Ich mag ja Rennspiele wirklich sehr gerne, zumindest das meiste was nicht versucht eine Simulation zu sein. Dabei ist vielleicht etwas überraschend, dass gerade Themen um klassischen Rennsport eher wenig Hype in mir erwecken. Kommen allerdings andere Faktoren dazu, wie z.B. ein cartoony Artstyle oder Fun Racer typische Gameplay-Elemente, dann entsteht in mir dann doch eine gewisse Neugier.
So verhielt es sich um Victory Heat Rally von Skydevilpalm und Playtonic Friends. Mit den gezeigten Kombinationen an stilistischen Elementen konnte ich überhaupt nicht einordnen, wie es mir letzten Endes gefallen wird.
Artstyle – Von Rally über Retro zu … Sexy?
Da in der Einleitung schon angeschnitten, fange ich mal mit der Präsentation des Spiels an. Victory Heat Rally zeigt sich in einer Kombination aus Retro-Pixel-Optik und 3D. Simpel gesagt ist das Spiel innerhalb der Rennen voll 3D, aber sowohl die Autos als auch viele Hintergrundobjekte bestehen aus sich zur Kamera drehenden 2D-Sprites in besagter Pixel-Optik. Dazu wird bei den Fahrzeugen eine optische Rotation mit wechselnden Sprites simuliert, wie man das aus alten Rennspielen wie Super Mario Kart so kennt. Persönlich bin ich davon kein großer Fan, aber doch ich muss zugute heißen, dass sie hiermit nicht das Gameplay künstlich eingeschränkt haben.
Ansonsten ist das Spiel äußerst bunt und teils niedlich, da die Fahrzeuge ein „Chibi-Format“ haben. Passend dazu hört man schön treibende (ich würde sagen) funky Soundtracks, sowie verspielte Soundeffekte. Manche Hintergrundmusik gefiel mir dabei wirklich gut und ich hatte nie das Gefühl, es würde nicht zum Spiel passen.
Neben dem Artstyle an sich, bedient sich das Spiel rein an einem klassischen Rennsport Thema, rund um Rally. Sprich Rennfahrer, Fahrzeuge und die Aufmachung in der Kampagne drehen sich eben um diese Thematik. Die Settings der Strecken zwängen sich dabei zum Glück nicht in ein Korsett und so darf man dennoch in schön unterschiedlichen Gebieten fahren, ohne Beachtung von Realismus.
Etwas verwundert war ich vom Charakterdesign. Hiervon sehen wir in der Regel nur Sprites in der Charakterauswahl, sowie in Story Abschnitten der Kampagne. Diese habe eine schöne Variation und es gibt 12 Charaktere zur Auswahl. Auffällig dabei sind die etwas aufreizend gestalteten weiblichen Charaktere. Mir gefällt das, doch überrascht mich so etwas heutzutage schon ein wenig. Im Rennen selbst sehen wir von den Charakteren aber nur ihr Gesicht im Ecken, doch dafür lassen sich Farben von Karosserie und Felgen ändern.
Drift-Boost im Fokus – Victory Heat Rally scheint ein Fun Racer zu sein
Ich bin mir ja mit meiner eigenen Definition von Fun Racern noch immer etwas unschlüssig. Das will ich hier aber nicht zum Thema machen, daher sei einfach gesagt: Hätte Victory Heat Rally PickUp-Items, wäre es im Gameplay ein „MarioKart-like“.
Dabei ist das Gameplay des Spiels wirklich schnell erklärt. Es gibt je einen Knopf für Gas, Bremse, Drift, Zurückschauen und man lenkt wie gewohnt mit Knüppel oder Tasten. Das war es auch schon und dabei benötigt man die Bremse so ziemlich überhaupt nicht.
Absoluter Fokus des Spiels ist die Driftfunktion, welche sich an moderne Mario Kart anlehnt, mit seinen drei Boost-Stufen, die mit Funken in verschiedenen Farben dargestellt werden. Ähnlich zu älteren Mario Kart baut sich hier der Drift nur beim Lenken in die Kurve auf, jedoch nicht beim Gegenlenken. Dazu kann man, wenn man schnell ist, die Richtung des Drifts ändern, ohne den Boost-Aufbau zu unterbrechen. Eine Funktion, die ich primär aus den modernen Sonic Racern kenne.
