Mirrors Edge Catalyst (Review)

Mirror’s Edge war zwar kein großer Erfolg – und das im Anschluss geplante Sequel wurde nach zwei Jahren Entwicklungszeit auch gecancelt – doch hat sich das Spiel eine erstaunlich große Fanbasis ausgebaut und so hat EA dem Parcours-Spiel eine Generation später eine zweite Chance gegeben. Um neben der etablierten Fangemeinde auch neue Spieler begeistern zu können, hat Dice bei Mirror’s Edge Catalyst allerdings den Reset-Button gedrückt und abgesehen vom Spielkonzept und Hauptcharakter alles neu konzipiert.

Statt mit dem Bürgermeister legt sich Faith dieses Mal mit einem mächtigen Geschäftsmann namens Kruger an. Das soll allerdings nicht heißen, dass Kruger ein weniger gefährlicher Gegenspieler ist. Kruger besitzt ein eigenes Sicherheitsteam namens KrugerSec, die teilweise bis unter die Zähne bewaffnet sind. Wer hier als Kenner des Originals bereits mit den Augen rollt, dem sei gesagt: Ja, auch in Mirror’s Edge Catalyst muss man sich wieder physischen Auseinandersetzungen stellen. Das Kampfsystem wurde nach der massiven Kritik an den Kämpfen im ersten Teil allerdings grundlegend überarbeitet. Faith kann keine Waffen mehr verwenden, sondern nur noch Nahkampfangriffe einsetzen.

Grundsätzlich ist es auch eine interessante Idee, dass Faith über einen Fokusschild verfügt, der ähnlich wie in Halo die Lebensenergie schützt, aber nicht durch Wartezeit aufgefüllt wird, sondern dadurch, dass man Parcour-Manöver durchführt. Allerdings ist es dennoch so, dass die Kämpfe außerordentlich nervig sind, wenig spielerische Substanz bieten und den Flow ohne Mehrwert durchbrechen. Zum Glück gibt es nur wenige Stellen im Spiel, an denen man zwingend kämpfen muss, an den Stellen, an denen man es muss, ruiniert es den Spielspaß aber vollends. Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir in der Hinsicht eine Mission in etwa der Mitte des Spiels, in der man zahlreiche Wellen von Gegnern bekämpfen muss, die gefühlt eine Ewigkeit gedauert hat. Sollte jemals ein drittes Mirror’s Edge entwickelt werden, sollte EA Dice keineswegs versuchen, im dritten Anlauf ein besseres Kampfsystem umzusetzen, sondern einfach einsehen, dass Kämpfen in einem Jump & Run mit hohem Anspruch an den Spielfluss schlicht nicht spaßbringend funktioniert.

Mit Catalyst ist Mirror’s Edge auf den Open World-Zug aufgesprungen. Das heißt, dass man in Mirror’s Edge Catalyst nicht mehr isolierte Einzelmissionen aus einem Menü auswählt, sondern die Missionen in einer grundsätzlich frei begehbaren Welt verteilt sind. Zudem gibt es in der Welt eine Vielzahl von Zusatzmissionen und Sammelgegenständen, die man verwenden kann, um zusätzliche Erfahrungspunkte zu sammeln. Diese Erfahrungspunkte kann man dann einsetzen, um Faiths Nahkampffähigkeiten oder ihre Parcoursfähigkeiten auszubauen. Leider führt das auch dazu, dass Faiths Bewegungsrepertoire zu Beginn des Spiels unnötig stark eingeschränkt ist, denn selbst grundlegende Moves wie das Abrollen beim Sprung aus einer hohen Position müssen erst gekauft werden. Das heißt auch, dass man sich als Spieler entscheiden muss, ob man sich die miesen Kämpfe erleichtern, oder lieber das generelle Parcours-Gameplay verbessern möchte. Das Erfahrungssystem ist ein weiterer Punkt, bei dem man bezweifeln mag, ob die Entwickler bei der Wahl der Mechaniken das Grundkonzept des Spiels ausreichend im Blick hatten.

Wer auf die Erkundung der offenen Welt wenig Lust hat, hat allerdings die Möglichkeit, diese weitgehend irrelevant zu machen, denn per Knopfdruck kann man die Runner’s Vision aktivieren. Das bedeutet, dass ein roter Pfad eingeblendet wird, auf dem man halbwegs zügig, wenn auch vielleicht nicht auf die schnellstmögliche Weise, zur nächsten Mission gelangt. Wenn man sich einfach nur auf die Hauptstory konzentrieren möchte, kann man das Spiel auf diese Weise zu einem linearen Spielerlebnis machen, das jedenfalls meines Erachtens wesentlich besser zum Grundkonzept passt. Allerdings hat das auch zur Folge, dass man relativ oft die gleichen Wege in der Welt vor- und zurücklaufen muss, da die Missionen von einer geringen Zahl an Startpunkten ausgehen. Da es recht unterhaltsam ist, sich durch die Spielwelt zu bewegen, ist das nicht weiter schlimm, sorgt aber dafür, dass man recht viel Leerlauf über die Spielzeit hinweg hat.

Die Geschichte des Spiels wird in Zwischensequenzen aus der Third Person Perspektive, sowie in Konversationen während der Hauptmissionen vorangetrieben und erzählt eine Verschwörungsgeschichte in einer dystopischen Zukunft, gepaart mit dem persönlichen Drama Faiths, die in jungen Jahren ihre Mutter verloren und daher in den Runnern eine Ersatzfamilie gefunden hat. Die Geschichte trägt nur relativ wenig zum Spiel bei, wird aber in klein genügenden Portionen erzählt, dass sie die Spielerfahrung auch nicht stören.

Mirror’s Edge Catalyst ist wie schon der Erstling eine vertane Chance. Wenn der Spielfluss aufrechterhalten wird, kann das Spiel eine Menge Spaß machen, die Kämpfe, Probleme bei der Wegfindung auf Grund der First Person Perspektive und ein unnötiges Open World System sind allerdings ein weiteres Mal zu viele vermeidbare Ärgernisse. Aus mechanischer Sicht ist Mirror’s Edge Catalyst etwas besser als der Erstling, dafür macht das Spiel aber an anderer Stelle einige Rückschritte, so dass das Spiel insgesamt kein klarer Schritt nach vorn ist.

Getestet auf Xbox One X.