A Monster’s Expedition (Review)

Artwork für A Monster's Expedition. das Monster steht mit dem RÜcken zur Kamera an einer Klippe. Im Hintergrund sehen wir ein Meer, in dem sich links mehrere kleinere Inseln und ein Leuchtturm befinden, rechts die Schienen einer Achterbahn stehen.

Normalerweise bin ich ein Liebhaber von Spielen, die sich in allen Facetten des Designs austoben wollen. Ich liebe Story, ich liebe Gameplay, ich liebe Musik und ich liebe Artstyle sowie Grafik. Und wenn alles perfekt miteinander harmoniert oder sich ein stimmiges Gesamtwerk bildet, seht ihr mich zufrieden gestellt. Dennoch lasse ich mich gerne entspannt zurückfallen, um auch Spiele mit starkem Fokus auf ein einzelnes dieser Elemente zu erleben. Pünktlich zum Release auf Nintendo Switch habe ich mich daher an A Monster’s Expedition gewagt, viele Baumstämme durch die Gegend geschoben und bin ausgelaugt von meiner Museumstour zurückgekehrt. 

Eine lehrreiche Reise in A Monster’s Expedition?

Der Mensch ist eine seltsame Spezies und in der Welt von A Monster’s Expedition längst ausgestorben. An unsere Stelle sind Monster getreten und wir schlüpfen in die Rolle eines Exemplars, das die Historie der Menschen kennenlernen will. Daher erreichen wir gemeinsam mit der Fähre den Beginn der Museumsinseln zur menschlichen Zivilisation und beginnen dort unsere lange Bildungsreise. Leider sind die insgesamt knapp 600 Inseln nicht allzu zugänglich gestaltet, doch für unserer schwarzes Monster ist das kein Problem.

A Monster’s Expedition ist ein Puzzle-Spiel des Indie-Entwicklers Draknek, die uns bereits in A Good Snowman Is Hard To Build mit demselben Monster bekannt gemacht haben. Und genau wie damals lösen wir in kleinen Arealen ausgefeilte Schieberätsel, um voranzukommen. Das Menschen-Museum ist auf einer Inselgruppe beheimatet, die sich lediglich anhand von Baumstämmen und Flößen passieren lässt. Unser Ziel ist es, das Museum ausgiebig zu erkunden und einen Pfad zurück an die Anlegestelle der Fähre zu finden. Und wenn wir dabei noch die ein oder andere Anekdote über die Menschheit erfahren, wäre der Trip auf die Inseln wohl ein voller Erfolg. 

Screenshot aus A Monster's Expedition. Darstellung, in der das Monster das Exponat "Sockel" betrachtet. Der angezeigte Text lautet: "Menschen stellten Gegenstände gern auf Möbelstücke namens »Sockel«. Zunächst verstanden Monsterexperten nicht genau warum, aber dann fingen Besucher damit an, sockellose Ausstellungsstücke als Fundstücke an der Rezeption abzugeben. Wie sich herausstellt, sind Sockel SEHR wichtig."
Monster-Archäologen haben nicht ganz den richtigen Durchblick über unsere Zivilisation

Wie lehrreich unser Museumsbesuch in Bezug auf die Menschen ist, würde ich allerdings in Frage stellen. Die Monster der Zukunft scheinen ein verzerrtes Bild über unser Leben zu haben, deswegen besitzen aus unserer Perspektive die Infotafeln eine eher humorvolle Note. Insgesamt bietet das Spiel eine sehr ruhige, beinahe schon entspannende Atmosphäre. Der Soundtrack ist sanft und an die Aktionen des Monsters angepasst, das optische Design stellt nur selten große Experimente an und ein Plot existiert nicht. Kein Zwang die Inseln zu erkunden, kein dringliches Ziel außer der pure Fokus für Spieler:innen auf das vorliegende Inselrätsel. Dafür haben diese es in sich.

Kreativ, knackig, kurios

Ähnlich wie bei A Good Snowman beschränkt sich A Monster’s Expedition auf Schieberätsel, die das Vorankommen auf den Inseln ermöglichen. Jede Insel besitzt eine spezielle Anzahl von Bäumen, die das Monster fällen und als Brücke oder Floß zur nächsten Insel nutzen muss. Diese Bäume haben zwei Größen und verhalten sich dementsprechend anders, wenn wir den Stamm bewegen wollen. Alle Stämme rollen bis zu einem Hindernis, sobald wir sie an der Seite anstoßen. An den Schnittkanten hingegen können wir lange Baumstämme lediglich einen Schritt nach vorne bewegen. Währenddessen können kurze aufgestellt und deren Rollrichtung durch wenige Manöver verändert werden. Mit diesem Standardrepertoire an Bewegungsmöglichkeiten errichten wir uns Pfade zur nächsten Insel oder bauen mit zwei Stämmen ein Floß, um uns von Steinen oder anderen Stämmen ab zu stoßen.

Bewegtbild aus dem Spiel. Wir sehen die Spielfigur, die einen Baum fällt, anschließend zu einem Felsen nach oben rollt und dann den Stamm nach rechts schiebt und als Pfad zwischen den Inseln nutzt.

