Dolmen (Review)

Artwork zu Dolmen mit Logo links oben und kniendem Astronauten mit futuristischem Gewehr in der Hand rechts.

Um als Souls-like aus der Masse des Genres hervorzustechen, muss einiges stimmen. Um dies auch noch kurz nach einem der vermeintlich größten Titel des Genres zu schaffen, klingt da noch schwieriger. Aber Souls-likes wären nicht Souls-likes, wenn sie eine solche Herausforderung scheuen würden. Am morgigen Tag versucht sich mit Dolmen aus dem Hause Koch Media ein weiterer Vertreter daran, dem Genre seinen Stempel aufzudrücken. Ich bin für euch auf den fernen Planeten Revion Prime gereist und habe den Kampf mit Ungeziefer und anderen Bösartigkeiten aufgenommen. Zurückgekehrt bin ich mit einer unbändigen Lust, das nächsten Souls-like zu spielen. Ob dies ein gutes Omen für Dolmen ist, dafür müsst ihr euch schon selber durch meine Review kämpfen!

Level 1: Dolmen vs. Die Erwartungen

In Dolmen verschlägt es unsere Commander auf den Planeten Revion Prime, da der Kontakt zu deren Forschungseinrichtung abgebrochen ist. Da der Planet zahlreiche, sehr wertvolle Ressourcen beherbergt, sollten wir dem Geschehen schnellstmöglich auf den Grund gehen. Und wie erwartet ist dort sprichwörtlich die Hölle auf Erden ausgebrochen. Die Minen und Labore sind bevölkert von Wesen und Kriegern aus einer anderen Dimension, die uns sofort attackieren, wenn wir auch nur falsch husten. (Und da ich während des Testens auch noch mit einer Erkältung  kämpfte, habe ich sehr oft falsch gehustet!) Grund sind vor allem die titelgebenden Dolmen-Kristalle, die genug Energie besitzen, um Risse zwischen die Welten zu reißen. Welch Hybris am Ende für die Katastrophe gesorgt hat, könnte ihr euch ausmalen.

Die Narrative von Dolmen ist im Großen und Ganzen bodenständig und es gibt wenig, was es nicht bereits in der Form oder besser woander gegeben hätte. Es fehlt zudem an Highlights, die in Erinnerung bleiben und die mir Dolmen als Dolmen charakterisieren, statt wie jedes andere Sci-Fi-Action-Ding da draußen. Leider haben es die brasilianischen Entwickler von Massive Work Studio zudem verpasst, die narrativen Stärken ihres Vorbilds nachzustellen. Weltendesign ist vergleichsweise zahm und die Lore wird durch simple Interaktionspunkte mit noch simplerer Texteinblendung erzählt. Hier wäre mehr drin gewesen, gerade da es ganz nette Ideen gibt, wie eine Funkstörung durch den Gegner oder hin und wieder ein interessanter Levelabschnitt.

Screenshot aus Dolmen
Düster, glibberig, gefährlich

Im Grunde macht hier Dolmen das Erwartbare und bildet so ein solides Fundament für den Rest des Spiels. Lieber nicht zu große Sprünge wagen ist allerdings auch beim Gameplay das Motto der Stunde. Oberflächlich betrachtet unterscheidet Dolmen wenig von seinen großen Vorbildern und wenn man sich das erste Bildmaterial anschaut, könnte man den Titel leicht als bloßen Mitschwimmer im Strom des Genres wegwischen. Viele Mechaniken, vom Interface der Steuerung bis hin zum Verlust von Nanites aka Seelen beim Ableben sind direkt übernommen. Souls-Veteranen dürften sich so schnell in die Systeme des Spiels einfinden und es leicht haben, die Herausforderung aus Revion Prime anzunehmen.

Wir haben zu Beginn die Wahl zwischen unterschiedlichen Klassen, die mit vereinzelten Wertunterschieden sowie anderen Waffen daherkommen. Idealerweise habt ihr im Vorfeld eine Ahnung davon, wie ihr ungefähr spielen wollt. Wir können zwar im Laufe des Spiels alle Waffenarten irgendwann selber craften. Sich aber später andere Stile oder Waffen optimal anzueignen, ist von unveränderlichen Werten abhängig. Langer Grind wäre die Folge, um verpasste Möglichkeiten wieder auszugleichen. Lange Abschnitte ohne Feindkontakt und sehr schwammige Gegner sorgten dafür, dass mir das Wiederholen des Levelns wegen gar keinen Spaß gemacht haben.

