Skaramazuzu (Review)

Artwork und Logo zu Skaramazuzu

Es gibt Videospiele, die mich von der ersten bis zur letzten Sekunde in ihren Bann ziehen. Andere köcheln zuerst auf Sparflamme, um dann ihre Betriebstemperatur auf Anschlag zu drehen. Und wieder andere lassen immer wieder aufblitzen, dass dort etwas ganz Besonderes unter der Oberfläche versteckt ist, ohne dieses Besondere ausbrechen zu lassen. Einen solchen Fall habe ich die letzten Tage mit Skaramazuzu erlebt, mich an den Qualitäten erfreut und mich über verschiedene Eigenheiten geärgert, die das Spiel maßgeblich beeinflussen.

Mit Skaramazuzu auf der Suche nach sich selbst

Wir schlüpfen in die Rolle einer kleinen, namenlosen Seele im Nichts. Doch leider sind wir – fast schon Videospiel-typisch – ohne jede Erinnerung daran, woher wir kommen oder wo und wer wir sind. Wir existieren einfach, stellen uns Fragen und fürchten uns vor der großen endlosen Leere. Bis dann plötzlich ein geheimnisvolles Wesen auftaucht und sich als Master vorstellt. Er bietet uns an, dass er uns eine Gestalt gibt, um vier mysteriöse Orbs zu finden. Ihre Magie könnte es nämlich schaffen, dass wir unsere Erinnerungen zurückerlangen. 

Screenshot aus Skaramazuzu

Selbstverständlich stimmen wir zu, übernehmen den Namen Skaramazuzu vom Master und machen uns auf den Weg in die Zwischenwelt zwischen Leben und Tod. Dort sind noch weitere Seelen gestrandet und harren der ewigen Existenz aus. Doch jede einzelne hat ihre eigene Geschichte, ihre eigenen Wesenszüge, die in der Unendlichkeit der Zwischenwelt noch stärker zum Tragen kommen. Da ist zum Beispiel Dragon, der Hund, der davon träumt, ein großer Drache in seinem früheren Leben gewesen zu sein. Liebreizendes Hündchen! Oder die Freunde Nobody und Bug, einer grummelig und pampig, der andere sehnsüchtig nach der Anerkennung des anderen. Und das Ehepaar Mister und Misses bei denen…nunja…Ebbe herrscht?

Ich will nicht noch näher auf die Figuren und die Story selber eingehen. Gerade die Charaktere, allen voran Skaramazuzu selbst, sind wundervoll geschrieben und geben den gerade einmal sechs Spielstunden viele lustige, aber auch tragische Momente. Leider fehlt es Skaramazuzu an einem gelungenen Pacing. Die Story tröpfelt zu Beginn sehr stark vor sich hin, ohne dass wir viele gute Eindrücke von uns selbst oder den anderen Figuren erhalten. Und zum Finale werden all die aufgeworfenen Fragen, gerade all die philosophischen Themen, in keinster Weise wieder aufgegriffen. Stattdessen kommt nur der Plot zu einem eher nüchternen Ende. Nach einem inhaltlich so starken Mittelteil hat mich das doch leider sehr enttäuscht.

Laber laber, hin und her

Denn auch durch andere Aspekte wird Skaramazuzu gedämpft. So gut die Charaktere und ihre kleinen Nebengeschichten geschrieben sind, umso dröger wirken die Dialoge. Viele Elemente der Quests werden endlos in die Länge gezogen und stetig wiederholt, damit auch der Letzte weiß, was aktuell zu tun ist. Gibt ja nur ein sehr sympathisch gezeichnetes Questlog in den Optionen, welches uns auf dem Laufenden hält. Wenn wenigstens die Vertonung einigermaßen gelungen wäre, aber manche Figuren wirken so schon sehr seltsam gelabert. Wenigstens das schelmische Lachen von Skaramazuzu selbst hat mir außergewöhnlich gut gefallen, alle anderen Vertonungen fand ich persönlich nicht so gelungen, stellenweise so, wie man sich die Lautmalerei von Laberei vorstellen würde.Sehr seltsam.

Die steten Wiederholungen der gleichen Questinhalte wären eventuell nicht so schlimm, wenn nicht das gesamte Questdesign aus denselben Aktionen besteht. Bis auf ganz wenige Item-Interaktionen bestehen alle Aufgaben für die anderen Seelen daraus, von einer Stelle zur anderen hin und her zu rennen. Vor allem bei Creature sehr auffällig in die Länge gestreckt mit seinem Passierschein A38-Verschnitt. Als einzelner Gag hätte mir das sehr gefallen, aber das gesamte Spiel zielt auf diese Struktur ab und streckt sich so endlos und ohne spielerische Abwechslung wie ein zäher Kaugummi.

So einen Drachen hätte ich auch gerne!

Lobend sei hingegen erwähnt, dass die letzten Schritt hin zu den magischen Orbs eine eingangs willkommene Abwechslung darstellen. Dies sind nämlich Codes, deren Hinweise sich in allen Arealen der wunderschön handgezeichneten Welt befinden. Zu Beginn kam dadurch ein wenig das alte Rätsel-Feeling von Adventures auf, als ich mir alle Hinweise auf einem Block markiert habe. Leider wiederholt sich dieses Schema jedes Mal wieder, anstatt den Code komplexer zu gestalten.

Ein kleines Opfer seines Anspruchs

Dies ist allerdings allzu oft der Fall, wenn der künstlerische Anspruch eines Spiels im Vordergrund steht. Philosophische Themen werden aufgeworfen, der Artstyle hat mich an vielen Stellen sehr begeistert und die Charaktere sind sehr erinnerungswürdig.

Versteht mich daher bitte nicht falsch: Skaramazuzu ist ein sehr sympathisches und auch kompetentes Spiel – ob im Spieldesign oder in seiner Narrative. Die sechs Spielstunden waren auch weitestgehend unterhaltsam, doch das unausgegorene Pacing zieht alle guten Elemente mit sich runter. Kann ich seine langsame Ader zu Beginn noch auf ein bewusstes Stilmittel zurückführen, um den ersten “Schrecken” des Plotes stärker wirken zu lassen, gilt diese Ausrede später durch das sehr zähe und wiederholende Questdesign nicht mehr. Ich mag Skaramazuzu, aber ich habe auch ein Faible für diese Art künstlerischer Titel. Andere, die aus einem 2D-Adventure mehr herausholen möchten, werden eventuell ernüchtert zurückgelassen, weil die Qualitäten nur aufblitzen. Aber nie hängen bleiben.

Freundlich und hilfsbereit zu all meinen Mit-Schatten auf Steam Deck gewesen. Ein herzlicher Dank geht an Bleeding Moon Studios und Iphi Games für die Bereitstellung eines Mustercodes.