Der Drift-Boost fühlt sich richtig gut an, obwohl es theoretisch nicht viel anders macht, als viele andere Spiele dieser Art. Dies hat auch einen gewissen Grund …
Zweckmäßig tolle, aber schlauchige Strecken
… besonders bei der Sache ist nämlich, dass der Boost sich sehr schnell aufbaut. In vielen Kurven schafft man alle drei Boost-Stufen ohne Probleme, was übrigens schön im linken unteren Ecken visualisiert wird. Dabei sind die Strecken komplett um dieses Drift-Boost-System herum aufgebaut. Sehr schlauchig (Bahnbreite ist sehr konstant), doch mit vielen Kurven. Dies funktioniert sehr gut, aber es bleibt natürlich eine gewisse Monotonie wegen der Schlauchigkeit bestehen.
Es gibt 45 Strecken verteilt auf zwei Arten von Rennmodi bzw. Streckentypen: Standard und Rally. Standard ist Standard, also Rundenrennen. Rally sind Sprintstrecken, sprich von A nach B, aber mit dem Umstand, dass die Gegner bei Beginn bereits weiter vorne sind, was zu einem „Aufholrennen“ resultiert. In Standard Rennen ist dies auch ein klein wenig stärker, als in anderen Rennspielen, aber immer noch eher normal verglichen zu den Rally Rennen. Bei Rally werden einem außerdem die Kurven vorgewarnt, wie im echten Rally.
Im späteren Verlauf bieten Strecken übrigens etwas schwierigere Elemente, in Form von randlosen Abschnitten und Sprüngen. Da man aber sehr zügig respawnt, sind Kurven mit Wänden eigentlich sogar kritischer, da diese einen eventuell mehr ausbremsen.
Spitzen in der Schwierigkeit und Balancing
Stichwort Schwierigkeit: Zwei Dinge fielen mir negativ auf, beim Durchspielen der Kampagne.
In der Kamapagne habe ich mir keine Gedanken drum gemacht, welchen Charakter ich genau nehme, bzw. einfach nach Optik gewählt. Bis ich dann auf ein Rennen stieß, dass für mich gefühlt unmachbar war. Es handelte sich hier um ein Boss-Rennen gegen einen Charakter namens Hawk. Ich konnte ihn einfach nicht überholen. Dann nahm ich einen anderen Charakter mit höheren Geschwindigkeits-Statistiken und auf einmal war es fast schon leicht (nicht wirklich leicht, aber eben beim ersten Versuch geschafft).
Also hiermit sind schon beide Dinge beschrieben: Warum haben manche Rennen so eine hart hohe Schwierigkeitsspitze? Und warum sind die Charaktere so schlecht ausbalanciert? Ich erwarte kein perfekt ausbalanciertes Rennspiel, aber es wäre zumindest nett, wenn ich dies erst merke, wenn ich im richtigen Late-Game angelangt bin. Also versuche alles auf 100% zu bekommen oder Ähnliches.
Bei einem kurzen Test mit einem Kumpel fiel mir dazu noch auf, dass Victory Heat Rally eher kein Spiel für „Fahranfänger“ zu sein scheint. Mein Kumpel hatte in den meisten Rennen Schwierigkeiten überhaupt vom 12. Platz runter zu kommen. Nicht schlimm, wohl bemerkt! Ich erwarte keine gute Zugänglichkeit, wollte es aber mal erwähnt haben.
Übrigens ist das Spiel ziemlich schnell, was auch ein Teilgrund für den Schwierigkeitsgrad ist.
Victory Heat Rally bietet guten Umfang zum erschwinglichen Preis
Mein Highlight des Spiels ist der sogenannte Championship (Meisterschaft), welchen ich bisher als Kampagne betitelt hatte. Dies ist einfach ein Einzelspielermodus, in dem man in drei Gebieten je drei Touren zur Auswahl hat. Diese werden mit kleiner Rennsport Story von „Sally McRally“ begleitet.