Level 2: Tradition vs. Moderne

Die wahren Qualitäten von Dolmen offenbaren sich allerdings erst, wenn wir tiefer in den Leveln vorstoßen. An der Oberfläche spielt sich Dolmen wie die anderen Souls, wenn auch leider nicht so flüssig und intuitiv. Ausweichen gelingt oftmals bei kleineren Gegnern nicht so gut, da normale Angriffe in der Animation schlecht telegraphiert werden. Unblockbare Angriffe haben hingegen einen dicken, roten Warnbanner, leider versaut hier ab und an aber das zickige Ausweichen selbst einen geeigneten Flow. Schafft es das Spiel allerdings, dass wir in einen solchen Flow geraten, macht es schon Spaß.

Ein großer Faktor dafür stellt das Crafting-System dar, mit dem wir unterschiedliche Waffentypen mit diversen Elementarboni schmieden können. Gegner sowie zerstörbare Objekte lassen Ressourcen fallen, die wir auf unserem Schiff nutzen können. Hier leveln wir nicht bloß auf, sondern können aus den Materialien Äxte, Schwerter oder Rüstungsobjekte kreieren. Grundressourcen sind notwendig, um das jeweilige Item zu schmieden. Doch bei jedem neugeschmiedeten Item können wir unterschiedliche Slots auffüllen, um der Waffe oder Rüstung zusätzliche Boni zu verleihen. Die dafür notwendigen Materialien werden im Laufe des Spiels seltener und führen so zu besseren Boni für das Item. Neue Waffen oder Rüstung schalten sich mit Spielfortschritt frei.

Gut ausgestattet treten wir den Bestien von Revion Prime entgegen. Je nach Element (Eis, Feuer, Gift oder ohne) sowie Gegner teilen wir unterschiedliche viel Schaden aus. Hat ein Gegner eine Schwäche, baut sich zudem ein Balken auf, welcher für einen zusätzlichen Debuff sorgt. Doch dies allein hätte mir das Kampfsystem nicht verkaufen können.

Screenshot aus Dolmen
Das Großschwert war meine favorisierte Waffe in Dolmen

Wichtiger ist eine kleine, aber sehr spezielle Änderung am Heilsystem von Dolmen – im Vergleich zu Soulsbornes. Bloodborne beispielsweise hat Tränke, die normal in den Leveln versteckt sind oder von Gegnern gefarmt werden können. Elden Ring und vorherige Souls haben einen mehr oder weniger festen Vorrat, je nach Fortschritt. Ähnlich geht es in Dolmen zu, allerdings heilen hier nur indirekt. Unterhalb von Leben und Ausdauer existiert noch ein dritter Balken, der die Energie unseres Anzugs widerspiegelt. Diese können wir mit einer festen Anzahl an Batterien aufladen, spielerisch vergleichbar mit den Tränken aus anderen Souls-likes.

Die damit aufgefüllte Energie bietet uns unterschiedliche Möglichkeiten. Einerseits können wir mit einem simplem Knopfdruck sofort ein Stück unserer Lebensenergie heilen. Dafür verbrauchen wir allerdings Energie, die sich nicht von alleine füllt. Ebenso können wir einen Elementreaktor aktivieren, um unseren Nahkampfangriffen kurzzeitig einen weiteren Boost zu verschaffen. Dieser Zeitrahmen ist allerdings sehr kurz. Zudem stellt die Energie die Ressource für unsere Schusswaffe dar. Während eines Kampfes müssen wir demnach stets abwägen, wie wir vorgehen wollen. Heilen wir zu viel, ist Fernkampf kaum oder keine Option mehr. Sowie vice versa. Sind beide Balken am Ende, machen wir uns sehr vulnerabel, wenn wir die Batterie auswechseln.

Ein letzter, frischer Faktor für das Kampfsystem sind die Fernkampfwaffen. Handfeuer-Pistolen, Schrotflinten oder andere feuerkräftige Waffen lassen in diesen Momenten Dolmen zu einem Third-Person-Shooter verkommen. Dies kann sehr hilfreich sein, um trotz fehlender Ausdauer weiter Schaden auszuteilen. Allerdings zerbricht es in einigen offeneren Levelabschnitten das System, wenn wir aus absoluter Sicherheit heraus Gegner bezwingen können, ohne dass diese uns erreichen. Diese Mischung fühlte sich zuweilen etwas falsch an. Hier hat Bloodborne eine bessere Chemie gefunden, um Schusswaffen in sein Kampfsystem zu integrieren.

