Grounded (Review)

Schon mal hinterrücks von einer Milbe angefallen worden? In Grounded kann das durchaus passieren. Hartnäckige kleine Biester. Obgleich sie im Survival-Titel von Obsidian Entertainment ein wenig größer wirken als sonst. Grounded hat kürzlich den Early Access verlassen, was ich zum Anlass genommen habe, wie gewünscht vor Spinnen zu fliehen.

Klein, kleiner, Willow

In Grounded spiele ich einen von vier Teenagern, die aus zunächst ungeklärten Gründen geschrumpft im Garten eines Wissenschaftlers gelandet sind. Im Einzelspielermodus blieb Willow bei mir allein, was für die Story keinen großen Unterschied bedeutet. An einer Stelle wird über mehrere Teenager gesprochen, obwohl nur eine von ihnen auftaucht, doch das war es auch schon. (Das ist auch Teil des gesprochenen englischen Dialogs, obgleich an einzelnen Stellen die deutschen Texte nicht ganz einwandfrei sind.)

Willows erster Auftrag ist es, eine Apparatur im Garten aufzuspüren und zum Laufen zu bringen, bevor sie überhaupt daran denken kann, zu ergründen, warum sie geschrumpft wurde und ausgerechnet dort ist. Ich habe wegen Willows Winzigkeit den Überblick sofort verloren und mich stattdessen wild im Garten umgeschaut. Keine gute Idee, denn dort wimmelt es nur so vor Ungeziefer. Ich weiß schon, warum ich nicht gern im Garten arbeite.

Wenigstens hat Willow ihre erste Nacht im Garten gut überstanden und erlag erst am nächsten Morgen einem Marienkäfer. Gar nicht so übel für meine bisher eher geringen Survival-Erfahrungen. Allerdings hat sich dann doch ziemlich bald herausgestellt, dass ich mit dem normalen Schwierigkeitsgrad nicht zurechtkomme. Flugs den Schwierigkeitsgrad auf flauschig eingestellt, und schon war Grounded … nicht viel einfacher. Aber zumindest für mich machbarer.

Grounded bietet eine Vielzahl an Einstellungsoptionen. Neben den drei Schwierigkeitsgraden gibt es zusätzlich feinere Optionen und den benutzerdefinierten Modus, der bestimmte Erfolge deaktiviert. So lassen sich einzelne Aspekte regulieren und beispielsweise Hunger oder Ausdauerverlust ausschalten oder im Storymodus alle Rezepte freischalten und kostenlos herstellen. Letzteres allerdings nur in einem neuen Spielstand.

Die Krähe kräht nur bedrohlich, ist aber eigentlich ganz friedlich.
Auf ins Gemetzel

Dass Willow Hunger und Durst bekommt, hat mich wenig gestört. Es hat zwar eine Weile gedauert, bis ich eine Flasche hergestellt hatte, um klares Wasser aufzubewahren, doch ich kam meist zurecht. Abgesehen von dem einen Moment, als Willow im Gewirr der Hecke verdurstet ist, weil ich erst noch ihren Rucksack wiederbeschaffen wollte, den sie nach dem Tod durch eine Jungspinne verlor.

Ich hatte mit den Kämpfen zu kämpfen. Kurz nach dem Intro bekommen die Teenager den Auftrag, für einen Burger bratenden Roboter Superchips zu besorgen, mit denen er sich an Dinge erinnern kann, die hoffentlich dabei helfen, wieder eine teenagergerechte Größe anzunehmen. Der erste zu bergende Chip befindet sich in einem Labor in den Ästen der bereits erwähnten Hecke. Dort trifft Willow auf eine kleine Radnetzspinne und zwei Jungspinnen, die sich als zähe Gegner herausstellen. Zu zäh für mich. Willow kann zwar mit selbstgebastelten Waffen Angriffe auf Kosten von Ausdauer ausführen und sogar blocken, allerdings nahm sie bei mir dennoch zu viel Schaden und verteilte zu wenig. Über weite Strecken des Spiels kam ich mit dem niedrigeren Schwierigkeitsgrad gut zurecht, zumal ich auch weitere Rezepte für Willow freigeschaltet hatte.

Zwar hätte ich auch die Hauptquest nach hinten verschieben können, um Willows Waffen und Rüstung ein wenig zu verbessern. Allerdings gehe ich davon aus, dass ich ohnehin früher oder später an meine Grenzen gekommen wäre. Im Blocken bin ich einfach nicht besonders gut. Außerdem fühlen sich Angriffe oft ungelenk an und mir fiel schwer, einzuschätzen, wie dicht Willow an einen Gegner heran muss, um ihn mit der Waffe zu erwischen.