Innerhalb einer Tour spielt man linear ein paar Rennen, bis zu einem Cup am Ende. Dazu gibt es ein paar zusätzliche Bonus-Rennen mit verschiedenen Aufgaben, wie z.B. Punkten durch Driften, Check-Point-Tore abfahren, Autos überholen usw.. Nach den Cups kann man außerdem je ein Boss-Rennen gegen den Rivalen fahren, um diesen freizuspielen, wobei man aber erst genug Punkte sammeln muss, um dieses betreten zu dürfen (Punkte bekommt man durch Bronze, Silber, Gold in Rennen).
Neben dem Championship gibt es noch den Arcade-GP, welcher simpel feste Cups für Einzelspieler darstellt. Soweit ich bisher gesehen habe, ließ sich dabei aber nichts freischalten. Außerdem missfällt mir hierbei die Idee, dass man unter Platz 3 die Rennen wiederholen muss, vergleichbar mit Fun Racern aus den frühen 90ern.
Natürlich gibt es noch die typischen, aber immer gern gesehenen Zeitrennen und Splitscreen-Rennen (Versus). Versus (was man übrigens mit 1-4 Spieler spielen kann) hat mich in den Einstellungen überrascht: Cups (Grand Prix genannt) lassen sich mit 2 bis 16 Rennen einstellen, sowie lassen sich die Rundenzahlen (bei Standard Strecken) ebenso einstellen. Nur finde ich etwas unschön, dass man Strecken nicht zuvor am Stück auswählt, sondern immer nach jedem gefahrenen Rennen dann erst das nächste.
Kleine technische Probleme
Zum Schluss möchte ich zwei technische Probleme anmerken, die man leicht umgehen kann, doch zu Ärger führen können.
Fortschritt im Championship: Mir ist zweimal passiert, dass der Fortschritt nicht gespeichert wurde im Championship, wodurch ich je einen Cup wiederholen musste. Vermuteter Grund: Es speichert nicht beim Beenden und rausgehen aus dem letzten Cup einer Tour. Daher, startet oder beendet sogar noch ein weiteres Rennen, dann seid ihr sicher.
Fehler im Splitscreen: Beim kurzen Probieren des Splitscreen hatten wir den Fehler, dass Controller 2 beide Spieler gesteuert hat, nachdem wir kurz in den Einstellungen zur Steuerung waren (ohne etwas zu ändern). Falls dies häufiger passiert, würde ich einfach fürs Erste empfehlen innerhalb des Modus nicht auf die Steuerungs-Einstellungen drauf zu gehen.
Im Übrigen möchte ich noch erwähnen, dass die Übersetzung auf Deutsch optisch etwas unglücklich gestaltet ist. Die Übersetzungen an sich sind korrekt, doch bei stilisiertem Text (z.B. LAP im Rennen) wird die Übersetzung einfach nur drunter oder drüber geschrieben, was eher unschön aussieht. Daher, wenn es egal ist, stellt es einfach auf English.
Fazit – Victory Heat Rally ist ein sehr guter, aber schlichter Fun Racer
Es war wirklich ein wenig überraschend, denn das Spiel gefällt mir doch besser als vermutet. Zwar reizt mich der Retro-Pixel-Style weiterhin nicht und die Strecken sind mir wirklich zu schlicht und schlauchig, als dass sie mir im Gedächtnis bleiben könnten. Doch dem steht der wirklich ordentliche Umfang, die gute Einzelspieler-Kampagne und das sich gut anfühlende Gameplay entgegen.
Demnach ist da wirklich noch Luft nach ob, besonders auch wegen der Probleme mit der Schwierigkeit & Balancing, sowie den kleinen technischen Problemen, aber es ist trotz dessen ein wirklich gelungenes Rennspiel.
Mag ich
– Cartoony, bunt, sexy
– Driftsystem fühlt sich gut an
– Schnell
– Championship (Einzelspieler Kampagne)
– 45 Strecken …
– Tolle Musik
– Gute Optionen für Splitscreen
Mag ich nicht
– Retro-Pixel-Optik und Rennsport-Thema sind nicht so meins
– Hohe Schwierigkeitsspitzen
– Fahrer nicht gut ausbalanciert
– … Strecken leider schlauchig und dadurch monoton
– Ein paar technische Problemchen
Vielen Dank an Playtonic Friends für die Bereitstellung des Testmusters. Gespielt auf PC/Steam.