Auf Grundlage dieser festen Bewegungsmöglichkeiten kreiert A Monster’s Expedition eine Vielzahl von Rätselinseln, die sich über den Verlauf des Spiels stetig erweitern. So bringt uns später das Design der Inseln bei, dass sich ein Stamm, der auf einem bereits liegenden Stamm gefällt wird, anders verhält oder sich Flöße zum Transport von Baumstämmen eignen. Auch die Levelarchitektur passt sich über die Zeit an, beispielsweise indem flache Steine eine zweite Ebene in die vermeintlichen Pfade bringen. Diese stetigen Ergänzungen des Spieldesigns gestalten sich über die Dauer des Spiels sehr komplex und sind stellenweise sehr anspruchsvoll.

A Monster’s Expedition versteht sich als Open World-Puzzler. Das bedeutet in der Praxis: das Spiel gibt uns einen Hauptpfad vor, den wir lösen müssen, sowie zahlreiche Abzweigungen, um weitere Exponate zu entdecken. Auch die alten, frostigen Freunde des Monsters lassen sich entdecken und herzlich umarmen, während wir die optionalen und sehr herausfordernden Inselrätsel lösen. Bei dank Museums Expansion-Update mittlerweile knapp 600 verschiedenen Inseln befindet sich für Freunde des fröhlichen Bäumerollens sehr viel Inhalt im Spiel wieder. Allerdings für meinen Geschmack zu viel.

Viele Inseln, aber auf Dauer eintönige Museumstour

Ich habe knapp etwas über zehn Stunden auf den Inseln zugebracht. Und aufgrund der zahlreichen Abzweigungen könnte ich sicherlich noch ein paar Stunden dort verbringen. Doch obwohl mir A Monster’s Expedition die ersten Stunden sehr viel Spaß gemacht hat, begann sich irgendwann Monotonie einzustellen. Wenn sich nicht gerade eine neue Taktik oder ein neues Element offenbarte, folgten die Inseln immer demselben Schema. Monster kommt auf Insel an, scannt nach Bäumen sowie Hindernissen und versucht einen Weg zu finden, diese an die richtige Stelle zu transportieren. 

Der Gameplayloop wird einige Male durch die neuen Elemente unterbrochen, aber bereits nach wenigen Inseln stellte sich dasselbe Gefühl ein wie zuvor. Jede Insel wirkte aus diesem Grunde in meiner zweiten Spielhälfte beliebig an und wie die Inseln zuvor. Auch die Rätsel schalten manchmal einen Gang zurück und nehmen neu eingeführte Elemente nicht mehr wahr. Weil es sich dabei meist um einzelne Inselketten mit einzigartigem Design handelt, macht dies vom Weltendesign vielleicht Sinn. Spielerisch mindert dies allerdings leider den Spaß.

Verschollen im Nebel der Übersicht

Diese Monotonie ist leider ein sehr großes Manko, dem sich nur sehr wenig entgegen stellt.  Der fehlende Fokus sorgt dafür, dass wir auf Inseln, die in mehrere Richtungen führen, “überflüssige” Wege beschreiten. Der Eindruck verstärkte sich bei mir immer dann, wenn ich für eine längere Zeit an einem Rätsel festhing. Eine Abwechslung des Gameplayloops durch andere Rätselmechaniken anstelle des Bäume-Schiebens hätte hier viel geholfen. Alternativ hätte ein kompakteres Spielerlebnis mit weniger überschüssigem Leerlauf meinen Spielspaß weniger getrübt.

Screenshot einer beispielhaften Übersichtskarte aus dem Spiel. Nicht besuchte Inseln befinden sich unter einer weißen Nebelschicht.
Kartenübersicht hilft nur schwer bei der Orientierung, wohin der Weg uns leiten soll

Die Welt ist gigantisch und lediglich ein kleiner Button auf der Map weist uns darauf hin, wo wir hingehen sollen. Dennoch fällt die Orientierung schwer. Es gibt zumindest ein Schnellreisesystem, um zwischen den einzelnen Inselgruppen schnell und problemlos navigieren zu können. Via Briefkästen springen wir von einer Ecke der Karte zur nächsten. Leider kam mein PC beim aktivieren der Kartenübersicht ein wenig ins Stocken. A Monster’s Expedition zoomt stark heraus und wir können erkennen, welche Inseln wir bereits vom Nebel befreit haben. Die Spielwelt, die einige bewegliche Elemente besitzt, läuft in dieser Übersicht weiter und die Bildrate bricht ein, sobald diese ins Sichtfeld kommen.

Noch Luft nach oben für A Monster’s Expedition

Prinzipiell ist A Monster’s Expedition ein sehr clever gestaltetes Spiel, welches aus seiner Grundmechanik ungemein viel herausholt. Zudem ist für Personen, die eine kopflastige Herausforderung suchen, manches Inselrätsel ein wahres Fest. Die Atmosphäre, ob durch humoreske Kommentare zur Menschheit oder der meditativen Musik, ist zudem sehr angenehm und ruhig. Leider funktioniert das Pacing des Spiels nicht. Das Museum ist auf zu vielen Inseln beheimatet und schnell stellt sich eine Wiederholung des immer gleichen Gameplayloops ein. Da ab dieser Phase auf dem Hauptpfad des Spiels die Schwierigkeit stagniert und sich das Rätseldesign keine große Abwechslung bietet, ist viel Leerlauf und Monotonie die Folge. Für ein Videospiel eine zu große Schwäche, um darüber hinwegzusehen.

Getestet auf PC via Steam. Ein herzlicher Dank geht an Draknek and Friends für die Bereitstellung des Mustercodes.