Eine große Hilfe war allerdings auch, als ich festgestellt habe, dass zubereitete Lebensmittel nicht nur den Magen füllen, sondern auch heilen. Vorher habe ich mich auf Verbände beschränkt, die wenig sofort heilen, aber stetig über einen gewissen Zeitraum.

Auf Konsole und per Cloud

Auf Xbox One S ist Grounded nicht das hübscheste Spiel. Besonders das Charaktermodell sieht in 3rd Person verwaschen aus. Aber es läuft flüssig. Nach einem Tod geht es schnell am selbst festgelegten Respawn-Punkt weiter (bei selbst hergestellten Schlafplätzen wie einem kleinen halboffenen Zelt oder auch einem gefundenen Bett). Das Laden eines Speicherstands dagegen dauert ziemlich lange.

Dank Game Pass Ultimate habe ich die Gelegenheit genutzt, die Xbox Cloud Gaming-Beta auszuprobieren. Damit konnte ich an meinem PC oder auch mit dem Smartphone dort weiterspielen, wo ich zuletzt aufgehört hatte. So konnte ich auch feststellen, dass die Ladezeiten per Cloud zwar kürzer sind als auf meiner Konsole, allerdings immer noch deutlich spürbar. Das Erkunden mit Touchsteuerung läuft gut von der Hand, für Kämpfe ist mir jedoch der Controller wesentlich lieber. Der Gyrosensor für die Kamera erleichtert die Steuerung.

Es geht doch nichts über Sonnenstrahlen, die durch das Blattwerk einer Hecke strahlen.
Zuhause ist, wo die Basis steht

Angefangen habe ich damit, Willow eine Schlafgelegenheit, einen Grill und einen Vorratskorb zu bauen. Geschlafen hat sie zwar wenig, doch Essen braucht sie und ihre gesammelten Materialien müssen schließlich auch irgendwo unterkommen.

Doch der Korb war schnell voll, also musste ein Haus her. Okay, Haus ist vielleicht übertrieben. Es ging mehr in Richtung meiner Bauwerke Dragon Quest Builders 2. Auch wenn ich in Grounded natürlich keine zwei Blöcke aufeinander gestapelt habe, sondern einzelne Wände aufgestellt. Außerdem hat die Basis einen Boden bekommen. Dadurch konnte sie ein Stückchen über dem Weg schweben.

Die einfachsten Wände benötigen Grasplatten, die zu groß sind, um ins Inventar zu passen. Also muss Willow sie in einer Hand tragen, maximal fünf auf einmal. Die Menge lässt sich mit der richtigen Ausrüstung oder einem Smoothie erhöhen. So habe ich jede Bodenplatte und Wand gefühlt, die Willow aufgebaut hat.

Dann kam der tragische Moment, als eine Gruppe von Spinnen sich für einen Angriff rächen wollte. Es war einfach schrecklich.

Aus Angst vor der arachniden Übermacht ist Willow geflüchtet. Ich meine, natürlich war die nächste Hauptquest wichtiger als ein paar Spinnen. Später, lange nachdem die Spinnen zufrieden waren mit ihrem Werk, kehrte Willow zurück. Die halbe Basis lag in Trümmern.

Der logische nächste Schritt wäre jetzt gewesen, die Basis aus stärkeren Materialien wieder aufzubauen. Stattdessen habe ich Wände und Böden repariert und neue Vorratskisten gebaut und mit den über den Boden verteilten Materialien befüllt. Und aufgepasst, in der nächsten Zeit möglichst wenig Insekten zu töten. Willow hatte im Verlauf auch Glück und die Basis steht noch immer. Und sieht noch immer jämmerlich aus.

Zwischen Hauptquest und Erkundung

Anfangs bin ich der Hauptstory mehr oder minder strikt gefolgt. Mit mäßigem Erfolg, wie bereits erwähnt. Im Verlauf ging es zu einem Teich, für den Willows Puste nicht ausreicht. Da war ich erst einmal verloren, weil ich nicht wusste, woher ich die benötigten Materialien für Unterwasserausrüstung bekomme.

Welche Materialien ich brauche, wusste ich dagegen schon. Denn wenn Willow neue Materialien sammelt, ob nun von Pflanzen, im Garten verteilten Lebensmitteln oder durch das Besiegen von allerlei Getier, kann sie diese an einer Forschungsstation analysieren. Diese Zelte sind überall im Garten verteilt und Willow wird per Radar auf sie aufmerksam gemacht. Manche lassen sich dennoch nicht einfach finden. Durch Analysieren und das Finden von Purer Wissenschaft steigt Willows Stufe, wodurch weitere Rezepte freigeschaltet werden. Auch die Materialien selbst schalten oft schon neue Anleitungen frei, für die sie benötigt werden.

