Ico (Review)

Ein früher Geheimtipp auf der PlayStation 2 war das 2001er Spiel Ico aus dem Hause Sony. Das Action-Adventure des seinerzeit noch weitgehend unerfahrenen Spieldesigners Fumito Ueda wurde zwar kein richtig großer Hit, schaffte es aber dennoch, zahlreiche Videospielentwickler zu inspirieren und Einflüsse des Titels finden sich in vielen bekannten Reihen wie Ubisofts Prince of Persia-Spielen oder den Souls-Spielen von From. In der Form des PlayStation 3-Remasters habe ich Ico etwa zwanzig Jahre nach Release erstmals gespielt.

In Ico schlüpft man in die Rolle eines gleichnamigen Jungen, der auf Grund des Umstandes, dass er mit Hörnern geboren wurde, in einer Zeremonie in einen speziellen Sarg gesteckt wird. Zu Icos Glück kippt dieser Sarg allerdings nach einer Weile vornüber und Ico kann sich auf die Flucht aus der Burg begeben in der sein Leben enden sollte. Von seinen Peinigern ist kein Anzeichen mehr zu finden, doch stattdessen findet er ein etwas älteres Mädchen vor, das, so wir im weiteren Verlauf des Spiels erfahren, auf den Namen Yorda hört. Während Ico wesentlich geschickter und kräftiger als Yorda ist, hat Yorda scheinbar magische Kräfte, mit denen sie ansonsten unüberwindbare Türen öffnen kann. So machen sich Ico und Yorda auf, gemeinsam einen Weg aus der verlassenen Burg zu finden.

Die Geschichte des Spiels wird in einer Hand voll kurzer Videosequenzen und Konversationen in einer Fantasiesprache vorangetrieben, wobei Yordas Äußerungen allerdings (jedenfalls im ersten Spieldurchlauf) für den Spieler unverständlich bleiben. Nach der umfangreichen Einführung in die Handlung zu Beginn entwickelt die Geschichte sich aber nur noch sehr moderat weiter und die Spielzeit ist fast vollständig auf das Gameplay beschränkt. Allerdings wird das Verhältnis zwischen den beiden Protagonisten auch durch die Interaktion mit dem Spiel geschärft, so dass ein gewisser erzählerischer Aspekt mit dem gesamten Spiel verwoben ist.

Spielerisch ist Ico im Grunde genommen ein klassisches Action-Adventure, das Erkundung, Rätsel und Kampf verbindet. Allerdings ist die Spielgeschwindigkeit – verhältnismäßig niedrigen Spielumfangs von etwa sieben Stunden zum Trotz – merklich reduziert. Im Mittelpunkt des Gameplays steht klar die Erkundung der Burg und die schrittweise Erschließung der verschiedenen Gebiete im Zusammenspiel zwischen Ico und Yorda. Dabei haben die Entwickler eine auffällige Vorliebe für lange Laufwege, die augenscheinlich vorrangig dem Zweck dienen, dem Schauplatz das Gefühl von Größe zu verleihen. Gerade wenn man einmal unsicher ist, wo man gerade weiterspielen soll ist das aber ein Ärgernis, zumal man die offenbar fußkranke Yorda bei weiteren Wegen in aller Regel mitnehmen muss. Davon ab ist das Design der Burg aber sehr durchdacht und ein echtes Highlight des Spiels. Die Erkundung der Burg macht auf jeden Fall eine Menge Spaß.

Im Hinblick auf Rätsel ist Ico leider ein wenig dünn aufgestellt, da ein Großteil der Rätsel einfache Kistenschieberätsel ohne Raffinesse sind. Obendrein wird selbst kurz vor Ende noch so viel durch die Designer vorgegeben, dass die Kistenrätsel sich geradezu von selbst lösen – schlicht, weil kein Raum für Irrtum gegeben wird. Gelegentlich bietet das Zusammenspiel der beiden Hauptcharaktere allerdings den Rahmen für ein interessantes Rätsel, in dem es dann stets darum geht, einen Weg zu finden, wie Yorda einen bestimmten Punkt in einem Raum erreichen kann. Sehr schade ist in der Hinsicht, dass die Entwickler die Burg symmetrisch gestaltet haben und dabei auch beim Rätseldesign an einigen markanten Stellen im Spiel die Symmetrie zum Anlass genommen haben, Ideen wiederzuverwerten. Das ist gerade in Anbetracht des niedrigen Spielumfangs äußerst irritierend und hat meiner Einschätzung nach auch keinen Mehrwert.

Ein echter Tiefpunkt des Spiels ist allerdings das Kampfsystem. Grundsätzlich ist die Idee gar nicht so schlecht: Ico selbst ist unbesiegbar, aber Yorda wird immer mal wieder von Schattenwesen angegriffen, die sie entführen wollen. In diesen Situationen ist es an Ico, mit seiner Schlagwaffe die Schatten abzuwehren und ggf. Yorda, wenn sie in ein Loch gezogen wird, händisch aus der Patsche zu helfen. Leider ist das Kampfsystem absoluter Mist. Ico hat nur einen einzigen Angriff und die Gegner verschwenden regelmäßig die Zeit des Spielers. Wird Ico von einem Gegner getroffen, taumelt er für längere Zeit herum und so kann es durchaus vorkommen, dass man wie ein Volleyball herumgereicht wird, während Yorda in der Versenkung verschwindet. Die Kämpfe in Ico sind absolut spaßfrei und nehmen leider im Mittelteil des Spiels einen ungebührlich großen Raum ein.

Die Präsentation von Ico ist, gerade im Hinblick auf das Alter des Spiels, sehr gelungen. Die Animationen der Charaktere sind sehr liebevoll gestaltet und gerade die Interaktion zwischen Ico und Yorda wurde mit viel Liebe zum Detail umgesetzt. Leider sind die Umgebungsgrafiken aber stellenweise schwer zu lesen und manch ein Durchgang verschwindet im Schatten der sehr dunklen Farbpalette im Inneren der Burg. Musikalisch hat Ico wenig zu bieten, da nur selten Musik spielt und die Soundeffekte bestenfalls ein Ambiente schaffen.

Ico ist in meinen Augen ein mittelmäßiges Action-Adventure mit einigen interessanten Ansätzen durch die Kooperation der beiden Hauptcharaktere. Der Star des Spiels ist auf jeden Fall das Leveldesign, das sehr liebevoll ist und viel Freude bei der Erkundung bereiten kann. Die hakelige Steuerung und das fürchterliche Kampfsystem sowie das arg gemächliche Pacing schaden in meinen Augen der Spielerfahrung aber recht stark.

Getestet auf PlayStation 3.