach vorn zu rollen. Tails kann wie gehabt mit seinen zwei Schwänzen durch die Luft fliegen, wenn man in der Luft noch einmal auf den Sprungknopf drückt. Knuckles hingegen kann in diesem Fall langsam herabsinken durch die Luft schweben, sich aber zusätzlich an Wänden festkrallen und sie hoch und runter klettern. Im Gegenzug kann Knuckles aber weniger hoch springen als Sonic und Tails, was ihn tatsächlich zum schwierigsten Charakter im Spiel macht. Sonic schließlich kam auf dem Mega Drive ohne eigen Spezialfähigkeit daher, kann aber nun in Sonic Mania den neuen Drop Dash ausführen, indem man in der Luft nach unten drückt und den Sprungknopf dazu drückt. Dann fällt Sonic direkt nach unten und saust mit hoher Geschwindigkeit nach vorn.

Wer die Mega Drive-Klassiker Sonic 1-3, Sonic & Knuckles oder Sonic CD gespielt hat, der wird sich bei Sonic Mania gleich wie zu Hause fühlen und das gleich aus mehrerlei Gründen. Wie bereits zuvor beschrieben, ist das Gameplay nahezu identisch zu den Klassikern, die Spielphysik wurde erstmals seit Sonic the Hedgehog Pocket Adventure vollwertig wiederbelebt und sorgt für eine exzellente Spielbarkeit. Es ist ein riesiges Vergnügen, mit Sonic und Co. schnell und dynamisch Schrägen herunterzurollen, Loopings zu durchlaufen und dabei massig Ringe einzusammeln.

Doch auch in Hinblick auf das Leveldesign haben die Entwickler sich von den Originalspielen inspirieren lassen, denn mehr als die Hälfte der Level im Spiel sind an Level aus den Klassikern angelehnt. Ob Green Hill Zone, Chemical Plant Zone oder Hydrocity Zone, eine Vielzahl alter Bekannter erwarten den geneigten Sonic-Fan. Der erste Act einer jeden bekannten Zone nutzt auch Layouts der Originallevel, wohingegen der zweite Act stets komplett neue Level im altbekannten Look bietet und die Designideen durch neue Konzepte gekonnt erweitert. Egal ob langjähriger Sonic-Fan oder Neueinsteiger, bei Sonic Mania wird jeder Spieler in Sachen abwechslungsreiches Leveldesign auf seine Kosten kommen.

Allerdings werden die Level nach hinten raus relativ lang. Besonders der erste Act der letzten Zone ist so umfangreich – und dabei auch relativ knifflig – dass es im ersten Versuch durchaus realistisch ist, das Zeitlimit von 10 Minuten, das für jeden Act gilt, zu reißen. Hinzu kommt, dass wie in Sonic 3 jeder Act, anstatt jeder Zone, mit einem Endgegner abgeschlossen wird, was einerseits das Zeitlimit verschärft, andererseits allerdings auch ein wenig die Dramaturgie des Act-Systems in Mitleidenschaft zieht. An einigen Stellen im Spiel wird das auf sehr geschickte Weise verwendet, um den Übergang zwischen den Acts plausibel zu gestalten, besonders in der Oil Ocean Zone haben die Entwickler sich eine wirklich clevere Variation des Themas einfallen lassen, der Spielfluss in Sonic Mania ist aber etwas weniger rund als in Sonic 2. Nichtsdestotrotz muss man sagen, dass Leveldesign, Spielbarkeit und auch Endgegnerdesign von hervorragender Qualität sind und Sonic Mania sich in spielerischer Hinsicht definitiv nicht vor seinen Vorgängern verstecken muss.

Technisch ist die Umsetzung von Sonic Mania gut, aber nicht völlig sauber. Löblich ist, dass das Spiel ohne merkliche Ladezeiten auskommt und die kurzen Ladesequenzen die es gibt auf natürliche Weise in das User-Interface eingebaut sind. Besonders der flüssige Wechsel zwischen den Acts und sogar Zonen erinnert an die runde Spielerfahrung in 16-bit Zeiten. Es hat Seltenheitswert, dass Entwickler heutzutage Arbeit investieren, um Ladezeiten nahezu komplett zu vermeiden und ist gerade bei einem schnellen arcade-artigen Jump & Run wie Sonic Mania äußerst löblich. Auch optisch und muskalisch wurde hervorragende Arbeit geleistet und das Spiel weckt den glaubhaften Eindruck, ein Sega Saturn-Spiel zu sein. Selbst in den dreidimensionalen Minilevels wurde der richtige Mittelweg aus Nähe zu den Klassikern und Modernisierung gefunden. Allerdings kann es passieren, dass Sonic Mania abstürzt, oder aber, wenn man zum falschen Zeitpunkt pausiert, das Bild komplett schwarz bleibt. Solche Fehler sind sehr ärgerlich, sind aber zum Glück selten genug, dass sie die Spielerfahrung nicht signifikant gefährden.

Sonic Mania ist insgesamt ein ausgezeichnetes Jump & Run, das den Geist der Mega Drive Klassiker gekonnt einfängt und neue wie alte Spieler hervorragend unterhalten dürfte. Einzelne technische Patzer und die stellenweise Wiederholung bekannter Levelstrukturen stoßen ein wenig sauer auf, aber jeder, der Sonic oder Jump & Runs im Allgemeinen etwas abgewinnen kann, sollte hierüber problemlos hinwegsehen können. Durch Time Attack, zahlreiche Geheimnisse und spielerische Unterschiede bei verschiedenen Charakter-Konstellationen ist zudem für Langzeitspaß gesorgt.

Getestet auf Xbox One und Nintendo Switch.