Herstellen kann Willow eine große Anzahl an Waffen, Heilitems mit verschiedenen Zusatzeffekten, Möbeln und Kleidungsstücken. Einige Gegenstände kann sie aus dem Inventar heraus herstellen, für andere benötigt sie eine Werkbank oder weitere Maschinen.

Darüber hinaus kann Willow durch unterschiedliche Tätigkeiten Mutationen freischalten und zwei von ihnen gleichzeitig aktivieren (später lässt sich diese Zahl erhöhen). Durch wiederholtes Hacken von Grashalmen lässt sich etwa das Zerkleinern der Halme beschleunigen. Einige Mutationen haben auch mehrere Stufen, so dass Willow nach und nach Ameisen immer besser besiegen konnte.

Pure Wissenschaft

Pure Wissenschaft befindet sich an verschiedenen Orten im Garten und ist zuweilen mit kleineren Herausforderungen verbunden, um zu ihr zu gelangen. Die so und durch Analysen angesammelte Wissenschaft kann Willow gegen weitere Rezepte eintauschen. Mit dem Storyverlauf steigt die Anzahl an freischaltbaren Rezepten, doch es gibt auch immer wieder Empfehlungen, welche Rezepte man als nächstes freischalten sollte. Ich habe mich meist daran gehalten (meistens braucht man kurz darauf einige von ihnen) und zusätzliche Anleitungen spontan eingelöst.

Wo bin ich denn jetzt schon wieder?

Entsprechend war mein Fortschritt mit der Hauptquest von Grounded mit der Erkundung des Gartens verbunden. Gleichzeitig habe ich zeitweise aber auch mehr erkundet als notwendig. Manchmal auch, weil es mir im Garten schwer fällt, den Überblick darüber zu behalten, wo ich gerade bin. Schließlich ist Willow winzig und selbst Grashalme überragen sie weit. Der Blick in die Ferne ist selten möglich, aber in den vereinzelten Fällen umso eindrucksvoller.

Irgendwann habe ich auch verstanden, dass ich ein Gebiet im Normalfall erst einmal betreten muss, um an die Materialien zu gelangen, die das Überleben dort vereinfachen oder ermöglichen. Besonders die Gluthitze bei direkter Sonneneinstrahlung im Sandkasten hat mich sehr gefordert. Allerdings habe ich auch dabei gegrinst, wenn ich Willow kurz ins Sonnenlicht rennen ließ, um zwei Schläge auf den Käfer sausen und sie zurück in den Schatten rennen zu lassen.

Die verschiedenen Biome im Garten sind sehr abwechslungsreich, auch wenn es an den meisten Orten die grundlegenden Materialien für einen kleinen Basenbau oder zum Überleben gibt (Gräser, Unkraut, Klee, Wasser und meist Pilze). Gleichzeitig werden für ein Biom hergestellte Gegenstände wie die Gasmaske auch an anderen Orten wichtig. Auch die Gegenstände wie Süßigkeiten, Getränkedosen und Frisbees, die sich im Garten finden, sind nachvollziehbar, wenn auch in manchen Fällen nicht in der vorhandenen Menge. Getränkedosen gehören nicht in die Natur! Nur sehr vereinzelt gibt es nicht wirklich viel Sinn, wieso manche Dinge auch nach Monaten in ihrem aktuellen Zustand im Garten herumliegen.

Im Teich gibt es Kaulquappen.
Ah, da unten bin ich

An verschiedenen Stellen im Garten gibt es Gräben. Willow kann nicht klettern, entsprechend muss ich also jedes Mal einen Weg nach oben finden. Immerhin waren die Stürze meistens nicht tödlich, weshalb ich mich nicht ganz so wie in Horizon Zero Dawn gefühlt habe. Irgendwann konnte ich mir dann aber doch merken, auf welchen Wegen zwischen Basis und verschiedenen Zielen im Garten die Gräben lauern. Was nicht heißen soll, dass es mir von da an jedes Mal gelungen wäre, einen Absturz zu vermeiden. Fies ist auch, versehentlich in einen Graben zu fallen und auf der Suche nach dem Ausweg zu sterben. Denn der Rucksack bleibt schließlich im Graben zurück und dann muss ich noch einmal absichtlich dorthin zurückkehren. Ganz zu schweigen davon, dass ich den Weg nach oben weiterhin suchen muss, während die krabbeligen Käfer Willow weiterhin gefährden.

Spinnen und Bedrohungen

Es ist fast niedlich, wie die Spinnen in Grounded schnarchen, wenn sie schlafen. Umso unheimlicher ist ihr Fauchen, wenn sie wach sind und Willow verfolgen. Die panische Flucht fiel mir also nicht schwer. Selbst mit verstärkter Rüstung und aufgebesserter Waffe der zweiten Stufe (dafür kann Willow eine kleine Schmiede bauen) bin ich oft geflohen, statt die Konfrontation zu suchen.