Level 3: Gemeinsam vs. den Rest der Welt

Level 3 beginnt mit einem unerwarteten Schock: Kann Dolmen etwa nicht mit den Größen des Genres mithalten? Mal ernsthafter: Ich bin kein Fan davon, wenn Spiele mit anderen Titeln auf qualitativem Maßstab verglichen werden. Zu sagen, Dolmen sei kein Elden Ring oder Dark Souls (und ihr könnt das auf alle Genres und Spielphilosophien übertragen), ist in der Regel nicht fair. Solche Vergleiche sind meiner Ansicht nach nur angebracht, um Differenzen auf inhaltlicher oder struktureller Ebene aufzuzeigen. Ich zeige aber sicher nicht mit dem Finger auf Dolmen und sage “Schaut euch dieses Spiel an, es hebt sich einen Bruch beim Versuch Dark Souls nachzumachen!” Dafür hat das Spiel genug Faktoren zu bieten, um für sich alleine zu stehen. 

Bosskämpfe gehören nicht dazu. Am Ende jedes Abschnitts wartet auf uns ein Boss, der spielerisch immer wieder ganz nette Momente hat, sich aber dann in der Wiederholung sehr plump entpuppt. Das kämpferische Repertoire der Feinde ist sehr eindimensional und bietet nur wenige Angriff-Sets. Diese variieren kaum und werden ab und an durch einen zusätzlichen Angriff ergänzt, wenn wir weit genug gekommen sind. Zudem sind die Korridore zum Heilen teilweise sehr groß, weil die meisten Gegner gefühlt durch die Arena schleichen. Zugegeben, schon bei Elden Ring haben mir schnellere Gegner besser gefallen, weil ich schnelle Reaktionstests bei Kampfsystemen sehr mag. In Dolmen stellt sich allerdings schnell Langeweile ein.

Screenshot aus Dolmen
Was für ein Ungetüm wird uns hier erwarten?

Allerdings ist dies nicht nur die Schuld vom gegnerischen Kampfsystem, sondern auch von einem anderen Aspekt: Jeder Boss ist mehr oder weniger ein Schwamm. Ich bin der Spielertyp Erkunder und renne gerne mal einen Abschnitt ein zweites Mal ab, wenn ich dort noch etwas versteckt vermute. Sinnvoll wären hier die Bohrer, Arbeiter der Mine, welche die Katastrophe überlebt haben. Diese geben uns seltene Materialien für außergewöhnliche Waffen und Rüstungen. Dadurch erhalte ich in den meisten Spielen oftmals hohe Level und teile eher zu viel, als zu wenig aus. In Dolmen hingegen hatte ich jedes Mal das Gefühl, unterlevelt zu sein. Andere Ausrüstung oder Element-Anpassungen halfen ein klein wenig, waren aber keine langfristige Option. Selbst ein späterer Besuch bei einem der ersten Bosse erwies sich als weitaus zäher, als erwartet.

In Dolmen können wir jederzeit jeden Boss, den wir bereits bezwungen haben, noch einmal herausfordern. Vor jeder Arena befindet sich ein Terminal, an dem wir diese neue Runde einläuten können. Im Tausch gegen Dolmen-Kristalle, die wir vorher von Gegnern errungen haben, aktivieren wir den Respawn und versuchen erneut unser Glück. Der Lohn sind weniger Nanites, aber auch Ressourcen für eine spezielle Bosswaffe, die wir nur auf diese Weise schmieden können.

An diesem Terminal sowie im Schiff können wir zudem unter denselben Bedingungen den Mehrspieler-Modus starten. Wollen wir einfach nur in eine Session eintreten, sucht das System nach einer Verfügbaren und wir können anderen Spieler:innen helfen. Kreieren wir selber eine, müssen wir Kristalle ausgeben. Blöd nur, wenn man jemanden als Beistand beschwören möchte, weil man an einem Boss verzweifelt, die dafür befindlichen Kristalle allerdings gemeinsam mit den Nanites in der Arena liegen.