Umso stolzer war ich, als ich meine erste große Radnetzspinne erlegt hatte. Die ist so groß, dass im Kampf oft nur noch ihre Beine zu sehen sind. Seitdem habe ich spontan eine weitere Radnetzspinne vernichtet, die mich davon abhalten wollte, ein Labor zu betreten. Aber an die Wolfsspinnen habe ich mich bisher noch nicht herangetraut.

Grounded macht einen sehr guten Job, wenn es darum geht, die Bedrohung durch die Insektenwelt für die Teenager fühlbar zu machen. Fauchende Spinnen und surrende Tigermücken wirken unheimlich und auch die bedrohliche Musik bei größeren Insekten trägt sehr zur Atmosphäre bei. Einzig im letzten Abschnitt des Gartens war die Musik besonders bedrohlich, das Wegrennen aber weiterhin eine valide Option, weshalb ich mich gestresster gefühlt habe, als notwendig gewesen wäre. Fast durchweg habe ich darauf gewartet, dass ein Käfer Willow von hinten rammt und sie zum Zelt zurückschickt, aber meistens ist nichts passiert.

Dort sind Jungspinnen drin, vielleicht aber auch nützliche Materialien von Pflanzen oder anderen Tierchen.
Unheimliche Höhlen und friedliche Fliegen

Überall im Garten verteilt befinden sich Höhlen und Nischen von Bossgegnern. Diese müssen mit einem passenden gecrafteten Item herbeigerufen werden. Ich bin beispielsweise über eine Höhle gestolpert, deren Wände komplett aus Spinnenfäden bestanden. Da hatte ich schon beim Betreten Angst.

Entsprechend ist eine Fackel unerlässlich, um finstere (oder unheimliche) Höhlen zu erforschen. Oder den nächtlichen Garten, in dem Willow sehr oft unterwegs war, weil sie bei mir so wenig geschlafen hat. Auch wenn sich die Nacht mit Geräuschen aus der Finsternis zuweilen unheimlich anfühlt.

Genau wie Waffen und Kleidung, ist die Fackel nur begrenzt haltbar. Mittlerweile halten Items recht lang, sodass Willow bei mir nur ein einziges Mal unvermittelt in der Finsternis stand. Die Rüstung musste ich dagegen häufiger reparieren.

Dennoch sind nicht alle Krabbeltiere jederzeit bedrohlich. Manchmal schauen die Ameisen in der Nachbarschaft der Basis nur neugierig und wackeln mit den Fühlern (die richtige Ausrüstung schadet dabei auch nicht). Wenn sie nicht gerade die gebratene Blattlaus vom Grill stibitzen. Auch anderswo im Garten suchen sie nach Futter. Fliegen fliegen friedlich durch die Luft. Die kleinen Rüsselkäfer flüchten sogar nach einem Angriff von Willow und greifen selbst gar nicht an. Und natürlich schlafen die Insekten und Spinnen manchmal auch. Meistens habe ich sie dann auch schlafen lassen.

Einige der kleinen Insekten lassen sich auch zähmen, allerdings ist mir das bisher nicht gelungen. Daher steht ganz oben auf meiner To-Do-Liste das Domestizieren einer Blattlaus. Erst danach kommt eine hübschere Basis an die Reihe.

Fazit

Das Survival-Spiel Grounded entführt uns in einen Garten, wie er bis auf einzelne Details tatsächlich existieren könnte. Das Setting ist in sich stimmig und die verschiedenen Effekte der Biome wie Hitze und giftige Luft fügen sich gut ein. In jedem Moment außerhalb der Labore fühle ich, dass Willow winzig klein ist. Die SciFi-Story ist teils humorvoll, teils grotesk und bildet einen nachvollziehbaren Rahmen für das Geschehen und die Erkundungen. Allerdings steigt die Schwierigkeitskurve zu steil an und selbst der einfachste Schwierigkeitsgrad bleibt beim Kämpfen fordernd. Hunger und Durst lassen sich durch verschiedene Mittel mildern. Allerdings hätte ich auch nichts dagegen, würden sie in flauschigen Modus etwas schneller zunehmen.

Für Einsteiger:innen vereinfacht die Schwierigkeitsstufe das Management der Survival-Aspekte, die Kämpfe können jedoch eine Hürde bleiben. Allerdings besteht bei bleibenden Problemen die Möglichkeit, weitergehende benutzerdefinierte Einstellungen zu nutzen, um andere Aspekte des Spiels genießen zu können. Für alle, die schon immer einmal einen Garten aus allernächster Nähe kennenlernen wollten, möchte ich Grounded empfehlen. Am besten macht ihr euch natürlich nicht allein auf Erkundungstour.

Herzlichen Dank an Xbox Game Studios für die Bereitstellung der Testmöglichkeit. Getestet auf Xbox One S.