Soweit zumindest die Theorie. In der Praxis schaltete sich der Mehrspieler erst vor wenigen Tagen frei. Aber selbst danach ließen sich keine Sessions finden und selbst erstellte waren wie eine Party, für die keine Einladungen heraus gingen. Ich werde da den Launch-Zeitraum noch ein wenig begleiten und hoffe, doch noch meine Chance zu erhalten, den Mehrspieler ausprobieren zu können. Sollte dies weitere Erkenntnisse bringen, werde ich dies in einem Update-Abschnitt unterhalb dieser Review anmerken.

Level 4: Dolmen vs. sich selbst

Wir haben den finalen Boss dieser Review fast erreicht. Doch nun wartet auf uns der Schlimmste aller Widersacher, die ein Spiel zu bieten hat. Sich selbst! Und Dolmen…verdammt, du machst dir das Leben wirklich schwer. Ich habe vorhin bereits vom zickigen Ausweichen gesprochen. Dies zeigte sich vor allem dann, wenn auf eine Eingabe gar nicht oder anders reagiert wurde, als von mir gefordert. Ausweichen über die Kreis-Taste sorgt für einen kleinen Dash, abhängig von Richtung oder Gegner-Lock On. Hin und wieder dasht unser Commander gar nicht, genauso selten war dieser zu kurz und die gesamte Bewegung stockte. Das bescherte mir den ein oder anderen, ziemlich frustrierenden Tod. Aber hey, “Git gud!” oder so.

Andere Fehler im Spiel waren weniger leicht mit blankem Skill entgegen zu treten. Sehr selten kam es vor, dass die Animation des Batterie-Nachfüllens abgespielt wird, aber keine Heilung stattfand. Ich hab dies nicht reproduzieren können, um dies als eigene Dummheit abstempeln zu können. Ich vermute aber, dass dies nur vereinzelte Abschnitte in Akt 2 von Dolmen betreffen kann. Da vorher und nachher dieses Phänomen nicht auftrat, hoffe ich hier auf einen simplen Bug des Spiels.

Noch ärger hat es mich allerdings bei einem Bosskampf erwischt. In diesem relativ frühen Gefecht verkleinert der Boss im Verlauf des Kampfes das Areal. Der restliche Boden ist daraufhin für uns Tabu, wenn uns unser Leben lieb ist. Ein Versuch ging bei mir allerdings ungewollt in die Hose, weil sich zusätzlich zu der Tabuzone eine unsichtbare Mauer durch die Arena gezogen hat. So blieb mir vom kleinen, aber manövrierbaren Bereich nur noch eine Briefmarke, in der ich keinen Schaden nahm. Ich merke, die Bugs in Dolmen sind Schwierigkeits-Modifikatoren. Irritierend und umso erstaunlicher, dass Dolmen an sich ein technisch sauberes Spiel ist. Schönere Menüs und abwechslungsreichere Designs der Rüstungselemente wären nett gewesen, trüben aber den Gesamteindruck des Spiels nicht.

Finales Level: Am Ende unserer Kräfte

Kommen wir nun zum finalen Gefecht dieser Review und zur Eingangsfrage, warum ich jetzt eine größere Lust auf das Genre verspüre. Dolmen ist kein schlechtes Spiel. Es hat zwar seine technischen Mängel und Schwammbosse gehören für mich persönlich zu den langweiligsten Designs überhaupt. Auch die Level des an sich schon kurzen Spiels (19 Stunden ungefähr) könnten ruhig weniger Leerlauf haben. Und ich wäre nicht ich, wenn ich mir nicht mehr Story wünschen würde (und da reicht mir ein Worldbuilding der Marke Bloodborne vollkommen aus).

Doch die Ansätze eines spannenden Eintrags ins Genre hat Dolmen geliefert. Die kleinen, aber feinen Unterschiede im Kampfgameplay harmonieren mehr oder weniger und machen Lust auf mehr. Es wäre schön gewesen, wenn Gegner- und Leveldesign dies noch besser reflektiert hätten, um ein erinnerungswürdiges Spiel zu entwickeln. Denn abseits dieser Änderungen ist Dolmen ein solides Souls-like, dem mehr Mut gut zu Gesicht gestanden hätte. Das Spiel kann auf jeden Fall seine Fans finden und zufrieden stellen, aber Neulinge sowie Veteranen des Genres sollten sich den Kauf im Vorfeld dennoch überlegen.

Getestet auf PlayStation 5. Ein herzlicher Dank geht an Koch Media für die Bereitstellung des Mustercodes.